Gestrandet in Tribuswinkel, im Nebel

Tja, also F. und ich wollten einen Ausflug machen. Hauptsächlich F, ich gehöre eher zur Familie der Stubenhocker, aber nachdem ich weiß, dass mir nach anfänglichen Widerständen Ausflüge immer gut gefallen, war ich einverstanden. Allerdings hatten wir sehr verschiedene Vorstellungen von einem gelungenen Ambiente. Ich wollte gerne Wasser, Nebel und die melancholische, träumerische Stimmung auskosten. F wollte Sonne, klare Sicht und möglichst keine Melancholie. Nicht wirklich einfach, diese beiden Vorstellungen auf einen Nenner zu bringen. …. Wir einigten uns darauf, dass ich im nebligen Tribuswinkel ausgesetzt und in ein paar Stunden wieder abgeholt würde, während er ein Stück weiter Richtung Sonne fahren würde.

Tribuswinkel ist ein winziger Ort, der genauso aussieht wie andere winzige Orte, aber den Vorzug hat, dass der Wiener Neustädter Kanal dort vorbeifließt. Dieser Kanal ist das Überbleibsel eines ehrgeizigen Projektes vom Beginn des 19.Jahrhunderts. Er wurde 1803 in Betrieb genommen und diente dem Transport von Holz, Kohle und Ziegeln nach Wien. Durch den Bau mehrerer Staustufen wurde der Kanal auch zum Energielieferanten für den Betrieb von Mühlen und Sägewerken und wurde auch  zum Schneiden von Eisblöcken für die Kühlung von Lebensmitteln genutzt.

Heute ist der Kanal ein beliebtes Erholungsgebiet und sehr geeignet für Nebelspaziergangsliebhaberinnen.

IMG_6369Genauso hatte ich plötzlich den Kontrast zwischen scharfen, eindeutigen Konturen und nebelverwaschenen Schemen vor Augen. Ein Grenzbalken zwischen der alltäglichen Welt und den Zauberbereichen ….  IMG_6373Nebel über Wasser finde ich besonders ästhetisch

IMG_6382Was habe ich mich nicht bemüht, diesen Turm gerade zu bekommen ! Er hat sich aber sowohl beim Fotografieren als auch auf dem Bildschirm der Geometrie völlig verweigert. Es muss wohl am Aufnahmewinkel liegen. Die weitaus attraktivere Theorie ist aber, dass es eben ein Turm aus dem nebligen Feenreich ist, der sich dem spießig-menschlichen Anspruch auf Geradheit elegant widersetzt.IMG_6386

25 Gedanken zu “Gestrandet in Tribuswinkel, im Nebel

  1. Siehste, und das ist der Grund, immer mehrere Bilder von einem Motiv zu machen, auch mal einen oder zwei Schritte zur Seite zu gehen, zu zoomen oder was weiß ich noch. Frei nach dem Motto: irgendwann wirds schon brauchbar (im Sinne des Erwünschten) sein. …
    Liebe Grüße
    Christiane ⭐
    die Nebelbilder auch seeeeehr faszinierend findet

    Like

  2. Ich finde die Aufnahmen schön und stimmungsintensiv.
    Muss denn immer alles gerade sein, ich meine, man kann doch die Fünf auch mal…
    Oder eine Stehleiter dabeihaben und wenn der Platz garnicht reicht, dann im zweiten Stock bei den Nachbarn gegenüber klingeln und fragen ob mal mal rasch den Turm aufnehmen darf.
    Abendlichschöne Grüsse aus dem Diaguggerbembelland, Ihr Herr Ärmel

    Like

      1. Kichern Sie immerhin… es geht um die Höhe der Aufnahmeposition. Oder Sie investieren in ein Tilt-Shift-Objektiv, mit dem Sie die stürzenden Linien ausrichten können. Wenns allerdings in diese Richtung gehen sollte, würde ich doch eine Grossbildkamera empfehlen. 😉

        Like

        1. Ach so, merke: Türme von unten werden schief ! 🙂
          Nein, investieren möchte ich derzeit nur in Übung und Erkenntnis und danke Ihnen herzlichst für Ihre konstruktiven Beiträge dazu.Wenn dann die Bilder mehr und mehr so aussehen, wie ich mir das vorgestellt habe, werde ich darüber nachdenken, ob ich eine Spiegelreflex- oder gar eine Systemkamera haben möchte/sollte …

          Like

          1. „Ach so, merke: Türme von unten werden schief !“, naja, Parallelen treffen sich im Unendlichen. Menschen haben zwei Augen und ein die optischen Wahrnehmungen verarbeitendes Hirn. Dadurch erscheinen uns die Linien parallel wenn wir z.B. an einem Kirchturm emporschauen.
            Eine Kamera hat nur ein Auge und kein Hirn und „sieht“ die Dinge, wie sie tatsächlich sind.
            Deshalb geht man bei hohen Gegenständen möglichst weit weg für eine Aufnahme.
            Dann verändert man die Brennweite Richtung Tele, um das Bild zu füllen. In altstädten gilt, da meist nicht ausreichend Abstand vorhanden ist, das zuvor Geschriebene, also entweder die Stehleiter oder die Nachbarn bzw. die Anwohner…

            Like

            1. Ja, verstehe. Ich muss die hübsche Vorstellung einstampfen, dass die Kamera genau das darstellt, was ich sehe.
              Ich muss mir noch überlegen, ob es mir besser gefällt, fremde Leute in ihren Wohnungen überfallsweise zu besuchen oder immer eine Leiter mitzuführen. Schwierige Entscheidung :mrgreen:

              Like

              1. Hinsichtlich optisch-räumlicher Erscheinungen auf jeden Fall. Aber Sie haben von Frau Christiane und mir jetzt erste Hinweise bekommen.

                Mir ist die Leiter auch näher. Aber Assistenten sind immer schwieriger zu bekommen 😉
                Das berühmte Fotografenpaar Becher aus Düsseldorf transportierte das Geraffel in einem VW-Bus. Auf dem Dach waren selbstverständlich Leitern. Und eine Vorrichtung um die Leitern auch auf dem Dachgepäckträger nutzen zu können.

                Sonntagmittägliche Grüsse aus dem überaussonnigen Bembelland, Ihr Herr Ärmel

                Like

  3. die Mischung aus Romantik und technischer Wissbegier imponiert mir. Grüße von unter dem sich gerade grau beziehenden, aber nebellosen griechischen Himmel.

    Like

    1. Nun ja, der Mensch hat mehr als eine Facette…
      Gibt´s überhaupt Nebel in Griechenland ? So ein Tempel in vorbeifließenden Nebelschwaden wär schon ein lohnender Anblick !

      Like

    1. Na bitte, das kundige Auge erkennt so einen Turm gleich 😉 Ich wurde ja freiwillig ausgesetzt und habe den Nebelspaziergang sehr genossen. Fs Sonnenspaziergang war dann lang nicht so zufriedenstellend

      Like

  4. Der Nebel. Er hüllt uns ein – oder schließt die Welt, zumindest die entfernte, aus. Man fühlt sich geborgen im Nebel, feucht umschlossen. Wer hier Parallelen erkennt (haha, hallo Herr Ärmel!) … hat vielleicht richtig erkannt.

    Liebe Grüße

    Like

Hinterlasse einen Kommentar