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Eigentlich mag ich sie manchmal fast alle ….

Sprachkenntnisse sagen oft vieles über das Leben der Menschen aus. Ein junger Mann zum Beispiel, der als Nationalität  Afghane angibt und als Muttersprache Farsi gehört wohl der Minderheit der Hazara an und ist im Exil im Iran aufgewachsen. Über das Leben von jemandem, der arabisch als Muttersprache angibt und als Heimatland „Palestina“ kann man auch viel spekulieren. Viele solche harte aber von außen betrachtet sehr interessante Lebensläufe haben unsere Abendschüler.

Ja, die interkulturellen Konflikte sind oft sehr schwierig zu managen und bringen uns an unsere Grenzen und darüber hinaus, dennoch empfinde ich meistens die Bereicherung stärker als die Probleme. Nicht immer, natürlich. Wenn eine Klasse nicht auf Sportwoche fahren kann, weil es dazu der Teilnahme von 70% der Schülerinnen und Schüler bedarf und in einer Klasse mehr als 25% muslimische Mädchen sind, die auf keinen Fall auswärts übernachten dürfen und Sport betreiben ohnehin nur in ganz geringem Ausmass, dann sehe ich in der Situation auch keine positiven Aspekte. Wenn dann andererseits der Vater eines solchen Mädchens in die Schule kommt und es ganz klar wird, dass er seine Tochter liebt und nur das aus seiner Sicht Beste für sie will, was soll man da sagen ….

Wenn zwei junge Erwachsene, ein Afghane und ein Tschetschene sich gegenseitig halbtot geschlagen haben, weil irgendjemandes Schwester irgendwas gesagt, getan oder nicht getan hat. Wenn die Brüder von Schülerinnen vor der Schule lauern um ihre Schwestern nachhause zu eskortieren oder auch auszuspionieren, dann bin ich wieder einmal am Rande meiner Toleranz angelangt. Aber dieselben Menschen, die ich immer wieder als untragbar und hoffnungslos empfinde, können sich dann manchmal wieder so verhalten, dass man sie richtig lieb haben könnte. Es ist ein ewiges Hin und Her, ein ständiges Erproben der eigenen Überzeugungen, ein immer wieder Überdenken und Revidieren und Neudenken.

Sich dem anderen Denken und Fühlen auszusetzen, lohnt letztlich und sei es nur wegen der eigenen Flexibilität des Denkens. Darüber, ob es gut oder schlecht ist, Kompromisse zu finden und zu leben, muss man nicht diskutieren. Ob gut oder schlecht, es ist unerlässlich, außer man möchte in Wolkenkuckucksheimen leben, sich vor jedem Schatten fürchten und stupide Parolen plärren, die nichts und niemanden voranbringen. Standpunkte, die sich nicht nüchtern und in ganzen Sätzen vertreten lassen, sind am Ende nicht allzuviel wert.

Interkulturelles

Innerhalb meiner eigenen Kultur wäre das eine unmögliche Äußerung,  eine grobe unhöflichkeit, ja geradezu eine Frechheit! Für den irischen Taxifahrer war es ein ganz normaler freundlicher Gruß. „Hello, darling“ hat er gesagt.                                                Der nächste taxler war ein älterer Herr offensichtlich indischer Abstammung. Der hat“ good evening,  madam“ gesagt. Ich gestehe das hat mir besser gefallen .                                                 Eine Kollegin meinte einmal, dass sie bei Überqueren der Pyrenäen von Süd nach Norden immer rasant altert. In Spanien wär sie noch eine „chica“ die Franzosen dagegen sagen „madame“.

Kulturcrash und Religionsverwirrungen in losen Sätzen

In der Schule haben wir immer wieder interkulturelle Probleme. Der neueste Fall hat es besonders in sich. Eine Schülerin aus einer tschetschenischen Familie schreibt gemeinsam mit einem österreichischen Schüler eine Projektarbeit. Die Familie des Mädchens hat nichts dagegen, soweit wäre die Sache ganz problemlos, wäre da nicht eine österreichische Mitschülerin, die sich in den jungen Mann verliebt hatte, dabei aber auf kein Interesse seinerseits stieß. Um sich zu rächen hat sie nun die tschetschenische community gegen diesen Schüler aufgehetzt und  ihm selbst auch Drohbriefe geschrieben. Ob die Tschetschenen ihrem Ruf der heftigen Gewaltbereitschaft entsprochen haben oder nicht, wird von der Polizei untersucht. Der von diesem massiven Mobbing betroffene Schüler hat jedenfalls Angst allein auf die Straße zu gehen und läßt sich von seinem Bruder in die Schule begleiten….

Dafür wieviel Sprengstoff im Zusammentreffen so vieler Kulturen, Sprachen und Religionen liegt, funktioniert der Alltag in unserer Schule ohnehin ziemlich gut. Nur manchmal eskaliert das eine oder andere.

Zwei junge Frauen stehen mit ihren Wachturmaustellungsregalen auf Rädern im Eingangsbereich der U-Bahn. Auf dem einen Wagerl steht „Gratis-Bibelkurse“, das andere ist ganz in arabischen Lettern gehalten, die wohl  für die Zielgruppe verständlich sind. Beide Transportregale sind mit den typischen Zeichnungen der Schriften der Zeugen Jehovas bebildert.  Höchstwahrscheinlich gibt es viel mehr Zeuginnen als Zeugen Jehovas, aber die oberen Ränge dieses Finanzkonzerns sind sicher mit Männern besetzt.