Mittwoch 28. Februar – Blüten und Magyaren

Dass alles keimt und blüht finde ich eher bedrückend als erfreulich, weil die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass es nochmal kalt wird und dann alles abfriert. Das Pfirsichbäumchen vor meinem Fenster hat schon ein paar Blüten geöffnet und viele andere sind nah daran. Gerne würde ich ihm sagen „warte doch noch“ , es schaut aber stur in die andere Richtung und will mir ganz offensichtlich nicht zuhören.

Morgen endet der intensive Ungarischkurs, der ordentlich anstrengend war aber doch auch einiges weitergebracht hat. Wir fahren demnächst ein paar Tage nach Héviz, zum Entspannen für den F, zum Ungarisch üben für mich. Letzteres wird allerdings nicht einfach sein, weil es normalerweise so ist, dass viele Ungarn Deutsch können und potentielle Unterhaltungen mit Österreichern ihrerseits als Übungsgelegenheit nutzen wollen, oder es ist ihnen zu mühsam mit Leuten zu kommunizieren, die Ungarisch radebrechen. Wer außer den Muttersprachlern kann schon wirklich gut Ungarisch? Das heißt, dass man üblicherweise wenn man Einheimische auf Ungarisch anspricht eine Antwort auf Deutsch bekommt und sehr beharrlich sein muss um es eventuell zu einer kurzen ungarischen Unterhaltung zu bringen.

Eine besonders nette Anekdote dazu hat eine Kurskollegin gestern erzählt. Sie hätte – ihrer Meinung nach in leidlich korrektem Ungarisch – jemanden etwas gefragt und dieser Ungar hätte ihr mit „no english“ geantwortet. Wir haben sehr gelacht.

37 Gedanken zu “Mittwoch 28. Februar – Blüten und Magyaren

  1. Die „No English“-Nummer ist wirklich herrlich, zumal viele Ungarn, die ich kennengelernt habe, exzellentes Englisch sprachen, weil zumindest Studierende oft im Ausland waren. Manche Familie, die ich traf, wollte unbedingt, dass die Kinder frühzeitig Deutsch lernten, um ihre späteren Chancen zu erhöhen. Aus dem Bekanntenkreis erwog jemand, deshalb nach Österreich zu ziehen und selbst zur Arbeit in Ungarn zu pendeln.

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    1. Irgendwie ist es etwas beschämend, wie wenige Österreicher*innen Ungarisch können und wie viele Ungarn Deutsch. Man kann als Argument zwar anführen, dass die Ungarn ja Englisch lernen und damit schon einen Zugang zu indoeuropäischen Sprachen haben aber trotzdem …

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          1. Wir haben einmal gelesen, dass es sieben Generationen braucht, dass geschichtliche Ereignisse tatsächlich Vergangenheit sind. (Bitte frag uns nicht wo, aber es schien uns nachvollziehbar.) ….. Wir können uns z.B. über die Erinnerung an unsere Großeltern und unsere Urgroßmutter, die bis zu unserem 12 Lebensjahr lebte, gut in diese Zeit zurück versetzen und wir denken, dass im Unterbewusstsein oder unbewusst noch mehr Verbindung zur Monarchie schlummert. Aus welchem Grund werden sonst auch heute noch diese Zeiten über TV Serien wiederbelebt und finden solches Interesse? (Sisi-Serie https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sisi_(Fernsehserie))

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                1. Jetzt ist uns aber noch die durchaus erwiesenen transgenerationalen Traumata eingefallen, die hinsichtlich Holocaust, DDR, sehr gut erforscht sind. Weshalb sollte es nicht ein transgenerationales Wissen auch über die Zeit der Habsburger Monarchie geben? Da ist bestimmt genug vorgefallen, das von Generationen verdrängt wurde oder unbewusst ist. Psychotherapie und ein Interesse für Traumafolgen gab es damals noch nicht Ein interessanter Beitrag hier über die ehemalige DDR. https://www.deutschlandfunk.de/traumavererbung-bis-ins-vierte-glied-traumata-praegen-auch-100.html
                  Wir finden etwas über hundert Jahre eigentlich nicht lange, um zu vergessen.
                  Hier Infos über die Forschungsarbeit der Sigmund Freud Uni. Interessanterweise von einer Frau ungarischer Abstammung, wenn wir den Namen ansehen.
                  https://ptw.sfu.ac.at/de/fakultaet/institute/transgenerationale-traumauebertragungsforschung/

