Schlagwort: Berge –

Saudi-Arabien en marche

Abgesehen von einer sehr schönen Landschaft mit See und Bergen gibt es im salzburgischen Zell am See eine weitere Attraktion: eine große Anzahl von Urlauber*innen aus Saudi-Arabien. Von der total verschleierten Frau unter einer Abaya, über Kopftuchträgerinnen mit freiem Gesicht bis zu ganz unverhüllten Frauen in bunter Bekleidung ist alles vertreten.

Vor etlichen Jahren, vor Corona, wurde in Österreich ein Vermummungsverbot eingeführt, das auch das Tragen von Burkas, Abayas und ähnlichen Kleidungsstücken, die das Gesicht verhüllen umfasst. Schon damals wurde die Frage diskutiert, wie denn nun mit Touristinnen aus arabischen Ländern verfahren werden sollte. Dann kam Corona und löste die Frage: die Frauen, die sich verschleiern wollten/ mussten, trugen statt des Gesichtsschleiers eine FFP2-Maske. Diese Lösung kenne ich, denn sie wird auch in Wien praktiziert. Dass das Tragen dieser Masken nichts mit medizinischen Erwägungen zu tun hat, sieht man daran, dass kein einziger arabischer Mann eine Maske trägt.

Es ist nun natürlich sehr unhöflich, zu starren oder gar zu fotografieren. Ich habe mich allerdings beider Faux-Pas schuldig gemacht. Ich dachte, was der Schwan darf, darf ich auch.

Ein nettes Erlebnis war es mit diesen beiden Frauen, die ich fotografiert habe, allerdings von weitem. Sie haben es trotzdem bemerkt. Die eine hat sich das Gesicht mit der Hand bedeckt, die andere hat ein Victory-Zeichen gemacht. Als wir dann aneinander vorbei gingen, haben wir alle drei gelacht.

Wir haben die saudischen Touristen überall angetroffen, rund um den See, beim Picknick in der Wiese, lächelnd im Regen, auf den Bergen, im Schnee. In mehr oder weniger geeigneter Bekleidung. Sehr gut gefallen hat mir eine Gruppe von fünf jungen Männern, die sich Anoraks und Stiefel ausgeliehen hatten, alle bei demselben Verleih, weswegen sie die gleichen Jacken und Stiefel trugen, was schon sehr urig aussah. Besonders lustig war aber, dass auf den Leihstiefeln hinten drauf, groß in weiß, die Schuhgröße zu lesen war. Diese fünf waren unmöglich zu fotografieren, denn sie sind mit der Energie und dem Schwung von Fünfjährigen im Schnee herumgekugelt.

Wenn man bedenkt, wie teuer und wie umweltschädigend eine Anreise im Flugzeug über mehr als 4000 Km ist, wäre es doch wünschenswert, wenn die Reisenden sich ihres Lebens erfreuen und ihre Umwelt wahrnehmen würden. Ist halt nicht immer der Fall

Mittwoch 14.September – glänzender Nebel

In der Nacht ballt er sich zusammen, dicht und grau und undurchdringlich hüllt er alles ein und hält es kompakt und undurchdringlich fest. Morgens ist es neblig, im Tal scheint ein trüber, novembriger Tag bevorzustehen. Die Nebelwolken ziehen hin und her, wirbeln und reißen ihre Körper in Fetzen. Dann erscheint irgendwo ein erster blauer Schimmer, der wieder verschwindet, wieder auftaucht. Plötzlich wird der Nebel transparent, die Wälder, die Berggipgel tauchen auf, liegen aber noch hinter verhüllenden Schleiern. Dann zieht sich der Nebel ganz zurück, ein strahlender Tag mit Fernsicht steht bevor.

Mittwoch 12.August 20- gemäßigtes Wandern

„Gemäßigte Wanderschuhe suche ich“ sagte ich zu der Verkäuferin. „Wanderschuhe haben wir nicht“ sagte sie bedauernd. Nein, es ist durchaus nicht so, dass in Wien nicht nur die Kellner sondern auch die Schuhverkäuferinnen berufsmäßig mieselsüchtig sind. Gut, mit meiner Beschreibung konnte sie nichts anfangen. „Ich meine Qualitätssneakers, die über den Knöchel hinaufgehen“ Diese Beschreibung war besser gelungen, von dieser Kategorie Schuhe gab es jede Menge.

