Schlagwort: kreatives Schreiben

Dienstag 19. April 2022

Es ist schwierig, die Inspiration des Augenblicks irgendwie festzuhalten. Ich wollte einen Osterspaziergangstext schreiben, aber es gelingt mir nicht, so wie ich das möchte. Die Eindrücke sind schon noch da, ich kann sie im Geist abrufen, aber die Dreidimensionalität, die Lebendigkeit ist verblasst. Auch wenn ich mir Notizen gemacht hätte, könnte ich doch die Stimmung nicht mehr wiedergeben. Es wäre wahrscheinlich aber auch die Stimmung dahin, wenn ich während eines Spaziergangs zu zweit Stichwörter aufschreiben würde; eine eher slapstickartige Vorstellung…

Gibt es nun dafür eine Lösung? Für diese Art von Schreiben, die ich gerne beginnen möchte, brauche ich einen inspirierten Geisteszustand. Wodurch diese Inspiration ausgelöst wird, ist im Grunde egal. Vielleicht lässt es sich trainieren. Der Fotomotive-Blick ist auch nicht immer da, aber ich kann ihn nach jahrelanger Übung schon bis zu einem gewissen Grad „einschalten“. Üben, üben, üben ist die Devise. Auch wenn man für dieses oder jenes begabt ist, geht es nicht ohne Übung bzw Training. Das Üben und Trainieren ist nur einfacher und vielleicht weniger frustrierend als wenn keine Begabung im jeweiligen Bereich vorhanden ist.

Impulswerkstatt März-April – Zwischenstand

Liebes Impulswerkstattteam

Zeit ist es wieder für die Zwischenbilanz in der Mitte des Durchgangs. So eine Bilanz ist einerseits interessant um zu sehen, was es schon so alles gibt und andererseits eine Erinnerung.
Dieses Mal haben wir den ungewöhnlichen Zustand, dass die Anzahl der Beiträge zu den vier Bilden ziemlich ausgeglichen ist. Das ist sehr selten, nein, eigentlich noch nicht dagewesen. Kann man etwas daraus schließen oder ist es der blanke Zufall und wird bis Ende April nicht so bleiben? Keine Ahnung, aber falls es doch so bleibt, wäre es interessant zu überlegen, woran das liegen könnte.

Die allgemeine Stimmung ist ja aus verschiedenen Gründen nicht gerade sprühend fröhlich, aber oft schreibt und malt man ja auch, wenn nicht alles gut ist oder gerade deswegen. Ich jedenfalls habe ein paar Ideen und werde es wohl noch auf ein paar Beiträge bringen.

Für diejenigen, die vorbeigekommen sind und nicht wissen worum es hier geht:

Das Archiv des Projekts in dem alle Beiträge gesammelt sind und alles noch einmal nachgelesen werden kann, befindet sich hier KLICK

Chronologische Liste:

Bild 1:

Bild 2:

Bild 3:

Bild 4:

Vom Aneinanderreihen von Wörtern

Ich weiß nicht, ob man es so generalisieren kann, aber für mich ist es um vieles einfacher Geschichten aus Märchen- und Phantasiewelten zu schreiben als solche aus dem Leben. Das hat nichts damit zu tun, dass mir die einen eher einfallen würden als die anderen, ich finde sie einfach viel schwieriger umzusetzen und wüsste gerne, warum das so ist.

Dass Fantasy-Geschichten eine Flucht-vor-der-Welt-Lektüre sind, ist schon klar, dass das Schreiben solcher Geschichten eventuell dieselbe Funktion für die Schreibenden erfüllt, kann ich auch gut nachvollziehen, aber ich komme nicht darauf, warum es soviel einfacher ist. Auch eine Geschichte aus anderen Welten braucht ja Struktur, Handlung, Spannungsbogen und Anfang und Ende ist also eigentlich weder schwieriger noch einfacher zu schreiben. Auch so eine Geschichte muss sich glaubwürdig auf bestimmten Sprachebenen bewegen …

Hat es mit dem eigenen Schreibstil zu tun, der sich mehr oder weniger gut in Phantastischem oder Realem umsetzen lässt, oder mit der Art von Figuren, die man gerne beschreibt ? Vielleicht liegt es auch daran, dass es so einfach ist, eine festgefahrene Handlung damit weiter zu treiben, dass man irgendwelche Wesen aus Phantasiewelten auftauchen lässt, denen man alle möglichen Eigenschaften zuschreiben kann? Allein durch das Hinarbeiten auf das Auftauchen so eines Wesens erzeugt man eine Handlungsstruktur, das geht aber bei einer Geschichte aus der realen Welt ganz genauso, nur taucht da eben zB kein Drachen auf sondern irgendetwas oder irgendjemand anderer.

