
Ich habe das Buch gekauft, weil ich dachte, es wäre so etwas wie eine Schreibschule mit Tipps und Tricks. Es kommt mir ja an und für sich recht zweifelhaft vor, ob man kreatives Schreiben lernen kann, so nach dem Motto: „Sätze beginnt man mit ……“, „keinesfalls sollte man Wörter wie …….. “ verwenden und „die Anzahl der Adjektive wäre mit x pro fünfzig Wörtern gerade noch erträglich“. Dass dabei mit großer Wahrscheinlichkeit nur Steifheit und kein persönlicher Stil herauskommen kann, scheint mir klar. Trotzdem fand ich den Untertitel „Leben, schreiben, atmen“ doch sehr verlockend.
Gar nicht enttäuscht bin ich von den Texten der Autorin. Sie schreibt Alltägliches und Autobiografisches in einer Sprache, die mich wegen ihrer Schlichtheit und mangelnden Dramatik sehr anspricht. Am Ende jedes Textes gibt sie dann den Lesenden einen kleinen Anstoß zum Schreiben eines eigenen Textes.
Zum Beispiel endet ein Text mit dem Titel „wir lernen uns kennen“ folgendermaßen:
(…) Sie bringt mir Englisch bei, wie sie es spricht. Eine Menge selbsterfundener Wörter, die mich begeistern. Sie mischt sie mit jiddisch und spanisch. Sie sagt zu mir „Vámonos meschuggene chick“ p.68
Und dann die anschließende Schreibanregung:
Welche Wörter kennst du, die sonst niemand gebraucht? Wie nennst du den Matsch, den man braucht, um Sandburgen zu bauen? Bei uns hieß er Kalamatsch, die genau richtige Mischung aus Wasser und Sand, die man über Sandburgen tröpfelt.
Fällt es dir nicht ein? Fällt dir gar nichts ein? Es gibt eine Zauberformel, die immer funktioniert. Sie lautet: Ich erinnere mich an. Wenn mir nichts einfällt schreibe ich diese Zauberformel wieder und wieder: Ich erinnere mich an, ich erinnere mich an ….(1. Regel: Mach keine Pause!) Und irgendwann erinnere ich mich. Garantiert. p.68
„Kalamatsch erinnert mich an Kala Nag. So hieß eine bestimmte Stelle auf einem Baum, auf den ich als Kind gerne kletterte. Kala Nag war ein Elefant und entsprechend hoch auf dem Baum war der Sitzplatz-auf-dem-Elefanten. Den Namen hatte er wahrscheinlich von meiner Mutter bekommen, die eine große Vorliebe für Geschichten aus aller Herren Länder hatte. Womöglich wäre sie gerne eine der großen reisenden Frauen geworden, wie Isabelle Eberhardt oder Ida Pfeiffer. Tatsächlich wurde sie nach einem kurzen Intermezzo in der Arbeitswelt Hausfrau …….. „
Ich glaube gerne, dass durch so einen Ansatz persönliche, biografische Texte entstehen, mutige Texte, die eigene und fremde Erinnerungen wachrufen. Kein banales Aneinanderreihen von Wörtern. Wollte ich tatsächlich ernsthaft schreiben, müsste ich sicher durch eine biografische Phase, das eigene Leben abstecken, in Worte fassen. Erinnerung und Katharsis.
Nein, das Buch war keine Enttäuschung ….
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