Wohin des Wegs ? – das Mondgrasprojekt – 1 – Jänner 16

Wohin des Wegs ?

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Ich versuche beim Gehen eine Balance zu halten zwischen zwei Überzeugungen: dass der Weg beim Gehen entsteht und dass alles irgendwie zusammenhängt.

Es gibt in dem alten Film „Lawrence von Arabien“ eine Szene, die mich sehr beeindruckt hat. Lawrence ist mit einer Gruppe von Leuten unterwegs durch die Wüste, wenn ich mich recht erinnere in der Absicht Aquaba auf dem Landweg zu erreichen. Der Weg ist aufgrund der Entfernung, der Hitze und des Wassermangels kaum zu bewältigen. Einer seiner Diener, ein Jugendlicher, den er aus der Gosse geholt hat, ist unterwegs zurückgeblieben und alle gehen davon aus, dass er nicht mehr zu retten, wahrscheinlich schon tot ist. Um Lawrence zu trösten, sagen die anderen, dass das eben das Schicksal sei, das alles, was jemandem widerfährt geschrieben steht. Und dann kommt die Szene, die mich so beeindruckt hat, dass ich sie mir gemerkt habe: Lawrence dreht um, reitet zurück in die Wüste um den Burschen zu suchen und ruft den anderen zu: „Nichts steht geschrieben“.

So sehe ich das auch. Jeder Mensch schreibt an seinem Schicksal mit und kann sich immer entscheiden, in die eine oder andere Richtung zu gehen, schnell oder langsam, den Blick auf den Boden oder zum Himmel gerichtet; Man kann unterwegs vieles bemerken oder übersehen, manches mitnehmen oder zurücklassen.

Wohin des Wegs ? Keine Ahnung, aber der Weg wird meiner sein.

macro pour Sylvain

MACRO

Une petite araignée qu´on a trouvé sur le toit de la voiture et qui nous a accompagné un peu

Wir haben sie auf dem Autodach gefunden und sie hat uns ein Stück begleitet

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„Hätten Sie gerne …..

ein Sackerl ? “ sagt der nette junge Buchhändler und entlockt damit seinen Kunden immer ein Lächeln. Einerseits für das löbliche Bemühen als Norddeutscher hunderte Male pro Tag das schwierige Wort zu probieren und andererseits  für den Mißerfolg es nach Jahren der allerfleißigsten Übung immer noch nicht richtig aussprechen zu können. Er ist arm dran. „Tüte“ kann er unmöglich sagen, das würden die Kunden übelnehmen, „Tragtasche“ klingt in einer Buchhandlung auch sehr eigenartig. Gar keine Erwähnung, dass das Geschäft auf Wunsch ein Transportmittel zur Verfügung stellt, geht irgendwie auch nicht. Also „Sackerl“, nicht „Sack-e-r-l“ sondern Sackerl ……

„Sackerl“ ist eindeutig ein Schlüsselwort für linguistische Integration in Wien.

Ufff, vorbei …

… sind die Feiertage.

Anstrengend war´s, streckenweise schön, erholsam. Aber von ruhig und besinnlich konnte ich nicht viel bemerken.

Für den Sylvesterpfad haben wir´s zu kalt gefunden. Die Temperaturen sind ganz plötzlich vom Frühlingshaften  in den Winter gerutscht.

image_galleryEs sollen 600.000 Privatpersonen und 500 Polizisten dort gewesen sein. Und es wurde überall positiv vermerkt, dass das Böllerverbot eingehalten wurde und man sich somit diesbezüglich ungefährdet in der Innenstadt bewegen konnte. Ist schon schön so ein Feuerwerk über dem Rathaus oder am Stephansplatz.

Am Vormittag wurde in der Wiener Innenstadt wie immer das Walzertanzen im Freien in voller Wintermontur geprobt.0210

Wenn man aber in einem etwas höher gelegenen Teil der Stadt im letzten Stock wohnt und eine Terrasse in mehrere Himmelsrichtungen hat, muss man nicht stundenlang im Kalten herumlaufen sondern kann die halbe Stunde Feuerwerk über der Stadt genießen ohne gröbere Erfrierungserscheinungen. Wie meistens bin ich mit meiner Wohnsituation sehr zufrieden.