Tatsächlich fällt mir das Schreiben solcher Geschichten leicht, aber sehr viel interessanter finde ich Geschichten aus der realen Welt, Figuren, die es tatsächlich gibt, oder geben könnte, Handlung aus dem Alltag, das Menschliche in allen Dimensionen und Sichtweisen

Donnerstag 23. September 2021

Seit Tagen versuche ich, einen Text zu schreiben aus der Inspiration von Natalies Einladung einer literarischen Figur ins Café. Mehrere Figuren habe ich mir schon ausgesucht, mehrere Schreibrichtungen habe ich bedacht, aber es wird einfach nichts draus. Meistens schreibe ich einfach drauf los und dann entwickelt sich der Text wie von selbst, aber nicht diesmal, nicht zu diesem Thema. Dabei gefällt mir die Idee so besonders gut. Aber nein.

Ich finde eine Figur, sie gefällt mir, ich denke, dass sich daraus ein Text entwickeln lässt mit diesen und jenen Schwerpunkten in der Persönlichkeit, mit einem Thema, zu dem die Person passt. Es gelingt mir einfach nicht. Heute hatte ich den ganzen Tag meine letztgewählte Person im Hinterkopf und dachte irgendwann wird sich eine Geschichte aus dem Nebel heraus schälen. Aber der Nebel ist genauso dicht wie in den letzten Tagen und nichts und niemand tritt heraus.

Es muss wohl daran liegen, dass die Idee mir nicht selbst gekommen ist, dass sie mir rein rational so gut gefällt, dass aber jener Teil meines Gehirns, der beim Schreiben den Ton angibt, mit der Idee nichts anfangen kann. Sehr schlechte Kommunikation zwischen mir und mir. Ich lasse es jetzt bleiben, aber eigentlich mit dem Hintergedanken, dass es sich schon von selbst schreiben wird, wenn ich nicht daran denke … Aus den hinteren Gehirnwindungen schleicht sich eh schon wieder eine Figur an ….

Freitag 16. Juli 2021 – zu viele oder zu wenige Wörter …

Ich bemerke gerade, dass meine Technik des Schreibens gar nicht so verschieden von jener des Malens ist. Und ich bemerke, dass ich bei beidem gerne einen neuen Schritt machen möchte. Das ist alles noch etwas diffus und gärt und braucht seine Zeit. Ich bemerke aber, dass mir beim Schreiben das Einbauen von vorgegebenen Wörtern irgendwie im Weg steht.

Was übe ich, wenn ich bestimmte Wörter in einen Text einbaue: Fantasie, Kreativität, das Spielen mit Wörtern, manchmal auch die eine oder andere Schreibtechnik. Das mache ich alles gerne. Was ich aber nicht übe, ist die Umsetzung eigener Gedanken und Vorstellungen in einen Text, denn der einigermaßen glaubhafte Einbau von Wörtern braucht ein gewisses Umfeld, das vielleicht aber eher doch nicht in die eigentliche Intention des Textes passt. Es kommt natürlich auch auf die Anzahl der einzubauenden Wörter und auf die Länge des Textes an. Derzeit habe ich aber den Eindruck, dass die vielen einzubauenden Wörter mich irgendwo anketten, wo ich nicht sein möchte.

Ich schreibe gerade an einem Text, von dem ich eine gewisse Vorstellung habe und versuche sieben Wörter einzubauen. Momentan habe ich den Eindruck, dass mir das nicht gelingen wird, die Wörter grell hervorstechen und den Text völlig unmöglich machen werden. Gut, ich entwickle aber schon einen gewissen Ehrgeiz, vielleicht wird es doch noch was …

Was hält das Schiff?

