Schlagwort: Melk –

Melk und zurück

Auf dem Weg von PB nach Wien haben wir einen Bummel-Stopp in Melk gemacht. Das Stift ist wunderschön, von innen, von außen, von weitem und aus der Nähe. Trotzdem ist es für mich kein gutes Gefühl, dass es immer da oben thront und dass man in der Stadt immer darunter ist, immer aufschauen muss.

Im Gegensatz zu anderen Kleinstädten ähnlicher Größe, die Richtung Westen liegen, ist Melk, der Eingang zur Wachau, belebt. Es gibt Geschäfte mit hübschen, unnötigen Dingen, man sieht Menschen auf der Straße, Touristen, die Richtung Stift unterwegs sind. Die Stadt selbst hält ihre mittelalterlichen und etwas neueren Häuser gut in Schuss. Man hat – auch im Winter – die Wahl zwischen verschiedenen Lokalen, Veranstaltungen werden angekündigt. Das Gleichgewicht zwischen Ruhe und Belebtheit wird zumindest außerhalb der Saison gut gehalten. Weiter östlich im Kerngebiet der Wachau herrscht der Massentourismus.

Der Staub der Geschichte

Dieser wunderbare Geruch nach alten Büchern! Eine Mischung aus Staub und Gelehrsamkeit. Bei den Benediktinern heißt es ja „ora, labora et lege (bete, arbeite und lies).

Die Bibliothek in Stift Melk ist sehr eindrucksvoll, nachdem man aber nicht fotografieren darf, sind nur diskrete Fotos möglich, die einen nur sehr schwachen Eindruck von dieser großen Bibliothek vermitteln

Was abgesehen von den Büchern selbst und ihrer Anzahl sehr eindrucksvoll ist, ist die Art wie die Bücher gebunden wurden. Papier und Pergament waren kostbar und selten, die Schriften anderer Kulturen und gar Religionen aber nicht. So gibt es viele Bücher, die unter Verwendung von herausgerissenen Seiten anderer Bücher gebunden wurden, darunter viele Seiten hebräischer Schriften. Beim Renovieren der Bücher hat man eine Menge sehr kostbarer Dokumente gefunden, die als Material für das Binden anderer Bücher dienten.

Da bin ich gedanklich schon wieder bei AI Weiwei gelandet und der Frage, was wem kostbar ist.

3 Sorten Marmor

Nicht ganz einfach ist es mit einem langen Flatterkleid Rad zu fahren. Nicht ganz einfach, aber möglich und der Fahrtwind entschädigt dann für die Wickelaktionen.

Wie komme ich jetzt vom Flatterkleid zum Marmor? Neuronen mögen Hitze ja auch nicht und schalten auf sehr langsam um. Wenn also so ein langsamer Impuls von einem Flatterkleid-Neuron zu einem Marmor-Neuron schleicht, könnte er unterwegs anregende Begegnungen haben. Bis die aber in meinem Bewusstsein ankommen, vergeht auch wieder eine Weile.

Ich stelle also einfach das Marmorfoto hierher und gehe davon aus, dass es am Flatterkleid vorbeigekommen ist. Marmor ist nicht nur schön, sondern auch angenehm kalt, ob aber drei Sorten Marmor dreimal so kalt sind ? Wenn ja fällt mir vielleicht doch noch ein Übergang von Flatterkleid zu Marmor ein.

Nochmals Melk

Eine gute Erklärung für den Prunk, der in Melk und vielen anderen Klöstern betrieben wurde, ist die Monarchie. Die Monarchen und Monarchinnen wurden schließlich als von Gott eingesetzt betrachtet und so war auch außerhalb des sakralen Bereichs Prunk zu ihrer Ehre angesagt. Ein Satz von Maria Theresia wird in Melk gleich am Eingang der Austellungsräume prominent gezeigt, man kann nicht daran vorbeigehen.

Ein wunderbarer Treppenwitz der Geschichte ist, dass ihr ältester Sohn und Nachfolger, Josef II alle kontemplativen Klöster schließen ließ und auch allen anderen strenge Vorgaben machte. Im Gegensatz zu seiner konservativen Mutter war er ein aufgeklärter Herrscher, der viele Reformen wie die Abschaffung der Leibeigenschaft und das Toleranzpatent für Protestanten und Juden einführte.

Mittwoch 21.Juli 2022 – Reichtum

Nachdem die Prognosen von den 36 Grad nicht herunterkommen, muss man sich eben mit den bestehenden Verhältnissen so gut wie möglich arrangieren. Mittwoch war der bisher heißeste Tag, aber in den Prognosen für nächste Woche taucht auch schon ein 37 auf. Es zehrt, lässt sich aber nun mal nicht ändern.

