Und das kleine Gespenst im Hintergrund …
Schlagwort: Burgenland –

Samstag 6.7.19 – Flamingos und ein Buddha
Auch bei Schwimmtieren gibt es offenbar Moden. Ich erinnere mich an aufblasbare Delphine und Wale, ein paar Krokodile und sonstige Schwimmtiere, dann kamen die Inseln mit Palme in der Mitte auf, und in einem anderen Bereich die Bananen. Gestern am See waren zwei Schwimmflamingos unterwegs, ein kleinerer in hellrosa, ein sehr großer in Flamingorosa und eine Riesenschildkröte. Wenn die Flamingos im Wasser waren, dominierten sie mit ihren beweglichen Köpfen das Badegeschehen. Mir gefiel die Schildkröte sehr gut, weil man die dahinter Schwimmenden nicht sehen konnte und der Eindruck war, dass einem die Schildkröte allein entgegenkam.
Die Wassertemperatur des Sees war noch angenehm erfrischend, was doch recht erstaunlich ist nach so vielen so heißen Tagen; der Neusiedlersee ist ja sehr flach und so hatte ich befürchtet, dass das Wasser lauwarm sein würde. Trotz des ziemlich vollen Badebereichs war es eine Freude den gestrigen heißen Tag im Wasser zu verbringen. Wir waren in Mörbisch, wo es gegenüber des Strands eine kleine Insel gibt und gleich an der Insel vorbei einen Kanal durchs Schilf, den die vorbeifahrenden Schiffe benutzen. Man sieht den oberen Bereich der Segel hinter dem Schilf vorbeiziehen, bei den Ausflugsschiffen sieht man die obere Plattform mit den Ausflüglern vorbeigleiten. Leicht surreal sieht das aus. Man kann sagen, dass der Schilfgürtel eigentlich den Blick auf den See versperrt, aber das Schilf selbst ist auch ein sehr schöner, abwechslungsreicher Anblick, außer man möchte einen Eindruck von Weite haben, dann muss man zu den wenigen Plätzen am Neusiedlersee fahren, wo es keinen Schilfgürtel gibt.
Der See ist seicht und hat einen steinig-schlammigen Grund. Der F hatte von Alpenseen mit glasklarem Wasser geschwärmt, aber die sind zu weit weg von Wien. An einem heißen Tag insgesamt ein paar Stunden im Auto mit glühenden Fenstern zu sitzen ist nicht unbedingt erholsam.
Zu den für mich noch ungeklärten Fragen zählt, wie gut ich mit dem neuen Hüftgelenk schwimmen kann und vor allem soll. Das Können ist ja leicht überprüfbar, aber das Soll bleibt doch eine sehr diffuse Sache, wenn dabei nichts weh tut und es also kein wahrnehmbares körperliches Kriterium zur Orientierung gibt. Während der Reha gab es einen Rückenschwimmkurs, aber die Frage, wie es mit dem Brustschwimmen aussieht, wurde immer mit dem Hinweis auf den einzigen diesbezüglich Allwissenden, den jeweiligen Operateur beantwortet. Da dieser leider auch nicht wirklich allwissend ist, nicht einmal im Bezug auf die von ihm eingesetzten Hüftgelenke, bleibt nur übrig alles selbst auszuprobieren. Und dafür ist der Moment gekommen, längst.
Nach einem ganz guten Abendessen machten wir noch einen Sprung zur Seebühne. Eine Requisite für die nächste Aufführung stand neben dem Restaurant herum: eine Buddhastatue. Ab nächster Woche wird „Land des Lächelns“ aufgeführt, eine meiner Lieblingsoperetten, da fließt die Sentimentalität in den Sommernächten am See. Nachdem ich im Normalbetrieb aber recht unsentimental bin, habe ich mich gefragt, aus welchen Materialien wohl die Requisiten einer Freiluftbühne sind, schließlich müssen sie auch starken Regen überleben. Malfreund D. müsste das wissen, der hat schließlich Theaterwissenschaften studiert.

