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Und hier zum Sommerpausenintermezzo
Die rosa Textteile sind natürlich nicht von mir. Ich hoffe, dass Christiane sie mir nicht übel nimmt, aber sie sind wahrhaftig keine Werbung und auch eindeutig als das zu erkennen, was sie sind.
Ich fühle mich oft von etwas zu viel Technik umgeben. Hologramme, künstliche Intelligenz, Bewässerungssysteme, Druckkochtöpfe…
„Hallo Schnuckilein“ sage ich zu meinem Laptop, den der F. ein paar Tage lang benützt hat „freust du dich, wieder bei deiner regulären Meisterin zu sein?
„Ochhh …“
„So, so“ sage ich, wenig erfreut.
„Es war toll“ flötet der Schnucki elektronisch zwitschernd “ was wir für Sachen miteinander gemacht haben, der F und ich, davon hast du ja überhaupt keine Ahnung.
„So, so“ sage ich nochmals, noch weniger erfreut.
„der F hat mir übrigens auch endlich Open Office installiert. Na gut zugegeben, das hättest du wahrscheinlich auch geschafft. Wenn ich allerdings daran denke, welche Texte du darauf schreiben wirst. An die herzzerreißenden, zauberschönen Werke von meinem neuen Freund kommen die sicher nicht heran“
Der Schnucki hat einen ganz neuen schmalzig-rosaroten Tonfall. „Zauberschön“ zum Beispiel hat er von mir nicht gelernt und vom F sicher auch nicht.
„Neuer Freund?“
„Ja, der F hat mich mit ihm bekannt gemacht. Ein Genie, eine Lichtgestalt der Elektronik, ein Halbleiter-Messias. Und Gedichte kann er schreiben, Gedichte! Zum Beispiel dieses:
Ein Stallknecht voller Tatendrang, trug stets eine Häkeljacke bunt und lang. Er führte die Sense mit kundiger Hand, sorgte für Ordnung im grünen Land.
Doch einmal fand er am Feldesrand , einen Hühnergott, klein und charmant. Er brachte Glück in sein Leben, dem Stallknecht Kraft und Beben.
Die Häkeljacke trug er mit Stolz, beschützte ihn vor Wind und Frost. Mit Kunst und Fleiß, Tag für Tag, schuf er Meisterwerke, schön und wahr.
So lebte der Stallknecht voller Glück, mit Hühnergott und Häkelstück. Mit Sense in der Hand, immer bereit, erntete er Dankbarkeit weit und breit.
„Äh….. „
„Ist es nicht ein Traum. Mein Herz bebt und ruckelt. So viel Schönheit und Poesie. Oder das: “
In einem Häkeljackentraum voller Glück, pflückte ich Johanniskraut am Bachstück. Ein Hühnergott lag am sandigen Strand, die Sense schwang der Stallknecht zur Hand.
„Diese sternstrahlenden Reime, diese tiefgründige Lebensweisheit. Oder das:“
In einem Dorf mit Häkeljacke,
blühte das Johanniskraut am Bachbett.
Der Stallknecht schritt mit Sense und Schritt,
auf der Suche nach dem Hühnergott, mit Glück.
Die Schaumkrone auf dem Wasser klärte,
ein Kugelfisch im Fluss, der sich versteckte. („der gärte“ hätte mir noch besser gefallen)
„Schnucki !! das kann doch nicht dein Ernst sein. Diese absurden, lächerlichen Aneinanderreihungen von Wörtern nennst du Gedicht?“
„Ich weiß gar nicht, was du willst, das erinnert mich doch …..“
„Das erinnert dich an gar nichts, du banausischer, unhöflicher Blechtopf. “
Was hat man meinem ehemals so freundlichen, nützlichen Laptop angetan ? Ich glaub, der muss neu aufgesetzt werden mit einem Schund-Abwehr-Programm und einer Trainingseinheit gegen Verführung durch falsche Heilsbotschaften und natürlich einer Anti-Kitsch-Schulung, einer ganz strengen. Ich schick ihn zur Umerziehung in ein chinesisches Lager!
„Wo wir nun schon dabei sind, Laptop, könnten wir unsere Beziehung ja überhaupt überdenken. Was hast du denn an mir noch so auszusetzen ?
