Schlagwort: Impulswerkstatt

Der Kirschbaum als Kontrast – Impulswerkstatt

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Hinter dem blühenden alten Kirschbaum ragen neblige Schemen auf. Der am schärfsten umrissene Schatten, der mit den scharfen Spitzen und Fratzen, der sich immer wieder hoch über den Kirschbaum erhebt, steht für eine Entzündung in der Wirbelsäule, dort wo im Nervenkanal am wenigsten Platz ist, dort wo die Beinnerven durchziehen. Die Nerven, die gewürgt und fast erdrosselt werden, wenn die Bandscheiben und die Nervenwurzeln sie bedrängen und am Atmen hindern.

Besonders bedrohlich ist gerade dieser Schatten deswegen, weil er sich schon mehrmals verfestigt hat, vom Schemen zur unverrückbaren Steinmauer, die den Weg verstellt, die sich nicht umgehen und nicht überklettern lässt. Langsam und mühsam wieder abgetragen liegen die Steine neben dem Weg, doch die sprungbereiten Schemen aus dem Hintergrund können sie jederzeit wieder aufsammeln und neu auftürmen und jedes Mal wird es schwieriger, sie beiseite zu räumen

Es kann auch sein, dass sich die Nebel zusammenballen, vermengen, vermischen und eine ganz eindeutige Struktur hervorbringen: ein Damoklesschwert, ein hart geschmiedetes, scharfes Schwert, das leicht durch Fleisch schneidet, wie durch Wasser, dessen Aufhängung aber nicht verlässlich ist. Wenn die Wirbelsäule gerade angeschlagen ist, kann man nur schwer beiseite springen. Vom ständigen Anstarren des dünnen Fadens, an dem das Schwert hängt, werden auch die Blicke schärfer, beginnen an dem unsicheren Faden zu sägen.

Der Kirschbaum dreht dann seine Blüten ein wenig, sodass deren Schönheit noch besser zur Geltung kommt. Er setzt das rosa-weiße Meer den dunkelgrauen Schatten entgegen. Die Struktur der Blüten und Blätter setzt er gegen die diffusen Nebelschleier, die Realität des Lebens gegen die Angst. Dadurch entsteht das Bild, das gerade in Frühling und Herbst zu den schönsten Naturimpressionen gehört: leuchtende Farben vor finsterem Gewitterhintergrund.

Mädchen – Blüten am Atlantik – Impulswerkstatt

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Ein ganz kleiner Text aus dem Foto heraus entstanden

Der zweite Band von Prousts monumentaler Suche nach der verlorenen Zeit heißt „A l’ombre des jeunes filles en fleur“, was mit „Im Schatten junger Mädchenblüte“ sehr gut übersetzt ist.

Auf den ersten Blick haben die einander fotografierenden Mädchen am portugiesischen Atlantik im Jahr 2022 sehr wenig gemeinsam mit den jungen Damen, die Proust in seinem Werk vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts beschreibt. Sie sind anders gekleidet, haben andere Interessen und Beschäftigungen, ein wahrscheinlich viel freieres Leben und ganz andere Möglichkeiten sich zu verwirklichen.

Dennoch strahlt so eine Gruppe junger Mädchen eine ganz eigene Energie aus, durch Zeitalter und Kulturen. Ob sie geflochtene Hochsteckfrisuren tragen oder das Haar im Wind flattern lassen, ob sie in Seide, Samt und Spitzen gekleidet sind oder in T-Shirts, Hosen und Hoodies, ob sie Bilder sticken oder Selfies machen.

Junge Mädchen werden wie alle anderen menschlichen Gruppierungen vom Wasser angezogen. Sie glänzen und strahlen in der Sonne, spiegeln sich in den Wellen, ihre Schatten streicheln die Felsen. Am Austausch miteinander wachsen sie.

Es gibt aber auch Kulturen und Situationen, in denen junge Frauen nicht blühen dürfen, nicht strahlen und nicht leuchten und schon gar nicht eigene Vorstellungen vom Leben verwirklichen. Der Platz, den sie in einer Gesellschaft einnehmen sollten, bleibt leer und unbelebt zum Schaden aller.