Gestern in PB fotografiert. Neben einer Bootsrampe an der Donau

Abrupter Themenwechsel: gerade ist mir ein Stichwort bzw Ausgangswort zu einem Impulswerkstattbeitrag eingefallen. Ich lege ihn im Kopf ab mit dem Auftrag zur Bearbeitung und heute Abend oder morgen schaue ich dann mal nach, ob schon was daraus geworden ist. Die Methode ist bewährt, mein ganzes Studium lang bin ich alle schriftlichen Arbeiten so angegangen. Erfolgreich, muss ich dazu schreiben hat die Eitelkeit angeordnet, eine sehr lästige Mitbewohnerin …

Ein weiteres Teilchen für Jutta Reichelt

Es geht hier um das Schreibprojekt von Jutta Reichelt. Ausgehend von ihrem Text bzw ausgehend von anderen Texten, die geschrieben wurden, soll eine Art Netz oder Wurzelwerk entstehen. Wobei es nicht darum geht, die verschiedenen Teile zu einem ganzen zusammenzufügen sondern sich durch ganz persönliche Assoziationen und kurze Texte in irgend einer Weise an das Geflecht anzubinden.

Bei Kain Schreiber gibt es den folgenden Text

…sie hatte den Faden verloren, der ihr zuvor endlos schien. Doch. Halt! Sie hatte ihn gar nicht verloren. Er war ihr gerissen. Fast unbemerkt. Entzwei. Zwei neue Enden sind auch zwei neue Anfänge! Welchen davon also aufnehmen? Links? Rechts? Zunächst den einen versuchen, dann den anderen gehen? Das ganze Leben bestand aus Versuchen. Und Versuchungen. Warum nicht selbst welche schaffen! Es müsste doch zu schaffen sein, dem schönen Anfang auch ein solches Ende zu bescheren. Doch die Schere zwischen gut und schlecht klaffte immer weiter auf. Einer Schlucht gleich. In die sie fiel. Fiel und Fiel und keinen Halt fand. Haltlos, aber auch schwerelos. All das Schwere endlich los zu sein, tat so unendlich gut.
Manchmal
…war es vielleicht ganz gut, wenn der Faden mal riss.

Dies ist der Text Myriade 3 als Reaktion auf Kain Schreiber Ping-Pong 3

Anfang, ein schönes Wort für eine wunderbare Möglichkeit. Aber, dachte sie, kein Anfang ist möglich, wenn man mit tausend Fäden angekettet ist, an seine Gewohnheiten an sich selbst, an andere. Müssen die Fäden reißen, müssen sie schmelzen und sich auflösen, muss man dahinter kommen, dass die Fäden eigentlich gar nicht existieren.

Anfang allein in der Wüste oder mitten im Gewohnten oder gar nicht, weil sich das Gewohnte nicht abschütteln lässt, nicht entwirren, nicht verbrennen nicht aus dem Kopf entfernen. Ein schönes Wort, ja, romantisch verbrämt, aber ist es auch durchführbar mit Tonnen von Fäden, die man hinter sich herschleppt?  

Projekt X – Beflügelndes

Wie hier auch schon öfter erwähnt, hat mir dieses Buch außergewöhnlich gut gefallen, sowohl was das Thema als auch was die Sprache betrifft.

Im letzten Teil hat es dann noch ein besonders Schmankerl zu bieten: der Protagonist, der sich sein Leben lang mit  Übersetzungen von und in verschiedene Sprachen beschäftigt hat, beschließt nun, auch selbst zu schreiben. Dadurch entsteht die faszinierende Situation, dass in einem Roman ein Stück weit beschrieben wird, welche Gedanken zum Schreiben auftauchen können und wie ein literarischer Text entsteht. Es ist die Figur des Protagonisten, der über eine von ihm zu schaffende literarische Figur nachdenkt und nachfühlt und darüber, wie man daran herangehen kann, einen erzählenden Text zu schreiben.

