Flechten sind nicht nur optisch interessant. Sie entstanden aus einer Symbiose von Pilzen und Algen. Älteste paläontologische Hinweise auf eine Symbiose aus Pilz und Alge belegen Fossilien aus Südchina, die rund 600 Millionen Jahre alt sind. Bis zu dieser Entdeckung galten Fossilien aus dem frühen Devon vor etwa 400 Millionen Jahren als die ältesten Flechtenfossilien. Auch die individuelle Lebensspanne von Flechten ist eindrucksvoll. Sie zählen zu den längstlebigen Lebewesen überhaupt und können ein Alter von mehreren hundert Jahren, in Einzelfällen sogar von über 4.500 Jahren erreichen. Symbiose als natürliches Phänomen fasziniert mich auch beträchtlich. Zwei Lebewesen, die beide von dem jeweils anderen profitieren. Kann es einen besseren Grund geben, einander gut zu behandeln? Natürlich sind Flechten keine bewussten Lebewesen, die entschieden hätten, miteinander in Symbiose zu gehen, dennoch gibt es in der Natur das Phänomen der Symbiose, für das man sich vielfältige Anwendungsformen in menschlichen Gesellschaften vorstellen kann. Ermutigend finde ich, dass in der neueren Evolutionsforschung kooperatives Verhalten als wichtiger Faktor für Entwicklung gesehen wird. Dass also die Zusammenarbeit in frühesten Gesellschaften von Menschen eine wichtige Rolle spielte. Ebenso wie bei anderen Primaten und auch bei anderen Herdentieren.
Schlagwort: Biologie –
Samstag 14.9.2019 –
Genau wie im Vorjahr gibt es jedes Wochenende das letzte schöne Wochenende. Voraussichtlich wird das wieder bis spät in den Herbst hinein dauern. Soll mir recht sein. Heute waren wir auf den Steinhofgründen mit Blick auf Wien hinunter, strahlender Sonnenschein, grüne Wiesen, viele fröhliche Menschen. Aber in den Schattenecken hängen die Spinnennetze.
Heute war in Wien „Open House“. Ein Projekt bei dem man sich Gebäude und Orte ansehen kann, die normalerweise nicht zugänglich sind. Wir haben uns das „Konrad-Lorenz-Institut“ auf dem Wilhelminenberg angesehen. Ich hätte mir erwartet, dass aktuelle Forschungsprojekte vorgestellt würden. Leider ging es aber nur um die Architektur und die fand ich nicht besonders interessant. Außer dass der Architekt keine Größe seines Berufsstandes gewesen sein dürfte, den er hat eine Menge Geld verbraten und Gebäude geschaffen, die für ihren Zweck nicht wirklich geeignet waren und nach nur ein paar Jahrzehnten kaum mehr zu gebrauchen sind.
Die Erkenntnis des Tages: hätten die Habsburger nicht diese schon krankhafte Leidenschaft für die Jagd gehabt und dafür riesige Waldgebiete in und um Wien benützt, gäbe es heute nicht die großen, naturbelassenen Naherholungsgebiete.
Vogelintelligenz
Sehr beeindruckt hat mich ein Artikel, den ich kürzlich gelesen habe. Ein Professor für Biopsychologie beschäftigt sich mit der Intelligenz von Vögeln. Mit der Bezeichnung „Biopsychologie“ kann ich zwar nicht viel anfangen, aber Onur Güntürkün leitet ein Forschungsprojekt zum Thema „Lernen und Vergessen“ an dem immerhin um die 100 Wissenschaftler beteiligt sind und da werden wohl auch Gehirnforscher und Neuropsychologen dabei sein. Jedenfalls beschäftigt sich Güntürkün mit der Intelligenz von Vögeln und kommt dabei zu dem Schluss, dass sowohl die Wichtigkeit der Größe eines Gehirns für seine Leistungen überschätzt wird, als auch die angenommen wesentliche Rolle des menschlichen Kortex. Manche Vogelhirne, die zwar klein, aber sehr kompakt gebaut sind, gleichen die geringere Masse durch Geschwindigkeit aus. Die Forschergruppe kam zu dem Ergebnis, dass Krähen in ihrer Intelligenzleistung mit Schimpansen zu vergleichen seien.
Die Vögel, die uns vom Dach gegenüber zusehen, sind also ebenso intelligent wie Primaten? Die Vorstellung finde ich doch etwas beunruhigend. Verblüfft hat mich auch, dass sogar Tauben angeblich einen Menschen vom anderen unterscheiden können.
Profil.19.11.18
Pfui Stalin, die Freiheit der Wissenschaft und Ochsenherztomaten – „Pfui“ am Mitmachblog
Ochsenherztomaten, wie riesige Herzen geformt, 500g und schwerer, fest und kernarm, von hellem Ziegelrot, das unter sehr dünner Haut etwas ins Bläuliche zu changieren scheint, wurden in dem Buch, das ich gerade lese von einer russlanddeutschen Familie aus der kasachischen Steppe nach Deutschland mitgebracht.
Im kasachischen Karaganda (Qaraghandy) mitten in unfruchtbarer Steppe waren die führenden sowjetischen Agrar-Biologen inhaftiert und beschäftigten sich trotz Stalin mit großem Erfolg mit ihrem Fachgebiet.
„Die wissenschaftlichen Zuchtanstrengungen sind in den Sammlungen und Unmengen von Archiven gut dokumentiert. Noch hat niemand diesen Schatz ausgewertet.Im KARLag, vorzugsweise in Dolinka, dem Ort seiner zentralen Verwaltung, wurde die Führungsriege der Moskauer Landwirtschaftsakademie gefangen gehalten.Und die Experten aus den Versuchs-Sowchosen um Dolinka wurden in das junge Karaganda überstellt. Karaganda verdankt (…) seine energische Begrünung der Stalin´schen Wende der Biologie.
Von einer weltweit renommierten Erfahrungswissenschaft, die auf der Mendel´schen Genetik fußte und deren Protagonist Nikolai Wawilow war, zur Ideologie Trofim Lyssenkos. Dessen These von der „Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften“ wurde gegen Ende der Dreißiger zur Staatsdoktrin, Stalins Wertschätzung galt besonders dem Anwendungsgebiet „Homo Sovieticus“. Einmal kommunistisch erzogen, so Lyssenko, vererbt der Mensch das Gelernte automatisch weiter. Wer dem widersprach hatte sein Leben verwirkt (Wawilow verhungerte 1943 im Gefängnis von Saratow) oder wurde mit Lagerhaft bestraft.Diese Ausgestoßenen haben in der kasachischen Steppe eine wahre Großtat vollbracht. Karagandas reicher botanischer Garten lässt ahnen, wie sehr man sich am Ort seiner Verbannung verwurzeln kann.“
Ulla Lachauer „Ritas Leute.Eine deutsch-russische Familiengeschichte“ p. 479. Rowohlt: 2002