Bahnhofsstürme und altes Holz – Impulswerkstatt

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Die absolut trostlose Stimmung auf kleinen Provinzbahnhöfen an späten Winterabenden habe ich in letzter Zeit gut kennengelernt. Die Bahnhöfe selbst ähneln sich untereinander sehr, aber manche sind noch ein Stück deprimierender, weil es halbverfallene, kleine Nebengebäude gibt. Oft sind diese aus Brettern, die hart am Verfaulen sind, Schlösser hängen an Türen, die durch einen Fußtritt sofort zusammenbrechen würden. Nicht mehr verwendbare Holzteile sind aufgestapelt und wurden teilweise auseinander geweht, manche sehen aus wie künstlerische Installationen.

Wie oft man auch auf die Anzeigetafeln schaut, es ändert sich nichts daran, dass der Zug erst in einer Stunde kommt. Es ist kalt und der Aufenthalt am Bahnsteig sehr ungemütlich aber in vielen Fällen immer noch angenehmer als ein Warten im Bahnhofsgebäude. In diesen Warteräumen hatte ich oft den Eindruck in einen russischen Roman aus dem 19. Jahrhundert gefallen zu sein. In eine dieser Szenen, in denen jemand wegen eines dramatischen Unglücks einer unglücklichen Liebe, völliger Verarmung oder Ähnlichem vom angenehmen Leben in Moskau auf sein heruntergekommenes Landgut verbannt wird und nun auf einem Bahnhof im Nirgendwo auf einen Zug in die Hölle wartet.

Ich wartete nicht auf einen Zug in die Hölle sondern nach Wien, aber es tobte ein Sturm, der alles was auf dem Bahnsteig herumlag hin und her trieb. Ich schlich von einer einigermaßen windgeschützten Ecke zur nächsten, es gab davon nicht viele. Das halbverfallene Holzhäuschen, das einmal ein Buffet gewesen war, ächzte gewaltig, ebenso wie die Bäume vor dem Bahnhof. Ich hoffte, dass meine Mütze dem Sturm widerstehen würde und mein Rucksack nicht genügend Angriffsfläche bot um mich umzuwehen.

Nachdem ich mir aber keine weiteren Szenen aus ebenso deprimierenden wie geschätzten neunzehntes Jahrhundert Romanen ausmalen wollte, konzentrierte ich mich darauf, dass es ja schließlich schon beinahe Frühling war, dass der Himmel beim Sonnenuntergang ein unglaubliches Schauspiel geboten hatte bei dem rosa Kringel rund um die Wolken sich durch den Sturm immer wieder schlängelten und veränderten und die Farben alle rosa und lila Nuancen durchliefen. Es war einer der spektakulärsten Sonnenuntergänge, die ich jemals gesehen habe.

Eigentlich war es ein sehr guter Tag, an dem ich alles erledigt hatte, was ich erledigen wollte und phantastische Himmelsschauspiele auch über der Donau erlebt hatte. Es war zwar so stürmisch, dass ich mich gar nicht ganz nahe ans Ufer herangetraut hatte, aber den Himmel sieht man schließlich von überall und auch die Spiegelung der bewegten Wolken im Wasser, die die Donau zu einem Stück Himmel machte.

Nach so schönen Erlebnissen ist der doch zeitlich sehr begrenzte Aufenthalt auf so einem desolaten Bahnhof wirklich nicht schlimm. Die Atmosphäre änderte sich und ich konnte neben der Wildheit des Sturms auch seine belebende Seite erkennen.

Und der Zug kam ganz pünktlich und ich bestieg ihn samt Mütze und Rucksack.

Einladung zur Impulswerkstatt März – April 2023

Liebes Impulswerkstattteam,

Aufs geht´s in die erste Frühlingsrunde!