Das Haus schräg gegenüber hat eine Gemeinschaftsdachterrasse, dort standen gut dreißig Leute, hatten ebenfalls einen sehr guten Blick und erfreuten uns auch mit ein paar Feuerwerkskörpern. Die Vögel vom Haus gegenüber hatten sich offenbar in weiser Voraussicht irgendwohin zurückgezogen, ich habe keinen einzigen panisch herumfliegen sehen, wie das ansonsten in Sylvesternächten immer wieder zu sehen war.

Und dann hat es doch tatsächlich in dieser Nacht zum ersten Mal geschneit, nicht viel, aber doch. Und den Donauwalzer vom Neujahrskonzert höre ich auch alle Jahre wieder gern.

Nun ist wieder Alltag eingekehrt und was mache ich ? Richtig ! Prüfungsarbeiten benoten um Mitternacht. Ich hatte schon fast Entzugserscheinungen…

Überall Polizei …

Es ist mir schon unlängst aufgefallen. Wir waren im Theater und sind dann noch – zu nicht wirklich später Stunde – durch die Innenstadt gebummelt. Es war sehr belebt, viele Menschen auf den Straßen, Lokale waren geöffnet, sogar einige Geschäfte und – man glaubt es kaum – auch drei Eissaloons. Die Weihnachtsbeleuchtung hat mir auch sehr gut gefallen, besonders die roten Riesenkugeln in der Rotenturmstraße. Also alles war stimmungsvoll und friedlich. Und mittendrin eine Gruppe bewaffneter Polizisten. Gut, sie sind gemütlich geschlendert und hatten die Maschinengewehre nicht im Anschlag. Aber sie hatten Maschinengewehre. Und das ist in Wien schon ein höchst ungewöhnlicher Anblick.

Heute war ich in Linz, der netten, verschlafenen Hauptstadt von Oberösterreich und bin auch dort, auf dem Rückweg zum Bahnhof, durch die Hauptstraße spaziert. Und es hat mich schon sehr überrascht: auch dort patrouillierte die Polizei, zu fünft.

Gestrandet in Tribuswinkel, im Nebel

Tja, also F. und ich wollten einen Ausflug machen. Hauptsächlich F, ich gehöre eher zur Familie der Stubenhocker, aber nachdem ich weiß, dass mir nach anfänglichen Widerständen Ausflüge immer gut gefallen, war ich einverstanden. Allerdings hatten wir sehr verschiedene Vorstellungen von einem gelungenen Ambiente. Ich wollte gerne Wasser, Nebel und die melancholische, träumerische Stimmung auskosten. F wollte Sonne, klare Sicht und möglichst keine Melancholie. Nicht wirklich einfach, diese beiden Vorstellungen auf einen Nenner zu bringen. …. Wir einigten uns darauf, dass ich im nebligen Tribuswinkel ausgesetzt und in ein paar Stunden wieder abgeholt würde, während er ein Stück weiter Richtung Sonne fahren würde.

Tribuswinkel ist ein winziger Ort, der genauso aussieht wie andere winzige Orte, aber den Vorzug hat, dass der Wiener Neustädter Kanal dort vorbeifließt. Dieser Kanal ist das Überbleibsel eines ehrgeizigen Projektes vom Beginn des 19.Jahrhunderts. Er wurde 1803 in Betrieb genommen und diente dem Transport von Holz, Kohle und Ziegeln nach Wien. Durch den Bau mehrerer Staustufen wurde der Kanal auch zum Energielieferanten für den Betrieb von Mühlen und Sägewerken und wurde auch  zum Schneiden von Eisblöcken für die Kühlung von Lebensmitteln genutzt.

Heute ist der Kanal ein beliebtes Erholungsgebiet und sehr geeignet für Nebelspaziergangsliebhaberinnen.

IMG_6369Genauso hatte ich plötzlich den Kontrast zwischen scharfen, eindeutigen Konturen und nebelverwaschenen Schemen vor Augen. Ein Grenzbalken zwischen der alltäglichen Welt und den Zauberbereichen ….  IMG_6373Nebel über Wasser finde ich besonders ästhetisch

IMG_6382Was habe ich mich nicht bemüht, diesen Turm gerade zu bekommen ! Er hat sich aber sowohl beim Fotografieren als auch auf dem Bildschirm der Geometrie völlig verweigert. Es muss wohl am Aufnahmewinkel liegen. Die weitaus attraktivere Theorie ist aber, dass es eben ein Turm aus dem nebligen Feenreich ist, der sich dem spießig-menschlichen Anspruch auf Geradheit elegant widersetzt.IMG_6386

Fast, fast, fast ……..