„Das Nachdenken über das Schreiben, auch wenn es noch rhapsodisch und ungeordnet war, hatte eine neue Wachheit in ihm entstehen lassen. War schreiben wie aufwachen? “ p. 514

„Und vielleicht ist der Versuch einer eigenen Stimme einfach auch zu groß für mich. Eine Frage der Begabung. Oder ist es noch etwas anderes: die Furcht mir in meinen eigenen Worten zu begegnen.“ p.516

„Wieviel muss man festgelegt haben, bevor man mit dem Schreiben beginnen kann ? Nun habe ich alle diese vielen Bücher übersetzt, all diese Erzählungen, und weiß über das Schreiben so wenig“ p 518

„(…) spüre ich eine erste, glückliche Ungeduld, bald mit dem Schreiben zu beginnen“ p. 519

„Als das Flugzeug in Heathrow landete, wurde Leyland bewusst, wie weit er mit seiner Figur plötzlich schon war. Dabei stand noch kein einziger Satz. Würde es immer so sein, dass die Phantasie weit vorauseilte und dann durch die langsame Arbeit an einzelnen Sätzen eingeholt werden musste?“p 527 

Noch vieles mehr an interessanten Betrachtungen kann man zwischen diesen kurzen Zitaten lesen. Weitere Denkanstöße und Impulse gibt es bei Jutta Reichelt zu lesen. Sie hat einerseits Impulse zur Kreativitätsförderung gegeben und auch auf Betrachtungen zum Thema Literatur hingewiesen. Es wird in ihren Beiträgen auf eine Menge verschiedener Autoren verwiesen, die sich mit Hintergründen und Theorie des Schreibens befasst haben.

Vieles beschäftigt mich derzeit in diesem Zusammenhang. Ich bin gespannt, ob es auch so laufen kann und wird, wie ich es beim Schreiben größerer Arbeiten immer gehalten habe: zuerst sammeln, Informationen und Ideen, das alles dann irgendwo im Hinterkopf verstauen und dann kommt der Moment, an dem es so weit ist und sich alles (fast) von selbst zu einem Ganzen fügt und reif ist, geschrieben zu werden.

Ein letztes Zitat von Pascal Mercier:

„Die Phantasie – das spüre ich so deutlich in diesen Tagen – ist der eigentliche Ort der Freiheit“ p. 556

 

 

 

Übungen zur Ausbaufähigkeit – Kettentexte #1

Mein Projekt aus spontanen 5-Minuten-Texten einen Teil, ein Wort, ein Bild herauszunehmen und damit wieder einen Text zu schreiben, läuft an. Es ist eine Mischung aus mehreren Schreibanregungen von Jutta Reichelt. Das ist einmal ein Anfang, die Texte sollen länger werden. 

 

Waldbrände, Hasen, Hirsche. Eigentlich gibt es sie doch hauptsächlich im Süden, Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und das im Sommer. Plötzlich ist es bei uns so trocken und heiß, dass im April der Wald brennt. Feuerwehr, freiwillige und Berufsfeuerwehr. Viele Jugendliche gehen gerne zur Feuerwehr, man sagt oft, dass es dort auch viele Pyromanen gibt, ein paar andere Motivationen wird es hoffentlich auch geben. Letztlich ist das für das Ergebnis aber egal, solange die Pyromanen die Feuer nicht selbst legen sondern nur löschen. Grundregeln für das Erkennen von Gebäuden im ländlichen Raum: Das Feuerwehrhaus sieht ähnlich aus wie eine Kapelle. Stadt-Land ist derzeit ein Thema. Ich stelle es mir schön vor, in einem Ort zu leben, wo man jedes Gebäude und seine Geschichte kennt. Ob es mir auch gefallen würde, alle Leute zu kennen und von allen Leuten gekannt zu werden, weiß ich nicht. Wohl eher nicht. In vieler Hinsicht mag ich die Anonymität großer Städte sehr gerne.

Das Feuer sprang zum Ende der Lunte, ins mitgebrachte Stroh und flammte auf, knisterte, brüllte. Es sprang hoch und breit, fraß, vernichtete und verwandelte. Der Geruch des aktiven Todes, des Verbrannten und Verkohlten. Transformation. Die Erregung flammte durch seine Beine hoch, die Erektion war unendlich. Es kamen schon die Kollegen um zu löschen und er musste schnell umschalten. Trotzdem, was für ein Orgasmus! Nicht zu vergleichen mit allem anderen.