Mir ist aufgefallen, dass einige von euch ihre Beiträge nicht verlinkt haben, was – wie ich vermute – daran liegen wird, dass die Schreibeinladung gegen Ende des Durchgangs schon weit weg ist auf dem Blog und es daher recht mühsam ist, sie zu suchen. Nachdem ich selbst regelmäßig Beiträge poste, werde ich als Lösungsbeitrag in meinen eigenen Beiträgen immer den link zur Einladung hineinkopieren und hoffe, dass die Verlinkung dadurch weniger mühsam wird.

Ich hoffe auch, dass der beginnende Frühling nicht nur zu Spaziergängen, Wanderungen, Gartenarbeit und sonstigen Tätigkeiten im Freien inspiriert sondern auch zur Umsetzung von kreativen Ideen.

Weiter unten stehen wie immer vier Fotos, die als Impuls dienen sollen für Texte jeder Art, Bilder, Fotos, Töpferstücke, Zeichnungen, Betrachtungen, Musik, Installationen, Kochrezepte, Bastelanleitungen, Sachtexte usw usf. als Resonanz, als Reaktion auf die Fotos.

Meine Idealvorstellung von diesem Projekt ist die Entstehung einer Art Puzzle aus verschiedensten Teilen. Die Teilnahme ist für alle offen und natürlich können alle beliebig viele Beiträge beisteuern.

Zusätzlich zu den Fotos gibt es die „Rahmen“, die ich in „Mosaikstücke“ umbenannt habe, weil das einfach besser passt. Es sind kleine Satzteile, die zu Beginn, am Ende oder mitten in einem Text verwendet werden können. Ihr könnt einen von ihnen allein benützen, beide zusammen, einen oder beide mit einem Foto kombinieren oder auch nicht. Alles ist erlaubt, es sollen ja nur Anregungen sein.




Wer nicht weiß, worum es hier geht, kann klicken:
Hier die Beschreibung des Projekts KLICK

KLICK Hier könnt ihr nachlesen, wie dieses Projekt entstanden ist  

KLICK Das Archiv des Projekts in dem alle Beiträge gesammelt sind und alles noch einmal nachgelesen werden kann, befindet sich auch hier (wird demnächst aktualisiert)

Und los geht´s .

Bitte verlinkt eure Beiträge alle hierher, damit ich sie leicht finden kann

Bild 1:

Bild 2:

Bild 3:

Bild 4:

Die Puzzlestücke sind noch flexibler: jedes kann am Anfang, in der Mitte oder am Ende des Textes verwendet werden in beliebiger Kombination miteinander oder mit den Bildern

Mosaikstück 1: Der alte Kirschbaum

Mosaikstück 2: Die Discokugel war kaputt …

🙂 VIEL FREUDE 🙂

Impulswerkstatt Jänner – Februar 2023 – Zusammenfassung

Liebes Impulswerkstattteam,

Schön war´s wieder, viel Unterschiedliches ist zusammengekommen, wie immer wäre mir gestern und heute noch so manches eingefallen, aber so ist das immer und nicht besonders bemerkenswert.

Herzlichen Dank an alle, die mitgemacht haben und damit dieses Projekt tragen. mir macht es noch Freude und ich hoffe euch auch und so geht es in die nächste Runde.

Die Schweizer Schüler*innen haben sich rege beteiligt, was mich auch sehr freut, weil sie – im Gegensatz zu den anderen Teilnehmer*innen – aus der Perspektive von Jugendlichen schreiben und ich eine große Befürworterin von Mehrgenerationenprojekten in allen Bereichen des Lebens bin.