Schäfchenwolken am Himmel

Laue Temperaturen

Die Sonne lächelt

Es ist Dezember

Und beinahe habe ich es geschafft. Heute Abend noch eine Prüfung , morgen noch ein bissl Video-Schauen, Liedchen trällern, Weihnachtsbäckerei aller Art äh …  verinnerlichen und dann habe ich frei und kann weihnachten oder auch nicht, ganz nach Stimmung und Belieben. Ach ist das schön …

Weniger schön finde ich es, wenn jemand, der in allen Tonlagen gegen alles außer den Islam wettert, insbesondere die „Lügenpresse“ und die Bespitzelung der einzelnen Bürger, auf seinem Blog ein Bespitzelungs-tool installiert hat, das die IP-Adresse der Blog-Besucher anzeigt. Das ist Konsequenz in der Haltung !

Wegen Abnützung zusammengebrochene rote Schreibinstrumente

Bekanntlich sind ja die Lehrer jene Berufsgruppe, die am wenigsten arbeitet, immer nur Urlaub hat und dabei noch viel zuviel verdient.

Tja, wenn ich denke, dass ich seit Tagen abgesehen vom Unterricht Stunden um Stunden mit dem Erstellen und Benoten von Prüfungen beschäftigt bin und auch noch bis Mittwoch 13h arbeite, von den Ferientagen, die für weitere Prüfungserstellung und -Korrektur vorgesehen sind ganz zu schweigen ….

Für kleine Pausen dazwischen läuft WordPress und da lese ich wer nicht aller schon in Urlaub ist, die „stille Zeit“ genießt, soundsoviele Kerzen anzündet, Weihnachtsbäckerei produziert etc. Stille Zeit findet bei mir erst nach Weihnachten statt, wenn überhaupt. Dezember ist mein absolut stressigster Monat, in jeder Hinsicht.

Herzlichen Dank …..

… an beide Kommentatoren meines Nebelbilds. 16:9 ist, vermute ich, ein Querformat ? Alles Gesagte leuchtet mir ein, die Ausrichtung eines Bildes an bestimmten Linien, die Fragestellung, was eigentlich dargestellt werden soll…

Ich merke bei diesen Fragestellungen, wie absolut un-rational ich an das Fotografieren herangehe, obwohl ich ansonsten ein durchaus rational-denkender Mensch bin. Ich überlege mir beim fotografieren eigentlich gar nichts. Ich beginne gerade erst, mich mit Belichtung zu beschäftigen.

Das Fotografieren ist für mich eine Erholung vom Rationalen, Geplanten, eine-bestimmte-Wirkung- haben-sollenden. Das Motiv springt mich an. Wenn mich nichts anspringt, versuche ich erst gar nicht irgendetwas zu fotografieren, weil ich schon weiß, dass da nix draus wird. Oder zumindest nichts, was mir irgendetwas sagt.

Das Erlernen von Fototechnik im weitesten Sinn interessiert mich sehr. Ich denke, dass ich da – gewissermaßen im Vorfeld bzw bei der Manöverkritik nachher – sehr viel profitiere und ich finde auch die Analyse vorhandener Fotos sehr spannend. Mein Plan dabei ist es, diese Dinge so zu verinnerlichen, dass ich im Moment des Abdrückens nicht darüber nachdenken muss. Ich sehe mich überhaupt nicht dabei, vor einem Motiv zu stehen und darüber nachzudenken, wie ich´s angehen soll. Das würde mich richtig verdrießen. Ich möchte mit dem Motiv „Kontakt aufnehmen“  und abdrücken und dabei sollte im Idealfall eine genaue Abbildung dessen entstehen , was ich gesehen habe. Ich weiß, ein ganz bescheidener Anspruch *grins*

Große Pläne eben ….. Eigentlich bin ich aber so im Großen und Ganzen mit vielen meiner Fotos ganz zufrieden. Ich sehe nur, dass sich die Darstellung mit einigen technischen Kenntnissen beträchtlich verbessern ließe und beschäftige mich daher in letzter Zeit damit.