5 Minuten Banalitäten – Jutta Reichelt

Wieder ein neuer, interessanter Aspekt von Jutta Reichelts Schreibwerkstätte: die Scham. Man kann sich für die Banalität und Trivialität von Texten schämen, für die Intimitäten, die man preisgibt und für vieles andere. Scham verhindert fließendes, flüssiges Schreiben oder doch zumindest die Veröffentlichung von Texten, die den eigenen Ansprüchen nicht genügen oder als zu privat empfunden werden. Wobei diese Grenzen individuell völlig verschieden verlaufen und die tabuisierten Bereiche völlig andere sein können.

Das Unterschreiten der Grenzen der Trivialität fällt mir gar nicht schwer. Da kann ich stundenlang vor mich hin mäandern.

Ein spontanes 5-Minuten-Produkt. Ich denke, ich werde daraus ein kleines Projekt machen und versuchen aus diesem ebenso spontanen wie trivialen Text in weiterer Folge mehr herauszuholen:

Waldbrände ,Hasen, Hirsche. Eigentlich gibt es sie doch hauptsächlich im Süden, Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und das im Sommer. Plötzlich ist es bei uns so trocken und heiß, dass im April der Wald brennt. Feuerwehr, freiwillige und Berufsfeuerwehr. Viele Jugendliche gehen gerne zur Feuerwehr, man sagt oft, dass es dort auch viele Pyromanen gibt, ein paar andere Motivationen wird es hoffentlich auch geben. Letzlich ist das für das Ergebnis aber egal, solange die Pyromanen die Feuer nicht selbst legen sondern nur löschen. Grundregeln für das Erkennen von Gebäuden im ländlichen Raum: Das Feuerwehrhaus sieht ähnlich aus wie eine Kapelle. Stadt-Land ist derzeit ein Thema. Ich stelle es mir schön vor, in einem Ort zu leben, wo man jedes Gebäude und seine Geschichte kennt. Ob es mir auch gefallen würde, alle Leute zu kennen und von allen Leuten gekannt zu werden, weiß ich nicht. Wohl eher nicht. In vieler Hinsicht mag ich die Anonymität großer Städte sehr gerne.

Die fünfgeteilte Forsythie – ABC-Etüden

Den heutigen Vorschlag von Jutta Reichelt, ebenso inspirierend wie bisher alle ihre Anregungen, wollte ich gleich ausprobieren. Es geht darum kleine Texte in irgendeiner Art miteinander zu verbinden. Ich habe den Vorschlag mit einer ABC-Etüde verbunden. Es ist also quasi alles mit allem verbunden. Mein verbindendes Element war die Forsythie, die ich ursprünglich als zu verwendendes Wort kreativitätsvernichtend gefunden habe. Aber, die Zeiten ändern sich, gewissermaßen …

AC-Etüden bei Christiane  

Diesmal mit 5 Begriffen, die in 500 Wörtern untergebracht werden

Der Hund grub mit vollem Elan neben der Forsythie, dann ließ er sich mit einem Plumps auf dem ausgehobenen Hügel nieder und blickte herausfordernd um sich. Ha, sollte die blöde gestreifte Katze mit ihrer lächerlichen Schwanzkringlerei nur kommen, er war bereit und gerüstet, absolut Herr der Situation. Heute konnte sie ihre Krallen woanders schärfen als in seinem Gesicht. Heimtückische Wesen diese Felinen.  Zuerst zuckten sie freundlich mit dem Schwanz, was jeder Hund als Begrüßung interpretierte. Kam man aber näher um sie etwas zu beschnüffeln, fuhren sie in aberwitziger Geschwindigkeit die Krallen aus und schlugen auf den wehrlosen Hund ein.