Die neue Einladung kommt morgen oder spätestens übermorgen, also am 2.3. oder am 3.3. Ich beeile mich 🙂

Wer nicht weiß, worum es hier geht, kann klicken:
Hier die Beschreibung des Projekts KLICK

KLICK Hier könnt ihr nachlesen, wie dieses Projekt entstanden ist  

KLICK Das Archiv des Projekts in dem alle Beiträge gesammelt sind und alles noch einmal nachgelesen werden kann, befindet sich auch hier (gerade nicht ganz aktuell, das ändert sich aber demnächst)

Und hier kommen sie:
wie immer in chronologischer Reihenfolge und dann nach Impulsen geordnet

Chronologische Liste:

Bild 1:

Bild 2:

Bild 3:

Bild 4:

Die Rahmen werden noch flexibler: jeder kann am Anfang oder am Ende des Textes verwendet werden oder auch mitten drin.

Rahmen 1: Hinter den Nebeln …

Rahmen 2: Es schien ausweglos …

🙂 VIEL FREUDE 🙂

Flimmern – Impulswerkstatt

„Du flimmerst schon wieder“ sagt Yaxtl und stupst mich leicht an. Damit hört er aber sofort wieder auf, denn durch die Berührung wird seine mir zugewandte Seite auch etwas unscharf und das will er unter allen Umständen vermeiden. In Yaxtls Welt ist Unschärfe sowie jede Art von Unentschlossenheit absolut verpönt. Man ist scharf umrissen und eindeutig, keine Verschwommenheiten.

Und doch ist Yaxtl der einzige in seiner Welt, der über den Rand ein wenig hinaus sieht. Man verstehe mich nicht falsch, er ist fest verankert. Seine Verankerung ist eine der klarsten, eindeutigsten Strukturen in seiner Welt, aber er sieht auch hinüber, dorthin wo ich lebe, eine Welt des Flimmerns, der Unschärfe, manchmal auch der Verwandlungen und jedenfalls der Außenseiter. Könnten wir größere Zeiträume überblicken, würden wir vielleicht sehen, dass die Welt der Außenseiter ein Reservoir für künftige eindeutig Umrissene ist, manchmal geht der Austausch auch in die andere Richtung, aber wir können nun mal keine längeren Zeiträume überblicken. Ich mag Yaxtl obwohl er versucht seine eigenen Zweifel und Zerrissenheiten an mir abzuarbeiten, denn er ist auch meine Brücke zu der Welt der Eindeutigen.

Es kommt schon vor, dass mich die Sehnsucht packt nach den unumstößlichen Gewissheiten, nach den Persönlichkeiten aus einem Guss, die sich nicht aufhalten mit Geflimmer und Switchen der Aggregatzustände. Wäre es nicht schön, einer großen Gemeinschaft anzugehören? Aber der ständige Small-talk, die Floskeln für gar nicht vorhandene Gefühle, die Vorspiegelung von Harmonie um jeden Preis. Viel muss man geben um Teil dieser ästhetischen, streckenweise heimeligen Strukturen zu sein. und das will ich dann doch nicht. Es könnte ja auch passieren, dass bei dem heftigen Verbiegen meine neu erworbenen scharfen Umrisse gleich in Gefahr kämen. Sollte es mir ein großes Bedürfnis werden, ein bisschen zu flimmern oder mich kurzfristig von Wasser in Eis zu verwandeln, müsste ich ein Doppelleben führen, dann wäre ich versteckter Außenseiter. Reizt mich das?

Ich sehe mir gerne die Welt rund um Yaxtl an. Diese perfekten Linien und Strukturen, diese Farben. Alles erweckt den Eindruck nur genau so sein zu können, wie es ist.

Absolut unveränderlich bleibt aber doch nichts. Gelegentlich dringt die Außenwelt ein, treibt Schnee oder Regen über die Rindenteile, verschiebt die unveränderlichen Abgrenzungen in die eine oder andere Richtung, franst sie aus oder wischt sie weg. In großen Momenten des Umbruchs wird dann manchmal ein flimmernder Anteil integriert, der für neue Beobachter wirkt, als wäre er immer schon Teil des Ganzen gewesen.

„Möchtest du mitflimmern?“ frage ich Yaxtl und weiß, dass er entsetzt zurückweichen wird.

