Ping Pong, der zweite

Jutta Reichelt lädt zum Schreiben von Ping-Pong-Texten ein. Da bin ich doch unbedingt dabei.

Das ist Juttas Ausgangstext:

Sie wollte das Wort nicht in den Mund nehmen. Sie konnte es ja selbst nicht mehr hören. War froh, wenn es ihr aus dem Kopf herausfiel, wenn sie nicht daran dachte. Abends passierte das manchmal, wenn sie eine Serie sah, in der es noch kein … (aber das war doch jetzt auch kindisch, wenn sie es nicht aussprach, als wäre damit irgendetwas gewonnen) … also … jetzt hatte sie den Faden verloren. Faden … Sie erinnerte sich an eine lange vergessene Handarbeit (was war es bloß gewesen?), die sie in der Grundschule hatte anfertigen müssen. Sie erinnerte sich an schwitzige Finger und wie alles immer enger und strammer geworden war, wie sie immer mehr Kraft aufwenden musste, bis schließlich der Faden riss. Eine Tante hatte sie gerettet. Diese Tante spielte Golf und besaß einen Jaguar und neben ihr wohnte der Botschafter eines kleinen afrikanischen Landes. Die Mutter behauptete, er mache der Tante den Hof, aber das stimmte vielleicht auch gar nicht …

Als Kommentar auf die ersten Texte, die geschrieben wurden, meinte Jutta, dass es ruhig auch ein paar weniger erzählerische und etwas originellere Texte sein dürften. Die Formulierung ist von mir. Jutta ist viel höflicher.

Und das ist Ping-Pong Myriade 2 – Reaktion 2 auf Ausgangtext

An Fäden hängt das menschliche Schicksal. Manchmal weben die Parzen, manchmal lassen sie lose Fäden flattern und nicht selten ziehen sie Stränge aus fertigen Geweben, die dadurch ihre Festigkeit verlieren, ihre Dichte und Flexibilität. Die drei Parzen erfreuen sich an anderem als am Glück der Menschen. Verworrene Gewebe bringen sie zum Strahlen, lange lachen sie darüber, wenn ein Faden schon beim Spinnen zerreißt und in kein Gewebe jemals eingearbeitet wird. Erreichen sie beim Färben besonders abstoßende Farben, so malen sie sich aus, zu welch unglücklichen Leben von Menschen diese Farben führen werden. Gerne bewahren sie aber manche Gewebe, die verfilzt sind, viel kleiner als sie sein könnten und im Wind nicht mehr vibrieren.

Die Parzen lieben die Menschen nicht. Es ist auch nicht ihre Aufgabe.

19 Gedanken zu “Ping Pong, der zweite

        1. Nein, Juttas Text ist nur als Anstoß gedacht, kreativ zu werden. Was sie dann mit den Beiträgen macht, wird sich herausstellen, nehme ich an 🙂
          Was meinst du mit „einen Satz höher gereiht“ ?

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          1. Naja, dein Text hätte sich eben direkt nach ihrem „Faden verloren ….. Handarbeit“ gut eingereiht. Und erst danach weiter zu lesen bei ihr mit der Tante und ihrem Nachbarn. …. So meinten wir.

            Aber wenn’s natürlich als zwei unabhängige Texte betrachtet wird ist das irrelevant. Bloß Juttas Text ist irritierend, weil er plötzlich endet und deiner dann eben nicht anschließt. Aber vielleicht haben wir Juttas Vorstellung noch nicht ganz verstanden. 😉

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            1. Ah, verstehe.
              Ich denke, es soll ein Stückwerk mit losem Zusammenhang werden, wobei der Übergang von einem Stück zum anderen die kreative Inspiration deutlich machen soll.

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  1. Ich finde die beiden letzten Sätze sehr stark.
    Und ich denke, das hier geht mehr in die Richtung von Juttas Intention als dein erster Text, denn sie ruft ja explizit dazu auf, sich einen Faden rauszugreifen und weiterzuspinnen („Gefasel“, meine erste Assoziation 😉), was du sogar im doppelten Sinne getan hast 😉
    Morgenkaffeegruß 😁☁️🎶☕🍪👍

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    1. Hihi, ja, gefaselt und gefadelt. Was Jutta genau vor hat, durchschaue ich noch nicht so ganz.
      Interessant ist für mich, ob ich es motivierend finden werde, einen Text von jemand anderem weiterzuspinnen.

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      1. Ich habe mich das auch schon gefragt. Wir werden es erfahren.
        Bis jetzt haben mich die Ping-Pong-Texte noch nicht besonders zum Weiterschreiben gereizt, aber ich weiß gerade nicht, ob ich auf dem neuesten Stand bin 🤔

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  2. Der ext gefällt mir auch, selbst wenn er den Parzen eine Rolle zuornet, die ihnen nicht zukommt. Die drei Göttinnen sind zuständig für Geburt, Lebenslänge und Todesstunde, nicht dafür, was jeder in seiner Lebenszeit draus macht. Sie sind keine Weberinnen, sondern Spinnerinnen.

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    1. Gerda, bei Wikipedia steht über die Horen: „Sie sollen an einem Webstuhl das Leben eines Menschen bestimmt und gewebt haben.“ Wäre Myriade also geholfen, wenn sie „Parzen“ durch „Horen“ ersetzen würde? 🤔
      Ich finde das nämlich auch nicht egal.

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      1. Ich bin mit den Parzen zufrieden. Es ist ja meine Interpretation des Mythos. In meiner Vorstellung spinnen sie die Fäden des Lebens, entscheiden wann sie die Fäden abschneiden und verweben schließlich die gesponnenen Fäden.

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        1. Eine Katze mag sich mal wie ein Hund verhalten, aber sie bleibt eine Katze. Will sagen: Du kannst selbstverständlich tun und schreiben, was du willst.
          Ich würde beim Umgang mit Entitäten, besonders so alten, versuchen, darauf zu achten, ihnen gerecht zu werden. Ich habe unterdessen auch nachgelesen: Eine spinnt den Faden, eine bemisst die Länge, eine schneidet ihn ab. Mehr nicht. Von Weben steht da nichts. Aber das ist nur meine Einstellung, und ich gestehe, dass es mir zuerst auch nicht aufgefallen ist 😟🤔. Ich rege mich aber auch immer auf, wenn namhafte Autoren Mythen-Versatzstücke aneinanderpopeln 😉

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