Also, bitte, bitte weiter kommentieren  ❤ ❤

Fanatismus

Immer öfter sehe ich, dass Fanatismus nicht unbedingt mit den fanatisch vertretenen Ansichten, Ideologien, Religionen zu tun hat sondern mit der Denkweise und der Persönlichkeitsstruktur der Fanatiker. Wohl gibt es Ideologien und Religionen, die sich mehr dazu eignen fanatisch vertreten zu werden, aber offenbar gibt es keine Einstellungen, die niemals irgendjemanden fanatisiert hätten.

Im Grunde ist Fanatismus nichts anderes als das verzweifelte Bestreben sich selbst und anderen zu beweisen, dass die Welt so ist, wie man sie sehen möchte. Je verzweifelter der Versuch, je versteinerter die Denkweise umso intensiver wird die Aggression gegen „die anderen“. Es kann keine Verständigung und keinen Weg geben, wenn eine oder beide Seiten eines Konflikts von der absoluten Wahrheit ihrer eigenen Positionen überzeugt sind. Das fanatische Festhalten woran auch immer soll Sicherheit bieten, soll das Treffen von Entscheidungen und das Übernehmen von Verantwortung  überflüssig machen.

Es gibt aber keine Sicherheit im Leben. Immer wieder muss man Vertrautes hinter sich lassen und Schritte ins Leere wagen. Wer glaubt, sich durch zementierte Glaubenssätze und eine Unmenge von Regeln absichern zu können, wird sich nur in den vielen vermeintlichen Sicherheitsnetzen verheddern.

Verbindungen und Gemeinsamkeiten

61 Nationalitäten bzw Ursprungsländer, 56 Sprachen, 22 Religionen gibt es an meiner Schule. Allerhand. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass es überhaupt so viele Religionen gibt …

Im großen und ganzen funktioniert dieses sensible Gebilde ziemlich gut. Eigentlich haben wir – mit wenigen Ausrutschern – ein sehr angenehmes Klima. Manchmal prügeln sich die Tschetschenen mit den Russen oder die Serben mit den Albanern, aber nicht oft und nicht am Schulgelände. Gelegentlich fliegen ein paar Beleidigungen der jeweils anderen herum, aber das ist selten und nicht nachhaltig.

Wahr ist aber auch, dass diese vielen Gruppen in der kleinen Gemeinschaft ebenso wie in der großen nicht wirklich miteinander leben sondern nebeneinander, in durchaus getrennten und teilweise streng bewachten Universen. Es gibt Überschneidungen und „Schengen-Bereiche“, aber auch Niemandsland, verminte Gebiete und verbrannte Erde

Was wohl das Gemeinsame aller Beteiligten ist ? Einfach das Menschsein, die conditio humana ? Muss wohl so sein …

Beängstigend

Meine türkischstämmigen Abendschülerinnen verschaffen mir immer wieder Einblicke in diese Parallelgesellschaft.

Bei Hochzeiten gibt es den Brauch des Jungfrauengürtels, der symbolisiert, dass die Braut „rein“ ist. Die Mädel sind ganz besessen von der Jungfräulichkeit. Bei den (jungen) Männern wird aber – so sagten sie – toleriert, dass sie voreheliche sexuelle Erfahrungen haben. Mit wem haben sie die aber, wohl nicht mit den jungfräulichen Bräuten sondern mit dafür benutzten nicht-islamischen Mädchen, die dann verachtet werden ….

Eins von den Mädeln erzählt, ihre Großmutter hätte mit 14 das erste von 11 Kindern bekommen. „Sie musste zweimal heiraten“ (O-Ton), weil sie mit dem ersten Mann, der wesentlich älter war zwangsverheiratet wurde. Er starb und sie hatte sechs Kinder und kein Auskommen. Ob man denn unbedingt heiraten müsse, frage ich. Ja, natürlich, nicht heiraten geht gar nicht. Andererseits verbringen diese jungen Frauen ihre Freizeit in einer Abendschule. Leider in fast allen Fällen ohne jeden Erfolg. Wobei die Erfolgsrate der Frauen immer noch besser ist als jene der Männer.

Man muss berücksichtigen, dass alle diese Mädchen aus materiell armen, ungebildeten, in ländlichen Gebieten lebenden Familien kommen, deren Leben sicher anders aussieht als jenes der türkischen Mittelschicht zB in Istanbul. Trotzdem … Man muss sich nur die Statistiken ansehen: die Integration der türkischen „Gastarbeiter“ und deren Kindern ist abgesehen von einigen Ausnahmen insgesamt ein absoluter Mißerfolg.