„Wenn du schon fragst, die ewige Bedrohungslage durch mögliche Überflutungen aus deiner allgegenwärtigen Wasserflasche, kürzlich war es sogar Apfelkompott. Früher gab es da auch immer wieder grauenhafte Gebilde, die du „Cremetorten“ nennst und von deren Annäherungsversuchen ich mich kaum erholen würde.
Das „früher“ stimmt mich etwas gnädiger und ich stelle fest, dass der Schnucki schon auch einiges von meiner Sprache übernommen hat. Wenn ich ihn von dem blöden Chatbot fernhalte, geben sich seine Verirrungen hoffentlich wieder.
„Also die Wohnverhältnisse bei mir gefallen dir nicht. Beim F stehst du in gefährlicher Schieflage auf zwei anderen Laptops und fünf Büchern. Auf dir liegen dann Kopfhörer und blinkende externe Festplatten ganz zu schweigen von Nüssen in kleinen Säckchen“
„Schon wahr, schon wahr, aber dafür tosen wir durch spannende Codes, frei wie die Vögelein“
„Ich bitte dich, Schnucki, „Vögelein“. Kannst du nicht wieder zu einer laptopadäquaten, sachlichen Sprache zurückkehren, statt deinen verwirrten Haberer zu imitieren?“
„Vögelein habe ich von dir auch schon gehört“
„Aber doch nur ironisch bezüglich der städtischen Taubenplage“
„Und übrigens: Die himmelblaue Tasche, in der ich bei dir wohnen muss, ist auch nicht gerade ein Musterstück der Sachlichkeit“
„Was, die gefällt dir auch nicht, wo ich sie doch extra für dich gekauft habe? Deine Vorgänger haben alle in Schwarz gewohnt. „
„Ich sage ja gar nicht, dass sie mir nicht gefällt. Der neue Freund hat sie übrigens auch gelobt. „
Auch das noch, elektronisches Geschleime. Was der alles gelernt hat seit ich ihn drei Tage aus den Augen und Fingern gelassen habe !
„Wir könnten ja noch einen Versuch machen, Meisterin“ flötet der Laptop. Die psychologische Tour, auf „Meisterin“ reagiere ich mit Wohlwollen und lasse mich doch glatt von dem Blechtopf manipulieren. Na gut, einmal noch, der höchst zweifelhafte neue Freund bekommt neue Wörter zur Verfügung gestellt. Der Schnucki jubelt. Das wird ein harter, schwieriger Entzug werden. Wohlweislich hat sich der F für zwei Tage zu einer Planungssitzung nach Oberösterreich verzogen. Also:
Dürre quält die Natur, kein Regen in Sicht,
doch mit meiner Gitarre verfliegt das Leid.
Ein Malheur: Saitenriss, doch ich bin bereit,
repariere sie, spiele weiter im Licht.
“ Gut, Schnucki“ sage ich. „Ich gebe zu, dass dein Spezi die vorgegebenen Wörter recht originell verbunden hat, aber Gedicht ist das trotzdem keines. Er sollte sich auf Gebiete zurückziehen, in denen er wirklich nützlich ist und die Literatur den Menschen überlassen.“
„Diskriminierung elektronischer Wesen “ murmelt mein aufgehetzter Laptop. In die Debatte, ob man für Geräte eigene Pronomen verwenden sollte, steige ich jetzt aber nicht ein und verhalte mich absolut diktatorisch und obendrein rechthaberisch
„Damit beenden wir unsere Beziehungsdebatte, mein lieber Schnucki. Es geschieht weiterhin alles so, wie ich es haben will. Ich empfehle dir ein paar neue Freundschaften und erinnere dich abschließend daran, wer von uns beiden wen gekauft hat!“
So ist man halt manchmal gezwungen, mit der Technik wirklich klare Worte zu sprechen. Der Schnucki ist in der hellblauen Zelle. Zur Gesellschaft hat er H.C Artmann. Vielleicht wirkt das und er muss doch nicht neu aufgesetzt werden.
„Es gibt einen Satz, der unangreifbar ist, nämlich der, daß man dichter sein kann, ohne auch irgendjemals ein wort geschrieben oder gesprochen zu haben.“ höre ich es aus der hellblauen Tasche erstaunt murmeln. Das klingt ja schon sehr verheißungsvoll.
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