Sonntag 31.3.19 – pralles Wochenende
Samstag war Maltag. Eine (für mich) neue Technik: Öl über Acryl. Samtweich zum malen, wunderschöne, leuchtende Farben, viel schöner als Acrylfarben, die letztlich ja Plastik sind. Allerdings brauchen die Bilder Wochen und Monate um zu trocknen, etwas weniger wenn Acryl unter dem Öl ist, aber immer noch lange genug. Dafür kann man auch nach Tagen noch verändern und darüber malen und das Leuchten der Farben bleibt bestehen auch wenn sie trocken sind. Es war ein wunderbarer Frühlingstag, Magnolien und Obstbäume in voller Blüte und dazu der Geruch der Ölfarben, Zutaten zum Glücklichsein.
Am Sonntag fuhren wir den Ort besichtigen an dem im Sommer die Mal- und Schreibkurse stattfinden. Es handelt sich um ein Landschaftsschutzgebiet in Niederösterreich. Am Rand des Naturparks gibt es eine ausgebaute alte Mühle, in der man sehr bequem wohnen kann. Von dort aus geht man etwa eine halbe Stunde bis zu einem alten Kloster, in dessen ehemaliger Kapelle gemalt wird. Es ist dort drinnen im Sommer sicher wunderbar kühl. Das Zimmer, das ich mir angesehen habe, war leider alles andere als kühl. Wenn es dort unter dem Dach bei jetzigen Außentemperaturen schon so warm ist …
Nachdem wir schon so nahe waren, machten wir noch einen Abstecher zum Neusiedlersee. Die ersten Boote liegen schon heraußen, halb Wien saß am See in der Sonne, was auch zu einem nicht ganz kleinen Stau beim Zurückfahren sorgte. Aber die Frühlingsatmosphäre am Wasser war so angenehm, dass es die Viertelstunde längeres Fahren unbedingt wert war. Blick auf Wasserflächen erzeugt bei mir die totale Entspannung, auch wenn ich weiß, dass ein Stoß Prüfungsarbeiten zuhause auf mich wartet. Das problemlose Gehen trug natürlich auch noch zur Begeisterung bei.
Keine Hasen am See
Intensiv melancholische Stimmung, heute am Neusiedleersee. Wunderschöne hohe Himmel, die weite Steppenlandschaft des Seewinkels, aber kühl und windig.Viel Nähe und Entspannung. F. hat in letzter Zeit so viel gearbeitet, dass ich schon das burn-out am Horizont sehe, aber es ist ein gutes Zeichen, dass er sich noch so gut entspannen und loslassen kann. Unseren geplanten, gemeinsamen Frühlingsurlaub mussten wir stornieren. Wildenten und -gänse fliegen in streng geometrischen Formationen und die Ornithologen laufen mit überdimensionierten Objektiven herum.Insgesamt sind aber nur wenige Menschen unterwegs, zu Fuß, auf dem Rad, auf Pferden.
Kalter Wind, auf den ersten Blick keine Spur von Grün, aber der Frühling bricht doch durch, auch wenn man es kaum mehr glauben würde. Wahrscheinlich wird jetzt alles sehr schnell aufbrechen und ausschlagen und innerhalb von ein paar Tagen wird es hier ganz anders aussehen.
Auch alte Bretter haben Frühlingsgefühle und können die unwahrscheinlichsten Farben annehmen.
Eigentlich
Eigentlich wollten wir baden gehen am Meer der Wiener, am Neusiedlersee. Es war seit Tagen ausgemacht. Eine Freundin sollte uns abholen, damit wir nur mit einem Auto fahren. Wir fuhren auch mit einem Auto, aber im strömenden Regen. Es war eigentlich großartig, die extreme Hitzewelle gebrochen, kühle Luft, Wasser für die Landwirtschaft, aber eigentlich wollten wir eben baden gehen.
Nun denn, wir haben die Badesachen im Auto gelassen und sind nach Eisenstadt gefahren, in die nette kleine Hauptstadt des Burgenlandes und haben beschlossen das dortige Barockschloß zu besichtigen. Es war recht interessant, wir erfuhren zum Beispiel die schockierende Tatsache, dass noch heute 1/5 des Burgenlandes der Familie Esterhazy gehört. Wieviel ihnen in Ungarn und anderen Nachbarländern noch gehört, möchte ich gar nicht wissen. Esterhazyrostbraten fällt mir ein und Esterhazytorte ….
