Schlagwort: Philosophie

Verwirrung

Es ist über ein Jahr her, dass ich den letzen buddhistischen Vortrag gehört habe und der hatte mir nicht gefallen, aber gestern abend war es wieder so weit. Ich habe mir Lama Tsültrim Allione angehört, eine Frau mit einem sehr imponierenden Lebenslauf, die sich gegen das streng patriarchalische System des tibetischen Buddhismus durchgesetzt und eine eigene Gemeinschaft gegründet hat.

Hier gemeinsam mit Pema Chödrön (rechts) zu sehen, auch eine sehr beeindruckende Frau in diesem Umfeld.

Die Veranstaltung fand in der Sigmund-Freud-Privatuniversität statt, von der ich nicht einmal gehört hatte, auf dem Campus der Wirtschaftsuniversität. Viele meiner buddhistischen Freunde waren auch zu diesem Vortrag gekommen und ich habe die liebevolle, wertschätzende Atmosphäre, die in dieser Gruppe herrscht sehr genossen. Der Vortrag hat mir Bekanntes aus einem anderen Blickwinkel gezeigt.

Immer wenn ich in Berührung komme mit buddhistischer Weisheit fühle ich mich davon sehr angezogen und habe daher gestern nacht noch in der buddhistischen Abteilung meiner Bücher gekramt und bin dabei auf einen kleinen Text gestoßen, den ich sehr mag, der im Grunde die gesamte Philosophie des Buddhismus zusammenfasst und dem, so finde ich, nichts hinzuzufügen ist. Vor allem der letzte Satz beschreibt ganz trefflich, was die Welt im großen und jeder einzelne von uns dringend brauchen würde.

Möge mein Geist eins mit dem Dharma sein

Möge der Dharma zum Weg werden

Möge der Weg Verwirrung klären

Möge Verwirrung als Weisheit erwachen

 

Der dunkle Wald – chinesische Science-Fiction

Cixin Liu

„Der dunkle Wald“

Heyne: 2018

chinesisches Original: 2008

ISBN: 978 – 3 – 453 -31765 – 9

„Der dunkle Wald“ ist der zweite Teil der Trilogie, die mit „Die drei Sonnen“ begann. Sprühend vor originellen Ideen, ebenso wie der erste Teil! In „die drei Sonnen“ kommt es zu einer höchst absonderlichen Kontaktaufnahme zwischen der Menschheit und einem außerirdischen Volk, den Trisolariern.

Im zweiten Teil bereitet sich die in  neue Reiche und Gruppierungen aufgeteilte Menschheit auf den kriegerischen Zusammenstoß mit den Außerirdischen vor. 400 Jahre vor dem errechneten Datum der Begegnung beginnen die Vorbereitungen.  Diese Haupthandlung wird durch diverse Nebenhandlungen umflossen, die immer wieder völlig unerwartete, überraschende Wendungen bringen. Eine Kontinuität der handelnden Personen wird durch den Kunstgriff des Kälteschlafs erreicht.

Faszinierende Zukunftsbilder gibt es in diesem Roman. Etwa das Peking des 24sten Jahrhunderts, unterirdisch, ökologisch, schwebend… Oder die drei Weltraumflotten, die die Regierungen der einzelnen Länder ersetzt haben.

Im Laufe der Handlung gibt es mehrere verblüffende Wendungen und man muss bis ganz ans Ende warten um zu erfahren, was denn der dunkle Wald ist. Das Ende führt nochmals in eine ganz andere Richtung und so klingt das Buch anders aus, als es begonnen hat. Cixin Lius blühende Fantasie hat wohl auch für einen weiteren Band noch einige Überraschungen auf Lager. Ich kann das Erscheinen des dritten Bands kaum erwarten !

Zweifel an der Menschheit an sich

„Je besser die Völker einander kennen lernen, desto mehr scheuen sie begreiflicherweise vor der Idee der Menschheit zurück, weil sie spüren, dass in der Idee der Menschheit, gleich ob sie in religiöser oder humanistischer oder schwärmerisch kosmopolitischer Form auftritt, eine Verpflichtung zu einer Gesamtverantwortung entsteht, die sie nicht zu übernehmen wünschen“

Hannah Arendt zitiert nach „Profil“ Nr. 52/2017

Daggi 9 – das Evangelium nach Pilatus

Eric-Emmanuel Schmitt „Das Evangelium nach Pilatus“

Fischer Taschenbuch 2007

Originalausgabe : „L´Evangile selon Pilate“ Editions Albin Michel: Paris 2000, 2005IMG_7563

Aufgabe 10: ein Buch mit einem Tier oder einer Pflanze auf dem Cover

Mein dritter Schmitt ist ausgelesen. Es wird nicht der letzte bleiben, da gibt es noch mindestens einen Titel, der mich interessiert.

Auch dieser Text war ebenso flüssig wie interessant zu lesen. Der erste Teil spricht aus der Perspektive von Jesus als Ich-Erzähler, der zweite aus jener von Pilatus. Beide Erzähler haben – aus meiner Sicht – überraschende Züge und beide machen innerhalb des geschilderten Zeitraums erstaunliche Entwicklungen durch. Abschließend  gibt es noch einen kurzen dritten Teil, in dem die Gechichte des Romans und seiner Veröffentlichung erzählt wird.

Ich finde den Text ganz hervorragend geschrieben. Er hält die Balance zwischen der Erzählung der Handlung und spirituellen, mystischen und philosophischen Schleifen, die Schmitt die beiden Ich-Erzähler machen läßt.

Das verblüffende an Eric-Emmanuel Schmitt ist das von ihm so genannte „Gotteserlebnis“, das er in einer in der Wüste verbrachten Nacht  hatte und das ihn zum Gläubigen machte. Dieses Erlebnis finde ich beunruhigend, seltsam, unglaubwürdig, aber ich halte es nicht für einen Publicity-Gag. Schließlich hat das offenbar ganz besonders spirituelle Ambiente der Wüste schon vieles hervorgebracht