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Zuerst dachte ich „oje, da habe ich schwer daneben gegriffen, das ist irgendein öder Krimi, in dem hauptsächlich geschossen wird.“ Nachdem ich aber wieder einmal spanisch lesen wollte, habe ich das Buch dann doch nicht gleich weggelegt und das war eine ganz gute Entscheidung.
Es ist wohl ein Schieß-Krimi, aber er hat auch noch andere Aspekte. Zunächst die Sprache: argentinisch ist, sowohl was das Vokabular betrifft als auch in der Grammatik ziemlich weit weg vom europäischen Spanisch und so fand ich es recht interessant zu ergründen, wie zum Beispiel der Imperativ im Argentinischen funktioniert. Eine breite Palette argentinischer Schimpfwörter kam in den Dialogen so oft vor, dass ich sie mir mühelos gemerkt habe, ebenso wie ein paar andere interessante Wendungen und Vokabel.
Absolut spannend fand ich auch, wie im Argentinischen die Du-Form verwendet wird. Dass in allen südamerikanischen Ländern die 2. Person Plural, das „ihr“ nicht existiert sondern durch die 3.Person Plural ersetzt wird, ist ja nicht weiter schwierig, aber was man in Argentinien und einigen anderen Ländern aus der 2. Person Singular gemacht hat! Statt „tu eres“ heißt es „vos sos“, statt „tu tienes“ „vos tenés“ …
Abgesehen von der Sprache fand ich auch die beschriebenen gesellschaftlichen Verhältnisse spannend: extreme Korruption, extremer Machismo und Homophobie und eine schweigende Mehrheit. Sogar die beiden absoluten Saubermänner der Geschichte finden gar nichts dabei in ihren Kommissariaten ganz offene Zahlungsaufforderungen an Polizeigefangene zu richten um sie früher zu entlassen; das wäre eben einfach so üblich. Eine NGO, die sich offiziell um Transsexuelle Prostituierte kümmert, entpuppt sich als Menschenhandelsorganisation ohne dass dies irgendjemanden besonders erstaunt. Die Anzahl der korrupten Angehörigen der Nomenclatura, die sich als homo- oder bisexuell herausstellten, war dann zahlenmäßig doch etwas übertrieben. Viele Details am Rande und auch die Haupthandlung machen aus dem Buch ein ziemlich schockierendes Sittenbild der argentinischen Gesellschaft.
Die Personen sind nicht besonders vielschichtig, gehören zu 99% entweder zu den „Guten“ oder zu den „Bösen“ trotzdem fand ich die Charaktere und auch manche Dialoge recht interessant und auch die Haupthandlung gewann im Laufe der Geschehnisse an Komplexität.
Also nicht gerade ein überwältigendes Buch, aber auch kein ganz schlechtes.