Ein höchst unbarockes Kunstwerk ist mir auch ins Auge gesprungen.
Rust 2 – Sonne und Schilf, Eile und malen
Es ist ja nun auch schon wieder eine Woche her, dass ich einen Tag Nebelschilf und einen Tag Sonnenschilf erlebt habe. So ein See kann verschiedenste Stimmungen vermitteln und hat damit auch viele Möglichkeiten mit seinen Bewunderern zu kommunizieren.
Wasserspiegelungen spielen wie immer eine große Rolle, aber auch der Wind. Schilf im Wind ist eine unerschöpfliche Quelle von Eindrücken, von Bewegtheit, Schärfe und Verschwommenheit. Es ist eine so ungemein lebendige Pflanze. Seltsames gab es in Rust auch zu sehen. Was könnte man nicht für Horrorgeschichten rund um dieses Foto schreiben ….. Gekreuzigte Ente, Voodoo ……
Nachdem ich vorhatte so pünktlich wie irgend möglich zu meiner Malgruppe in Wien zu stoßen, verabschiedete ich mich nach dem Mittagessen von diesem wenig interessanten Seminar und stapfte durch den Ort in Richtung Busstation. Vorbei an verschiedenen Arten von derzeit verlassenen Storcheneigenheimen. In der Straße durch die ich ging, gab es fast auf jedem Dach eines. Das Burgenland ist bekannt für seine großen Storchpopulationen mitten in den Orten.
Rust 1 – Wo ist der See ?
Ich war zu einem Seminar in Rust zitiert. Nun ist Rust ein sehr idyllischer Ort am Neusiedlersee mit einem sehr schönen Seminarhotel und daher freute ich mich auch auf den Ort, nicht auf das Seminar. In meinem Alter hält man selbst Fortbildungen oder hält sich von ihnen fern. Ausnahmen gibt es allerdings immer und die haben im Normalfall mit dem Ort zu tun , an dem solche Veranstaltungen abgehalten werden.
Ich stand – gefühlt – mitten in der Nacht auf und gondelte mit einem Bus durch das schöne Burgenland. Straßendörfer, Storchennester auf den Hausdächern, unzählige Heurige und Weinkeller, ungarisches Radio. An vielen Stellen Schneereste. Offenbar war es hier um die entscheidenden Zentigrade kälter als in Wien, wo es nicht geschneit hat. Es herrschte dichter Nebel, was einerseits sehr idyllische Ausblicke bot, für die Verkehrssicherheit aber doch nicht so optimal war.
Der Fahrer diskutierte mit einem mitfahrenden Kollegen, wie man Frauen behandeln müsse damit sie „brav blieben“. Ich wusste nicht recht, ob ich darüber lachen oder weinen sollte und entschloß mich dazu, aus dem Fenster zu schauen. Wir kamen pünktlich an und die Wellen der Langeweile schlugen über mir zusammen. Konnte ich zu dem Referenten sagen: „lieber A, was du da so stolz als deine neueste Erfindung vorstellst – und obendrein in ausufernder Langatmigkeit – haben wir schon vor 20 Jahren gemacht.“ Lohnt sich das ? Nein, eindeutig nicht. Ich verlängere lieber die Pause und schaue mich ein bisschen um.
Das Essen war bodenständig und ziemlich gut: Gansl mit Rotkraut und Serviettenknödel; so bin ich unerwartet noch zu einem Martinigansl gekommen. Der Nachmittag ist auch vergangen, schleppend aber doch. Inzwischen waren die Zimmer fertig. Sehr amüsant, hier wurde während der Hochblüte der Glaswandbadezimmermode renoviert. Die Wand zwischen Zimmer und Bad wurde ausgeschnitten und mit einer Glaswand versehen mit dem Ergebnis, dass man, wenn man duscht durch das Zimmer durchsehen kann, über den Balkon und direkt auf den See. Das Bett steht vielleicht einen Meter neben der Badewanne mit einer Glaswand zwischen beiden. Nachdem diese Mode aber offenbar hauptsächlich den Architekten gefallen hat, wurde eine Jalousie eingebaut, die man elektrisch über einen Schalter im Bad rauf- und runterfahren kann.Das Abendessen vergeht mit angenehmem Geplauder über die neuesten Neuigkeiten und wiederum sehr gutem Essen, dann ist mein Bedarf an Geselligkeit für diesen Tag gedeckt und ich mache mich auf zu einem Abendspaziergang zum See. Es war allerdings so neblig, dass der See nicht zu sehen war. Es gab ein paar Wege, die ich verdächtigt habe eventuell ans Ufer zu führen, aber ich habe mich nicht getraut, ihnen zu folgen, weil ich nicht gesehen hätte, wenn sie direkt ins Wasser geführt hätten.
