Der Schlamm – Impulswerkstatt

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Es ist nicht einfach, seinen Abscheu zu verbergen und im Lauf der Jahre wird es zusehends noch schwieriger. Abscheu vor den Menschen, die vorbeirennen, Abscheu auch vor jenen, die stehenbleiben und mit Münzen klimpern, Scheine sind es nie. Die Mundwinkel lassen sich nicht mehr hinaufziehen, die Augen strahlen schon lange nicht mehr. Was gäbe es denn schon, die Welt ist kaputt, die Menschen krank, die Musik nur noch Mittel zum Zweck, zum Überleben, und das schlecht.
Keine Lust, keine Freude, nur Abscheu, der alles verklebt, alles verdreckt. Er kriecht über das Pflaster aus allen Richtungen heran und irgendwann wird die Welt versinken in seinem aggressiven Schlamm, gefärbt irgendwo zwischen dunkelgrau und mittelbraun, ein fahler, toter Ton ist auch dabei und das Schmatzen des Schlamms. „Kalinka, kalinka, kalinka moja“ Die sorgfältig polierten Schuhe dienen als Indikator für die Höhe des Drecks. Wenn sie nicht mehr glänzen, ist es Zeit zu gehen.
Die Pferdemaske versteckte sich in einem Hinterhof, wahrscheinlich vor ihrem früheren Besitzer oder vor den Pferden, die sie nicht für voll nahmen, Jetzt hat sie eine neue Rolle gefunden. Ein Glücksfall. Es ist heiß unter der Maske, die Luft zirkuliert schlecht, doch die Anonymität ist der neuen Besitzerin das alles wert. Was immer ihre alte Verwendung gewesen sein mag, jetzt dient sie zum Maskieren des Abscheus, zum Verbergen der Verachtung und zum Verschleiern der Identität. Und die Passanten lachen darüber, und die Münzen klimpern etwas heftiger, es reicht schneller für den Burger und die Suppe und das Bett für eine Woche beim Vinzi. Kalinka …

Puzzleblumes „Kalinka“ hat mich nicht losgelassen. Vielleicht könnte der Ohrwurm jetzt hierbleiben…

43 Gedanken zu “Der Schlamm – Impulswerkstatt

          1. Eben. Auch Hüte, Mützen und Co. könnte ich nicht aufsetzen.😬
            Oder Beautygeschäfte die einen schminken…
            Ich bin da echt empfindlich. Lach…

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  1. So musste es ja kommen, dass dieses Liedthema grassiert – nein: weitergaloppiert. Eine Geschichte vom fetten Leben ist das ja nicht. Den Grund für den Pferdekopf habe ich auch schon dahingehend überlegt, dass jemand nicht wiedererkannt werden wollte, und dann festgestellt hat, dass die miefige Tortur unter der Plastikmaske ein paar Münzen mehr einbringt. Du hast das gut zum Ausdruck gebracht, auch dass eine Frau darunter steckt, ist ein guter Grund, denn weibliche Strassenmusiker dieses Genres sind ausgesprochen selten, wenn ich meine Erinnerungen so durchgehe: da war keine Frau dabei. Wer weiss, welche ungeschriebenen Gesetze da wirken.

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    1. In Wien gibt es so viele Straßenmusikanten, dass aus rein statistischen Gründen Frauen dabei sind. Die auffallendste Erscheinung ist eine Harfinistin, die immer zwischen blühenden Rosen an einem bestimmten Platz sitzt und ihre C Ds verkauft. Was immer sie im Winter macht…

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      1. Bei Harfenistinnen und Rosen denke ich untrennbar an die musikalischen und von René Bardet gesprochenen Heinrich Heine-Vertonungen mit Andreas Vollenweider (Harfe) und Orlando Valentini an verschiedenen anderen Instrumenten von 1977.

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  2. Tatsächlich waren alle Straßenmusiker, die ich hier in Bari gesehen habe, männlich. Die Meisten sind auch ziemlich fest an bestimmten Plätzen anzutreffen und ihre Musik ist wirklich gut.

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  3. Ich kenne etliche Straßenmusiker:innen, die solo oder auch in Gruppen auftreten, die Spaß an der Freud haben und sich keinen anderen Job vorstellen können. Die fühlen sich in keinster Weise gedemütigt, und verabscheuen auch nicht im geringsten ihre Mitmenschen, im Gegenteil.

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      1. Es gibt eine richtig gute Jazz-Combo – Honest Talk – die wird seit Jahren schon regelmäßig von einem Luxushotel in Dubai engagiert und spielt dort in den kalten Jahreszeiten. Und in den warmen Monate stehen sie regelmäßig mehrmals die Woche am Eingang zum Münchner Hofgarten und musizieren zum Entzücken aller. – Da fällt mir ein, dass ich demnächst mal dort vorbei schauen sollte, vielleicht haben die Jungs inzwischen ne neue CD produziert. 😉

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