Ein weiteres Frauenbild – Impulswerkstatt

Ein weiteres Frauenbild aus sehr alten Zeiten. Sie ist nicht die einzige dieser Art Statuetten aus dem Neolithikum, die man gefunden hat. Ob sie eine bestimmte Göttin, ein Ideal, ein weibliches Prinzip oder etwas ganz anderes darstellt, können die Archäologen nur vermuten. Jedenfalls stellt sie eindeutig eine Frau dar, deren Abbildung vor 29.500 Jahren irgendeine Funktion hatte.

Das Gravettien ist die wichtigste archäologische Kultur des mittleren Jungpaläolithikums in Europa. Jäger und Sammler des Gravettiens haben ihre Spuren vom heutigen Spanien bis zur heutigen Ukraine hinterlassen. Das Gravettien dauerte etwa von 32.000 bis 24.000 v. Chr.

Frauenleben

Zurecht gestutzt und unterdrückt, klein gemacht und auf hart arbeitende Gebärmaschinen reduziert. In der Geschichte der Frauen geht es nicht um addieren oder multiplizieren, um fördern oder ins rechte Licht setzen, es geht um substrahieren, um Überlegungen, welche Rechte ihnen noch entzogen, welche Arbeiten noch aufgebürdet werden könnten. Religionen und sonstige Ideologien standen immer bereit um der ungerechten Sache einen würdigen Rahmen zu verleihen. Im Namen eines Gottes, zur Verwirklichung neuer Gesellschaftsformen, es ist nicht schwer Gründe zu erfinden, warum Frauen demütig, fleißig, still und unauffällig sein sollen und keinesfalls in irgendeiner Form in irgendeinem Machtgefüge vertreten sein dürfen.

In manchen Kulturen wird Frauen sogar die Sicht auf die Welt verweigert. Sie leben hinter schwarzer, alles verhüllender Bekleidung und hinter Gitterstäben aus Stoff. Der öffentliche Raum ist ausschließlich den Männern vorbehalten. Wie lange noch? Wie viele Frauengenerationen müssen noch ihr Leben geben für Gesellschaftsmodelle, in denen sie Haustieren gleichgestellt sind, obwohl sie mit ihren Körpern die Welt tragen?

Versteinern um körperlich zu überleben, schweigen um nicht aufzufallen durch einen eigenen Gedanken, sich jedem Mann unterordnen und sei er noch so dumpf und unwissend.

In vielen Kulturkreisen haben wir es schon weit gebracht, in anderen kämpfen Frauen und auch Männer mit Einsatz ihres Lebens um eine andere Welt. Im Iran, in Pakistan, in Indien, in Afghanistan und, und, und …

Möge es den Schwestern gelingen, sich ein menschenwürdiges Leben zu erkämpfen, mögen jene nachhaltig vertrieben werden, die sich anmaßen über die Lebensbedingungen der Frauen zu entscheiden

Ausfahrten und Ausflüge

Beim Aufräumen meiner Entwürfe habe ich diese Geschichte aus einem früheren Durchgang der Impulswerkstatt gefunden, der nur das Ende fehlte, Warum auch immer. Ich habe sie fertig geschrieben und mag sie nicht einfach kübeln, weil mir die Vorstellung der Rieseninsekten aus dem Karbon gut gefällt. Ich stelle sie also zur aktuellen Impulswerkstatt dazu …

Libellen mit 70 Zentimetern Spannweite, meterlange Tausendfüssler und Spinnen mit armlangen Beinen: Was nach einem billigen Horrorfilm klingt, kreuchte und fleuchte vor 300 Millionen Jahren tatsächlich durch Wälder von 50 Meter hohem Bärlapp. Forscher bezeichnen diese Auswüchse im Erdzeitalter Karbon schlicht als Gigantismus. Dessen Ursachen sind noch immer ein Rätsel. Ein zentraler Faktor scheint jedoch die hohe Sauerstoffkonzentration der Atmosphäre gewesen zu sein, wie sich seit einigen Jahren in vielen Untersuchungen immer deutlicher abzeichnet.