Die Stimmung ist schaurig. Niemand ist zu sehen, aber aus dem Nebel sind Stimmen zu hören. Das beunruhigende daran ist, dass die Richtung aus der die Stimmen kommen nicht eindeutig zu bestimmen ist.
Hätte ich nur einen Blick auf die Homepage geworfen, hätte ich gewusst, dass das Hotel ein Schwimmbad hat und Badegewand mitgenommen Schade, aber selber schuld.
Sogar bei Tag sieht Schilf im Nebel etwas beunruhigend aus.
Es ist so still, wie es in der Stadt nie ist und ich schlafe bei gekipptem Fenster, kalte, saubere Luft ohne Feinstaub.
Künstler im Südburgenland
Ich bin in diesem Sommer ziemlich intensiv unterwegs, aber mein lieber F hat nur eine einzige mickrige Woche Urlaub, weil er erst im Mai mit seinem derzeitigen Job begonnen hat. Wir haben also gemeinsam eine Woche Urlaub im Südburgenland und der Südsteiermark gemacht. Beides sind Grenzregionen zu Ungarn und Slowenien.
Das Burgenland war eine sehr arme, bäuerliche Region, direkt am Eisernen Vorhang. Dank vielem Geld von der EU (das Österreich sicher großteils selbst eingezahlt hat, aber trotzdem …. ) hat es hier starke, strukturelle Veränderungen gegeben. Der Thermenboom, hat aus vielen Bauern Pensions- und Hotelbesitzer gemacht. Wir haben nur sehr wenige „aktive“ Bauernhöfe gesehen.
Hier findet man auch das Künstlerdorf Neumarkt an der Raab. Es ist ein Teil eines besonders hübschen Dorfs, bestehend aus einem Komplex alter originaler Bauernhöfe mit Nebengebäuden. Alles wurde nach und nach sorgfältig renoviert. Wir hatten das Glück eine Dame dort anzutreffen, die gerade einen Papierschöpfkurs abhielt und auch Fremdenführerin war. Eine dieser Allrounderinnen, die zur allgemeinen Bewunderung auch in nicht mehr ganz jungen Jahren von einer langen Reihe von künstlerischen und sonstigen Aktivitäten recht gut leben kann.
Sie erzählte uns die Geschichte der einzelnen Gebäude und des Dorfes insgesamt. Eine lange Reihe von Künstlern, von denen mir die Schriftsteller am bekanntesten waren (Handke, H.C Artmann) hat hier schon gearbeitet. Es finden auch jede Menge Workshops statt. Zwischenprodukte des Papierschöpfworkshops kann man im Hintergrund des ersten Fotos an der Wäscheleine hängend sehen.
Interessantes Detail: es gibt wenige Firmen, die professionell Strohdächer herstellen können. Für eine Dachsanierung oder ein neues Dach gibt es eine Vorlaufzeit von mindestens 3 Jahren. Von dem eigentlich ausgestorbenen Gewerbe der Strohdacherzeugung lebt es sich also recht gut. Das Dach im Hintergrund wurde vor kürzem „gekämmt“. Durch diese Wartung des Strohs wird die Wasserableitung wieder verbessert.
Es wird hier nicht nur gearbeitet sondern auch heftig gefeiert. Bei unserem Spaziergang durch die zentrale Wiese haben wir einen Sektkorken gesehen, der recht neu gewirkt hat 🙂 Das Burgenland ist eine Region der Künstler und Weintrinker, wahrscheinlich auch zahlreicher Alkoliker und vieler Störche und anderer Vögel ….