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Schlagwort: Zell am See
Energie aus der Höhe
Zuerst fuhren wir in den elften Stock eines Parkhauses und stellten dort das Auto ab. Dann ein Stück zufuß, Bus Nummer 1, Ein offener Lift um eine Steilwand hinaufzukommen, dann noch ein Bus und man ist beim oberen Stausee des Kraftwerks Kaprun. Es handelt sich um ein Wasserkraftwerk mit zwei gewaltigen Staumauern, eine davon auf über 2000 Metern

Es ist eine gewaltige Anlage, die nicht nur aus zwei Stauseen besteht sondern auch aus zahlreichen unterirdischen Verbindungen, die durch die Berge gebaut wurden. Schon jetzt erzeugt es eine Menge Strom soll aber noch weiter ausgebaut werden.
Wir mussten da unbedingt hinauf, denn ich bin ja mit einem studierten Wasserbauingenieur unterwegs. Aber, ich muss schon sagen, ich bin sehr beeindruckt! Die Landschaft ist gewaltig, die Seen, die Berge, die Gletscher und diese Leistung der Ingenieurskunst. Ich kann ja sonst auf Berge durchaus verzichten, aber diesem Eindruck konnte ich mich nicht verschließen.

Wie es aber nun so ist in österreichischen Landen und sicher auch in deutschen, wo man hinkommt stolpert man über neuere Geschichte von der beschämenden Art.

Der Bau wurde mitten im 2. Weltkrieg, im Jahr 1940 begonnen. Nachdem die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter nach Ende des Krieges nicht mehr zur Verfügung standen, sprang der Marshallplan ein. Kann man das nun geschickt finden oder moralisch verwerflich ? Ich weiß es nicht. Tatsache ist, dass das beeindruckende Werk fertig gebaut wurde und heute einen wichtigen Beitrag zur Energiegewinnung leistet.
Auf dem Gelände bei der oberen Staumauer steht auch noch ein seltsames Bauwerk „Heidnische Kirche“ genannt. Das Bauwerk ist eindrucksvoll, auf der Tafel fällt allerdings auf, dass die Toten erst ab 1947 gezählt werden, obwohl die Bauarbeiten 1940 begonnen wurden.

Ich halte nichts von Sippenhaft und es ist auch nicht so, dass es mir lieber wäre, wenn es dieses Kraftwerk nicht gäbe, ganz im Gegenteil, so wie die Zeiten sind. Trotzdem …
Geschmacksverirrungen
Ich schaue mir überall wo ich hinkomme die Gedenkstätten für Kriegsopfer an. Ob da die Rede ist von „Helden“ und „Gefallenen fürs Vaterland“ etc oder ob es eine verhältnismäßige neutrale Stätte ist, etwa mit Namen und/oder einem Hinweis auf die Schrecken des Krieges, einer Mahnung für den Frieden oder Ähnliches.
Was sich der Pfarrer von Zell am See gedacht hat, oder wer immer dieses Objekt dort aufgestellt hat, ist mir unverständlich. Viel geschmackloser geht es kaum. Es spricht ja nichts dagegen, Kerzen für Kriegsopfer anzuzünden und auch Geld dafür zu sammeln, aber in einem blank polierten, überdimensionalen Geschoss ? Eine Kanone in deren Rohr man Münzen hineinwerfen kann, wäre doch auch nicht schlecht, oder vielleicht ein Sarg ….
Saudi-Arabien en marche
Abgesehen von einer sehr schönen Landschaft mit See und Bergen gibt es im salzburgischen Zell am See eine weitere Attraktion: eine große Anzahl von Urlauber*innen aus Saudi-Arabien. Von der total verschleierten Frau unter einer Abaya, über Kopftuchträgerinnen mit freiem Gesicht bis zu ganz unverhüllten Frauen in bunter Bekleidung ist alles vertreten.
Vor etlichen Jahren, vor Corona, wurde in Österreich ein Vermummungsverbot eingeführt, das auch das Tragen von Burkas, Abayas und ähnlichen Kleidungsstücken, die das Gesicht verhüllen umfasst. Schon damals wurde die Frage diskutiert, wie denn nun mit Touristinnen aus arabischen Ländern verfahren werden sollte. Dann kam Corona und löste die Frage: die Frauen, die sich verschleiern wollten/ mussten, trugen statt des Gesichtsschleiers eine FFP2-Maske. Diese Lösung kenne ich, denn sie wird auch in Wien praktiziert. Dass das Tragen dieser Masken nichts mit medizinischen Erwägungen zu tun hat, sieht man daran, dass kein einziger arabischer Mann eine Maske trägt.
Es ist nun natürlich sehr unhöflich, zu starren oder gar zu fotografieren. Ich habe mich allerdings beider Faux-Pas schuldig gemacht. Ich dachte, was der Schwan darf, darf ich auch.
Ein nettes Erlebnis war es mit diesen beiden Frauen, die ich fotografiert habe, allerdings von weitem. Sie haben es trotzdem bemerkt. Die eine hat sich das Gesicht mit der Hand bedeckt, die andere hat ein Victory-Zeichen gemacht. Als wir dann aneinander vorbei gingen, haben wir alle drei gelacht.
Wir haben die saudischen Touristen überall angetroffen, rund um den See, beim Picknick in der Wiese, lächelnd im Regen, auf den Bergen, im Schnee. In mehr oder weniger geeigneter Bekleidung. Sehr gut gefallen hat mir eine Gruppe von fünf jungen Männern, die sich Anoraks und Stiefel ausgeliehen hatten, alle bei demselben Verleih, weswegen sie die gleichen Jacken und Stiefel trugen, was schon sehr urig aussah. Besonders lustig war aber, dass auf den Leihstiefeln hinten drauf, groß in weiß, die Schuhgröße zu lesen war. Diese fünf waren unmöglich zu fotografieren, denn sie sind mit der Energie und dem Schwung von Fünfjährigen im Schnee herumgekugelt.
Wenn man bedenkt, wie teuer und wie umweltschädigend eine Anreise im Flugzeug über mehr als 4000 Km ist, wäre es doch wünschenswert, wenn die Reisenden sich ihres Lebens erfreuen und ihre Umwelt wahrnehmen würden. Ist halt nicht immer der Fall