Es klang immer wieder anders, wenn das Fahrzeug aufschlug. Wie ein „Plopp“ oder doch eher so wie ein startender Wasserskifahrer. Ob die Ankunft auf dem Wasser eine Landung aus der Luft, ein ins Wasser hineinfahren oder sonst irgendeine Form der Materialisierung war, konnten die beiden Menschen im Wasserfahrzeug nicht feststellen.
Dieses Mal war die Ankunft nahezu lautlos. Walter fragte sich, ob das wohl mit der zeitlichen Entfernung zusammenhängen konnte. Als sie vor Wochen auf der Beresina aufschlugen, im Jahr 1812 ganz in der Nähe von Napoleons Truppen, die geschlagen aus dem Russlandfeldzug nach Frankreich zogen, war die Ankunft sehr laut gewesen. Sie hatten befürchtet entdeckt zu werden, doch sie waren für die Soldaten unsichtbar. Sie hatten auch den Eindruck, leicht über dem Wasser zu schweben und wenn sie versuchten ins Wasser zu greifen, griffen sie ins Leere. Es war als wären sie körperlich nicht wirklich anwesend. Ebenso war es bei den beiden Zeitreisen davor gewesen. Sie blieben unbeteiligte Zuschauer.

Amelie war restlos fasziniert gewesen davon, bei historischen Ereignissen anwesend sein zu können und selbst nicht gesehen zu werden. Sie war aber zunächst sehr skeptisch und wollte nach der ersten überraschenden Reise ins Mittelalter das Wasserfahrzeug nicht behalten. Walter überredete sie zu einem zweiten Versuch. Das intensive Erlebnis an der Beresina mit Napoleons über den Fluss flüchtendem Heer, bei dem sie aber ein starkes Gefühl der körperlichen Sicherheit hatten durch irgendeinen Schleier, der sie von der Zeit trennte, hatte sie überzeugt. Walter hatte ohnehin nie daran gezweifelt, dass die Reisen in die Vergangenheit die größte Chance seines Lebens waren.

Diesmal war alles anders. Kaum konnten sie die Landschaft sehen, spritzte das Wasser über sie und sie fühlten die Hitze. Sie waren auf einem nicht sehr breiten Fluss gelandet, der fast schwarz war von organischen Schwebstoffen. Sie konnten die Umgebung fühlen und waren auch körperlich eindeutig anwesend. Durch sein Fernglas konnte Walter am Ufer Schachtelhalme, Bärlappbäume und Farne erkennen. Das war doch die typische Vegetation …

„Nein“ kreischte Amelie. Die Libelle kam näher. Die Bewegung ihrer Flügel, die eine Spannweite von gut 70 Zentimetern hatten, klang wie ein tieffliegender Hubschrauber. Die riesigen Facettenaugen hingen über ihnen und taxierten sie. Im völlig falschen Moment erinnerte sie sich daran, dass Libellen Fleischfresser waren. Ein Insekt dieser Größe wäre wohl kaum an winzigen Larven oder Würmern interessiert.

„Karbon“ murmelte Walter und schwankte zwischen Panik und Begeisterung. „Vor 300 Millionen Jahre, enorme Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre, Rieseninsekten“

„Diesmal hast du es übertrieben! Das überleben wir nicht“ flüsterte Amelie. Zum Glück hatte die Riesenlibelle im Fluss ein noch interessanteres Objekt entdeckt und war abgedreht. Vorläufig, wie Amelie dachte. „Wir müssen hier weg, sofort“ rief sie. Trotz der 35% Sauerstoff in der Luft konnte sie kaum atmen.