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                  1. Ich zweifle nicht an transgenerationalen Traumata, bin ich doch selbst davon betroffen. Dass man aber wegen politischen Situationen oder auch Kriegstraumata auf die Idee käme eine Sprache zu lernen, wundert mich. Möglich ist aber vieles, natürlich …

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  2. Das „warte noch“ möchte ich dem blühenden Büschen und Bäumen auch ab und an gerne zurufen. Auch die ersten Bienen habe ich schon gesehen und hoffe für sie, dass es nicht viel zu früh war sich nach draußen zu wagen.
    No english….lustig, wenn man es mit Humor nimmt. Mir antworten noch heute einige Italiener auf Englisch und ich muss ihnen dann erklären, dass mein englisch leider ganz sicher schlechter als mein italienisch ist. Ich bekomme meinen bayerischen Akzent einfach nicht raus.

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    1. Die Weltsprache ist ohnehin eher schlechtes Englisch mit starken regionalen Akzenten 😉
      Bienen habe ich noch keine gesehen. Ich hoffe sie haben noch andere Aufwachkriterien als die Temperatur. Etwa die Tageslänge

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  3. So ähnlich ging es mir nach meinen 4 Unterrichtsjahren Polnisch auch immer, wenn ich nach Polen (Oberschlesien) gefahren bin, wo meine Verwandtschaft lebte. Dort konnten auch viele deutsch und ich bekam deutsche Antworten, obwohl ich so „hochpolnisch“ gefragt hatte. – Aber die haben schon geahnt, dass ich dann die Antwort eh nicht verstanden hätte.

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      1. Wir frischen gerade unser Schul Französisch auf und als wir es im Beisein der nur französisch sprechenden Eltern unserer Nachbarin erwähnten hat der Vater sofort französisch mit uns gesprochen. Sie haben sich bemüht geduldig zu sein, was aber wohl auch daran lag, dass sie kein Deutsch sprechen. Man hat ihnen die Ungeduld etwas angemerkt, wenn sie besonders langsam gesprochen haben.

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  4. Jó reggelt kívánok!

    Wie kommt es, dass Du Ungarisch lernst? Ich bin ja noch recht neu hier auf Deinem Blog und noch unwissend. 🙂

    Ich kann nicht beurteilen, wie es heute ist, aber früher haben sich die Ungarn, vor allem in Budapest, immer sehr gefreut, wenn man bemüht war, sich mit ihnen zu unterhalten. Schon schade, wenn sich das geändert haben sollte. Oder es lag daran, dass mein Partner Ungar war?! Ich weiß es nicht.

    Auf jeden Fall wünsche ich Euch eine ganz bezaubernde Zeit im tollen Magyarország.

    Barbara

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    1. Jó napot kivánok !

      Ich habe eine wirklich schwierige Sprache gesucht um mein Hirn in Schuss zu halten und bin dabei – logischerweise – auf Ungarisch gestoßen. Es hat obendrein den Vorteil, dass man von Wien aus sehr schnell und unkompliziert nach Ungarn kommt. Etwa in einer knappen Stunde mit dem Zug nach Sopron und Budapest ist auch nicht weit weg.
      Ja, ich finde auch, dass es in Ungarn sehr viele nette, freundliche Leute gibt, die sich auch freuen, wenn man versucht, sie in ihrer Sprache anzusprechen. Wahrscheinlich antworten sie aber – auch aus Freundlichkeit – sehr oft auf Deutsch 🙂
      Ich freue mich sehr hier auf meinem Blog schon die dritte Person „getroffen“ zu haben, die Ungarisch kann.
      Liebe Grüße

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  5. Das gilt leider für viele Sprachen Osteuropas, Polen, Serben, Tschechen,… viele lernen Deutsch, die meisten können wohl heute Englisch, aber wie viele deutschsprachige Menschen lernen osteuropäische Sprachen??? Wirtschaftlich unattraktiv? Ich weiß es nicht.

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