Am späten Nachmittag rückte ein Filmteam rund um die Forsythie an. Die Darsteller, ein junges Paar brachten sich auf einer schmiedeeisernen Gartenbank in Position. Sie trug ein Kleid mit Krinoline und ein Spitzenhäubchen, er enganliegende Pantalons und ein Sakko in himbeerrot und einer sehr großen Schleife um den Hals. „Nächstes Mal muss ich dann als Marienkäfer auftreten“ murmelte der Schauspieler grimmig. Das Team wartete auf den Sonnenuntergang und der Regisseur nutzte die Gelegenheit den beiden ihren Text nochmals vorzusagen. Du sagst „ach, Herr Adalbert, es ist heute so warm hier“ und du sagst „Ach Fräulein Hildegund, an meiner Seite sollen sie niemals erfrieren“

Hinter der Forsythie begann das Nachbargrundstück. Mitten auf der verwahrlosten Wiese war ein Hügel aufgeschüttet worden. Darunter befand sich der vollständig ausgestattete Bunker von Herrn Helmer. Eine Zeit lang ging es sehr laut und geschäftig zu, die Wagen vieler unterschiedlicher Firmen standen vor dem Haus. Dann wurde es ruhig. Der Bunker war perfekt ausgestattet. Es fehlte weder an Lebensmitteln noch an Filteranlagen für Luft und Wasser. Die Betten waren bezogen, die Antennen ausgefahren, das Kurbelradio und die Wiederaufbereitungsanlagen betriebsbereit. Viele Tage verbrachte Herr Helmer in seinem Bunker, den er immer wohnlicher ausgestaltete. Nur manchmal fehlte ein wenig Farbe. Heute hatte er sich einen Forythienzweig abgeschnitten. 

Der junge Mann kam gerade an der Forsythie vorbei als ihm einfiel, dass er vergessen hatte für den morgigen Geburtstag seiner netten, immer hilfsbereiten Nachbarin einen Strauß zu besorgen. Er blieb abrupt stehen und dachte nach. Konnte er … Wäre es sehr unverschämt … Sollte er tatsächlich… Der Garten der Nachbarin war riesig, sie hatte ganz bestimmt keinen Überblick über alle ihre Pflanzen. Ein Forsythienzweig, ein besonders schön verzweigter, zwei Birnenblütenzweige, vielleicht fand er auch noch Palmkätzchen. Im Teil des Gartens, vor dem er stand, hielt sich nie jemand auf. Mit einem Sprung war er über der Mauer. (98)

Eine Biene flog über die Forsythie. Ein angewiderter Blick aus Facettenaugen traf den blühenden Strauch. Gelb – eine furchtbare Farbe. Manche Bienen hatten ja überhaupt keinen Kunstverstand und von Farben verstanden sie auch nichts. Schlimm genug wenn man mit einem wuselnden Volk voller Banausinnen leben musste, besonders im Frühling. Sie liebte die warmen Töne, rot, rosa, manche blaue Blüten mochte sie auch. Aber gelb ! Selbstverständlich suchte sie die Blüten, die sie besuchte nach rein künstlerischen Kriterien aus, nach ihren Proportionen, dem Schwung der Blütenblätter, den farblichen Harmonien. Das Leben war schön.  

497 Wörter

Ein Foto und 5 Minuten

Eine Kombination aus zwei Kreativtechniken: ein Bild als Ausgangspunkt und 5 Minuten drauflos schreiben. Ich merke einen ganz großen Unterschied zwischen wirklichem Drauflosschreiben – dessen Ergebnisse ich hier kaum veröffentlichen würde – und Drauflosschreiben unter Wahrung gewisser Vorsicht. Der Mittelweg muss her, offenes Schreiben, aber nicht allzu tief unter der Oberfläche. Ob das geht?