Wir beschlossen also, es den mutigen Sommer-Reisenden gleich zu tun (winke, winke Margot) und fuhren zum Stift Melk. In den alten Mauern ist es schon kühler, außerdem sind die öffentlich zugänglichen Räume klimatisiert, ob wegen der Besucher*innen oder wegen der Kunstschätze sei dahingestellt. Interessieren würde mich auch, ob der Flügel in dem die Mönche leben ebenfalls klimatisiert ist.

Stift Melk, ein großes, imposantes Kloster, das extreme, barocke Pracht entfaltet, ist ein Benediktinerkloster. Ein Benediktinermönch legt drei Gelübde ab: die Ortsgebundenheit an ein bestimmtes Kloster, der klösterliche Lebenswandel und der Gehorsam. Von Armut oder Bescheidenheit ist da nicht die Rede, außer sie würde zum klösterlichen Lebenswandel gehören.

Einer von mehreren Innenhöfen des gewaltigen Bauwerks und ein Eingang. Leider war es mir nicht möglich eine Ansicht ohne Menschen zu fotografieren.

Die Fotos sind überhaupt – mit wenigen Ausnahmen -ziemlich schlecht. Die Verheerungen der Hitze sind eine gute Entschuldigung dafür, naja, eine einigermaßen glaubwürdige.

Ich nehme an, dass der extreme Reichtum an Kunstschätzen und alten Büchern als „zur Ehre Gottes“ interpretiert wird. Ein Motto der Benediktiner ist das Bibelwort 1 Petr 4,11 „Ut in omnibus glorificetur Deus“ (Auf dass Gott in allem verherrlicht werde.) Die Benediktsregel zitiert diesen Satz aus dem Neuen Testament im Zusammenhang mit den Klosterhandwerkern und dem Verkauf ihrer Produkte.

Wie dem auch immer sein möge, gibt es im Stift eine Fülle an Kunstschätzen zu bewundern, vor allem Kelche, Monstranzen und Messgewänder. Die Ausstellung zur Geschichte des Klosters ist sehr gut gemacht und hat auch durchaus selbstkritische, nachdenkliche Töne. Es werden etwa Zeiten beklagt, in denen der Tiefgang durch oberflächliche Rituale ersetzt worden sei.

Trotz Begeisterung für Kunst und Architektur, trotz interessanter Gespräche und trotz gewaltiger Sonnenschirme und Brunnen vor dem Restaurant wäre bei zehn Grad weniger alles viel schöner gewesen. Allerdings muss man auch sagen, dass bei nicht-klimatisiertem Auto alles um ein gewaltiges Vielfaches schlimmer gewesen wäre.

Dominanz der Kirche

F. hat mich von meinem Lieblingskurhaus abgeholt und wir haben auf dem Heimweg nach Wien Station in Melk gemacht.

Möglicherweise haben sich die Bewohner von Melk irgendwann gewissermaßen vom Himmel beschützt gefühlt. Ich finde die Dominanz des Stifts über der Stadt eher bedrückend. Es ist eine sehr hübsche, kleine Stadt, die wir aber bei der Wohnungssuche eben deswegen ausgeklammert hatten. Wir sind in der heiteren, belebten Fußgängerzone spaziert. Das letzte Mal als wir dort waren, war gerade harter Lockdown und wir haben das Auto mit dem Wiener Kennzeichen diskret abgestellt. Heiter war die Stimmung damals nicht und das Stift hat noch etwas dominanter gewirkt als sonst. Aber im Normalbetrieb ist Melk ein sehr angenehmer Aufenthaltsort. Gegenüber liegt auch ein großes Stück Donauauen, in dem wir schon gegangen sind.

Das Stift selbst ist auch barock-prächtig. Ein Benediktiner-Stift, das in seiner heutigen Form von Jakob Prandtauer in den Jahren 1702 bis 1746 errichtet wurde, aber schon auf mehr als 900 Jahre Geschichte zurück blicken kann. Die Stiftsbibliothek ist eine Fundgrube für alte Texte. Es wurden dort auch etliche Fragmente des Nibelungenlieds gefunden. Auch die Gärten sind eine Pracht, die ich bei nächster Gelegenheit mit Freude erkunden werde, PB liegt schließlich ganz in der Nähe. Allein schon der Ausblick von der Terrasse des Stifts ist einen Besuch wert.

Das Nibelungenlied, in dem Melk als „Medelick“ erwähnt wird, ist omnipräsent. Ich habe nie Mittelhochdeutsch gelernt, kann den Text also nur ungefähr verstehen.