Sind sie nicht schön!

Der F braucht auch neue Bergschuhe, die er aber in einem Sportgeschäft zu kaufen gedenkt. Er hat aber auch die Absicht damit tatsächlich auf Bergen herumzusteigen, ich möchte mich hauptsächlich optisch etwas anpassen. Ich bin so froh, dass vorige Woche bei dem Sturz meiner Weltraum-Titan-Hüfte nichts passiert ist, dass ich sicher nicht auf die Idee verfallen werde, bergsteigerisch tätig zu werden. Es gibt wunderbare Gondelbahnen und Schmalspurzüge mit denen man hinauffahren und oben herumspazieren kann, auf Augenhöhe mit gegenüber liegenden Bergspitzen.

Allein mit der Natur ist man an solchen gut zu erreichenden Orten natürlich nicht. Wahrscheinlich werden eine Menge niederländiche Touristen unterwegs sein, die – ebenso wie ich – 2000 Meter für Hochgebirge und für wirklich ausreichend hoch oben halten. Viele meiner lieben Landsleute dagegen und zahlreiche deutsche Urlauber in besockten Sandalenfüßen halten sich für Gemsen, nein „Gämsen“ und müssen dann von der Bergrettung aus der Landschaft gepflückt werden. Wäre ich nicht so relativ bergfeindlich müsste man mich natürlich auch mit dem Hubschrauber retten. Nachdem ich aber außerdem noch Höhenangst habe, versuche ich das zu vermeiden, hoffentlich mit Erfolg.

BERGE.txt

Zu den ersten Dingen, die ich überhaupt über ihn erfuhr, gehörte seine Leidenschaft für die Berge. Nicht nur für seine heimatlichen Berge sondern für sämtliche Erhebungen in sämtlichen Landschaften. Ich habe zu Bergen kein Verhältnis. Das macht mich zu einer untypischen Österreicherin. Nachdem ich aber auch zu Lipizzanern kein Verhältnis habe, Walzer tanzen mich nicht in Ekstase versetzt und trinken und Schi fahren auch nicht zu meinen Leidenschaften zählen, kommt es jetzt auf die Berge auch nicht mehr an. Er aber liebt die Berge.

Bergsteigen ist ja wohl ein Sport wie andere auch, dachte ich. Dabei geht´s um Kondition, um Körpergefühl, um Erreichen und Überschreiten der eigenen Grenzen. Dazu kommt der Kick. Der Kontakt mit den Bergen bleibt gefährlich, auch mit noch so perfekter Ausrüstung. Die Endorphine fließen. Der genau richtige Tritt auf den einzig sicheren Punkt. Das Erreichen des Ziels, der Triumph, das Ganz-Oben-Stehen, an den Wolken, nichts um sich herum spüren außer Weite. Die feste Überzeugung auch noch genug Kraft und Konzentration zu haben um wieder hinunterzukommen. Das euphorische Gefühl der Körperbeherrschung bis in den letzten Muskel. So stelle ich mir das vor.

Dazu kommt auch noch das Interesse an Flora und Fauna, an Geologie, an der jeweiligen Region und ihren Menschen. Das nimmt er alles mit, er ist ein universell interessierter und gebildeter Mensch. Aber ob irgendetwas davon der tatsächliche Kern seiner Bergbegeisterung ist ?

Berge und sonstige Erhebungen können auch dazu dienen, auf die Fallen und Schlingen der Welt aus sicherer Entfernung hinunterzuschauen. Hinunter auf emotionale Verstrickungen, auf schwierige Beziehungen zu anderen und sich selbst. Räumliche Entfernung, der Blick von oben können entwirren, klären, Durchblick und Kontrolle ermöglichen oder vorgaukeln.

Nachdem mir das klar geworden war, hatte ich etwas wichtiges verstanden.

Mein Beitrag zum txt-Projekt