Menschen und Dinge liegen hinter einem Schleier. Schleier isolieren, trennen, in gewisser Weise schützen sie auch. Aber wovor, vor der Welt, vor dem Leben, vor anderen. Der Bildschirm zwischen Menschen, ein Gedanke, den ich auch schon anderswo gelesen habe. Welcher Gedanke ist schon originell? Ein Sommerhut. Ob sich in diesem Sommer Gelegenheiten zum Hut tragen ergeben werden? Na, jedenfalls besitze ich einen Sommerhut, für alle Fälle. Salzkammergut mit Hut und wehenden Bändern. Na ja. Aus dem Reisen wird in diesem Sommer wohl nichts werden. Ist nicht so schlimm, es ist ohnehin viel zu heiß und ab September stehen mir ja alle Zeiten des Jahres zur Verfügung. Schnelle Jahreszeiten, tiefe Jahreszeiten, gar keine Jahreszeiten, aber Sonnwendfeiern. Zu Weihnachten habe ich eine Schiffstour auf der Donau zum Sonnwendfeuerwerk im Juni geschenkt bekommen. Ein ganz liebes Geschenk, über das ich mich sehr gefreut habe. 5 Minuten 

Soll ich oder doch nicht ….

Die heute vorgestellte Kreativtechnik bei Jutta Reichelt ist eine Art automatisches Schreiben: 5 Minuten, einfach drauf los, möglichst ohne zu denken, ohne zu konstruieren. Die Methode war im Surrealismus beliebt, man wollte so direkt an das Unbewusste herankommen. Ich denke das funktioniert prinzipiell gut. Man kann sich etwas mehr oder etwas weniger einlassen. Das ist ein Text bei dem ich mich ein bisschen eingelassen habe, nur so als Beispiel. Trotzdem könnte ich – wie Jutta das vorschlägt – einzelne Sätze herausnehmen und sie als Anfangssätze für einen neuen Text nehmen.

Ich kenne die Technik vom Malen. Was immer man tut, irgendwie fließt das Unterbewusste durch die Hand, es können Bilder daraus werden, oder Sätze. Immer aber ist es eine Form des Dialogs mit sich selbst, der erstaunliche Ergebnisse bringen kann oder auch nicht, je nachdem. Die Herausforderung ist es, für sich selbst zu entscheiden, was das nun geworden ist.

Donnerstag, der vierte, mehr zum Ende als zum Anfang. Anfang ist auch anstrengend, Arbeit, vielleicht in einem Stall, ausmisten, Kühe, Kühe mit Locken und Glocken … und Socken. Stroh, das pickst, Heuboden, Jugendabenteuer, aber nur auf dem Land. Löwenzahn in gelb, natürlich nicht rot , Rosen blühen und welken, auch in anderen Farben. Nachtfrost im März, gab es früher auch oft und viel ist erfroren. Die gelbe Rose, die den ganzen Winter durchgehalten hat, ist gestern Nacht erfroren. Vielleicht war sie ja schon tot und nur durch die Kälte in einen scheinlebendigen Zustand versetzt. Verglichen mit dem frischen Grün bemerkt man das dann. Aber auch das frische Grün ist letzte Nacht erfroren, mitten im Frühling und unter Coronaviren. Wie die auf Pflanzen wirken, weiß man ja nicht. Wahrscheinlich gar nicht, warum sollten sie auch. Gähnen, gähnende Leere, im Lagerhaus, auf den Plätzen, fertig, los  und 5 Minuten sind vorbei.

„Ich erinnere mich …“ Jutta Reichelt Tag 2

Bei Juttas Online-Schreibwerkstatt geht es am zweiten Tag darum, einen vorgegebenen Satz weiterzuführen. Ich habe mich für den folgenden entschieden:

„Ich erinnere mich, wie ich innehielt, mitten in der Bewegung.“ (Eugen Ruge Cabo de Gata)

Interessant an dieser Kreativtechnik finde ich, dass man ja tatsächlich jeden beliebigen Satz aus jedem beliebigen Werk dazu verwenden kann. Die Herausforderung ist es, sich an Stil und Sprachebene dieses Satzes zu orientieren damit er aus dem Text nicht herausfällt.