„Du weißt doch, dass sich der Zielort in der Zeit nicht steuern lässt und auch nicht die Länge des Aufenthalts“ sagte Walter mit Panik in der Stimme. Als Biologe wusste er, welche Tier- und Pflanzenwelt zu erwarten war .Amelie merkte ihm aber an, wie fasziniert er trotz allem war. „Wie konnten wir nur so naiv sein, zu glauben, dass das länger gut gehen kann. Hätten wir uns nicht mit drei Reisen und dem Highlight Napoleon zufriedengeben geben können.“ Walter stimmte ihr halbherzig zu. Er wollte nicht jetzt darüber nachdenken, ob die Möglichkeiten, die sich ihnen boten die Gefahr aufwogen oder nicht. Amelie war sich ganz sicher, dass die Gefahren überwogen. „Wenn, nein falls, wir jemals wieder zurückfinden, wird dieses Horror-Fahrzeug verschrottet !“

Sehr weit weg war der Tag, an dem sie die Anzeige mit dem Wasserfahrzeug zu einem sensationell niedrigen Preis gesehen hatten und sofort antworteten. Bald verstanden sie, warum der Verkäufer so zögerlich war. Er wollte das Fahrzeug verkaufen und dann wieder doch nicht. Hätten sie doch nachgeforscht, hätten sie doch zumindest versucht, seinen Blick zu deuten als er ihnen die Garage öffnete. Die Garage mit den seltsamen Artefakten, die überall herumstanden. Auf die Frage warum er das Fahrzeug verkaufen wollte, antwortete er, dass er sein Glück ausgereizt habe. Damals verstanden sie nicht, was er damit meinen könnte und ob sich die Bemerkung überhaupt auf dieses Fahrzeug bezog

GEMEINDEBLATT – KLEINFLUSSBACH AN DER DONAU
Mysteriöse Entdeckung

Gestern Früh bemerkte die Wasserrettung bei einer Routineübung in den Donauauen ein vermutlich an Land gespültes Wasserfahrzeug. Wo das Fahrzeug herkam und wie es an Land gespült wurde, konnte nicht ermittelt werden. Anhand des Kennzeichens wurde festgestellt, dass die Besitzer Amelie X und Walter Y vor etwa zehn Jahren spurlos verschwunden waren. Wegen grausiger Funde in dem Fahrzeug wurde ein Kriminal-Pathologe eingeschaltet. Der in dem Wasserfahrzeug gefundene Skelettschädel war von der Wirbelsäule sauber abgetrennt worden. Wie mit einem extrem scharfen Messer oder einem zufallenden Tor. Weiters fand man die halb-verfaulten Überreste einer Sportjacke und einen Schuh in dem der Fuß noch steckte, ebenfalls ganz glatt abgetrennt. Fuß und Schädel stammten von zwei verschiedenen Individuen. In einer gut erhaltenen Plastikhülle steckte eine Kamera, von deren Bilder man sich Informationen erwartete. Leider konnte aber die Fotokarte nicht wieder hergestellt werden. Zum großen Bedauern aller Beteiligten.

Geschmeidiger Schnee – Impulswerkstatt

Dass sich der Schnee um Bäume windet, ist banal, dass er auch Spielplätze der besonderen Art beschützt und verschönert, finde ich bemerkenswerter

Die verspielten Kringel und Tupfen gibt es nicht lange zu sehen, sie schmelzen sehr schnell weg und es braucht dafür nassen, pappigen Schnee. Die Sorte, die schwer auf den Ästen und Stromleitungen liegt und das öffentliche Leben vorübergehend zum Erliegen bringt

Auch um die eisernen Ringe einer Grabplatte legt sich der Schnee. Wenn er üppig fällt, dringt er in alle Bereiche des Lebens ein, bleibt unterschiedlich lang und wechselt dann wieder den Aggregatzustand.

Der Teufelskreis – Impulswerkstatt

Vier Kinder sind genug – sage ich

Mein Bruder hat acht Kinder, sagt mein Mann und seine erste Frau ist noch jung

Du hast drei Mädchen und nur einen Sohn, das ist nicht genug, sagt meine Mutter

Wenn du nicht mit mir schlafen willst, nehme ich mir eben eine andere Frau, sagt mein Mann

Schrecklich, was du da sagst, meine Tochter, sagt der Pfarrer, Wie viele Kinder wir haben, ist in Gottes Hand

Die Pille ist sehr teuer und es gibt sie nur am anderen Ende der Stadt in einer bestimmten Apotheke und nicht immer, sagt meine Freundin Chloe

Du wirst traurig sein, wenn du kein Baby mehr hast, sagt meine Schwester Bintou.