Ich erinnere mich, wie ich innehielt, mitten in der Bewegung, wie mein Sichtfeld sich einengte, wie ich, die gesamte Umgebung ausblendend, nur noch auf einen Punkt fokussierte. Ich war damals dreizehn oder vierzehn. Den Samstag Nachmittag verbrachte ich regelmäßig mit ein paar Freundinnen auf dem Eislaufplatz, neben dem Konzerthaus, schräg gegenüber vom Musikverein. Im Sommer diente der Platz den Freistil-Ringern und so bildete er einen Schnittpunkt zwischen Sport und Kultur, was mir damals allerdings überaus gleichgültig war. Die Gedanken in meinem pubertätsgeschädigten Kopf bewegten sich ziemlich ausschließlich um ihn. Er war als Person austauschbar. Heute staune ich darüber, wie schnell und umfassend ich damals die von mir ersehnten Eigenschaften und Charakterzüge von einem männlichen Wesen auf das nächste übertrug und dadurch jede Menge genau meinen Vorstellungen entsprechende junge Männer schuf. An diesem speziellen Tag, an dem für mich plötzlich von der Welt nur ein sichtbarer Punkt übrigblieb, stand er dort auf dem Eislaufplatz, zum ersten Mal.

Eine Enttäuschung oder vielleicht doch nicht ?

Ich habe das Buch gekauft, weil ich dachte, es wäre so etwas wie eine Schreibschule mit Tipps und Tricks. Es kommt mir ja an und für sich recht zweifelhaft vor, ob man kreatives Schreiben lernen kann, so nach dem Motto: „Sätze beginnt man mit ……“, „keinesfalls sollte man Wörter wie …….. “ verwenden und „die Anzahl der Adjektive wäre mit x pro fünfzig Wörtern gerade noch erträglich“. Dass dabei mit großer Wahrscheinlichkeit nur Steifheit und kein persönlicher Stil herauskommen kann, scheint mir klar. Trotzdem fand ich den Untertitel „Leben, schreiben, atmen“ doch sehr verlockend.

Gar nicht enttäuscht bin ich von den Texten der Autorin. Sie schreibt Alltägliches und Autobiografisches in einer Sprache, die mich wegen ihrer Schlichtheit und mangelnden Dramatik sehr anspricht. Am Ende jedes Textes gibt sie dann den Lesenden einen kleinen Anstoß zum Schreiben eines eigenen Textes.

Zum Beispiel endet ein Text mit dem Titel „wir lernen uns kennen“ folgendermaßen:

(…) Sie bringt mir Englisch bei, wie sie es spricht. Eine Menge selbsterfundener Wörter, die mich begeistern. Sie mischt sie mit jiddisch und spanisch. Sie sagt zu mir „Vámonos meschuggene chick“ p.68

Und dann die anschließende Schreibanregung:

Welche Wörter kennst du, die sonst niemand gebraucht? Wie nennst du den Matsch, den man braucht, um Sandburgen zu bauen? Bei uns hieß er Kalamatsch, die genau richtige Mischung aus Wasser und Sand, die man über Sandburgen tröpfelt.

Fällt es dir nicht ein? Fällt dir gar nichts ein? Es gibt eine Zauberformel, die immer funktioniert. Sie lautet: Ich erinnere mich an. Wenn mir nichts einfällt schreibe ich diese Zauberformel wieder und wieder: Ich erinnere mich an, ich erinnere mich an ….(1. Regel: Mach keine Pause!) Und irgendwann erinnere ich mich. Garantiert.   p.68

„Kalamatsch erinnert mich an Kala Nag. So hieß eine bestimmte Stelle auf einem Baum, auf den ich als Kind gerne kletterte. Kala Nag war ein Elefant und entsprechend hoch auf dem Baum war der Sitzplatz-auf-dem-Elefanten. Den Namen hatte er wahrscheinlich von meiner Mutter bekommen, die eine große Vorliebe für Geschichten aus aller Herren Länder hatte. Womöglich wäre sie gerne eine der großen reisenden Frauen geworden, wie Isabelle Eberhardt oder  Ida Pfeiffer. Tatsächlich wurde sie nach einem kurzen Intermezzo in der Arbeitswelt Hausfrau …….. „

Ich glaube gerne, dass durch so einen Ansatz persönliche, biografische Texte entstehen, mutige Texte, die eigene und fremde Erinnerungen wachrufen. Kein banales Aneinanderreihen von Wörtern. Wollte ich tatsächlich ernsthaft schreiben, müsste ich sicher durch eine biografische Phase, das eigene Leben abstecken, in Worte fassen. Erinnerung und Katharsis.

Nein, das Buch war keine Enttäuschung ….