Kondome machen impotent liest mir mein Mann aus einem Flugblatt vor.

Unsere Frauen sind die schönsten und haben viele Kinder, sagt der Staatspräsident

Afrika kommt aus der Misere nicht heraus, steht in einer europäischen Zeitung

Wenn Sie nicht mehr lernen, können sie diese Ausbildung nicht schaffen, sagt mein Professor

Deine zwei Ältesten können schon viel arbeiten. Sie müssen ja nicht jeden Tag in die Schule gehen, sagt meine Nachbarin.

Was wirst du machen, wenn du alt bist und nicht viele Kinder hast, fragt meine Mutter

Ich sage gar nichts. Die Fenster sind verbarrikadiert, der Himmel ist hoch.

Impulswerkstatt November – Dezember 2022 – Zusammenfassung

Liebes Impulswerkstattteam,

Etwas verspätet, aber nur um einen Tag, beende ich die November-Dezember-Runde. Mir geht es wie bei jeder Runde, im letzten Moment fällt mir dann noch so einiges ein, das ich aus Zeitgründen nicht mehr umsetzen kann und jedes Mal beschließe ich dann, beim nächsten Mal früher anzufangen. Vielleicht gelingt es ja irgendwann. Man soll ja weder alle anderen noch sich selbst jemals aufgeben.

Eigentlich wollte ich ein bisschen Neujahrsstatistik betreiben. Wieviele Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie viele Beiträge beigesteuert haben. Auch das ist aus Zeitgründen ins Wasser gefallen. Ich kann es ja aber jederzeit nachholen.

Ich habe darüber nachgedacht, ob mir die Impulswerkstatt immer noch Freude macht. Ja, tut sie! Sowohl das eigene Beteiligen als auch das Lesen-Ansehen-Sammeln eurer Beiträge. Und damit gibt es sie mindestens ein weiteres Jahr. Allerdings wird sich auch der Beginn der nächsten Runde etwas verzögern, weil ich in PB bin und meine Foto-Festplatte in Wien. Der voraussichtliche Beginn der Jänner-Februar-Runde ist somit der 4.Jänner abends oder der 5.Jänner frühmorgens.

Im vorigen Durchgang (September – Oktober) und auch in diesem haben mehrere Schülerinnen einer Schweizer Schule, die das Freifach „Schreiben“ bei ihrer Lehrerin Gabriella Rauber besuchen bei der Impulswerkstatt mitgeschrieben. Der Blog von Gabriella Rauber wird von den Schüler*innen mit ihren eigenen Texten befüllt. Ein sehr schönes Projekt, finde ich, zumal es sich um eine Schule handelt, die keinen sprachlichen oder literarischen Schwerpunkt hat. Einer dieser Beiträge kam ein paar Tage zu spät für die September-Oktober- Zusammenfassung. In strahlender pädagogischer Inkonsequenz setze ich ihn hier als ersten auf die November-Dezember-Liste, quasi als Brücke zwischen dem einen und dem anderen Schreibdurchgang.


Hier die Beschreibung des Projekts KLICK

KLICK Hier könnt ihr nachlesen, wie dieses Projekt entstanden ist  

KLICK Das Archiv des Projekts in dem alle Beiträge gesammelt sind und alles noch einmal nachgelesen werden kann, befindet sich auch hier

UNd hier kommen nun die November-Dezember-Beiträge

Chronologische Liste

Bild 1:

Bild 2:

Bild 3:

Bild 4:

Mehrere oder alle Bilder

Die Rahmen werden noch flexibler: jeder kann am Anfang oder am Ende des Textes verwendet werden.

Rahmen 1:

In den Hügeln …

Rahmen 2:

Dieses Mal ist es geglückt / war es geglückt / wird es glücken