ABC Etüden – Sommerpausenintermezzo 3

Andere Intermezzos gibt es bei Christiane zu lesen

Diesmal habe ich versucht, keine Geschichte zu erzählen sondern so vor mich hin zu schreiben, den Text also selbst laufen zu lassen und dabei 10 der Wörter einzubauen

Und ewig lockt der Ohrring

Ohne Ohrringe bin ich´s nicht. Ich besitze geschätzt hunderte in allen möglichen Materialien, in wertvollen und angeblich wertlosen. Meine Vorstellungen von Wert sind nicht unbedingt mehrheitsfähig. Es gibt aber schon Edelsteine und Halbedelsteine, die ich lieber mag als andere, Metalle, die ich anderen vorziehe. Mir kommt es auf die Freude an sie zu tragen, auf die Originalität der Verarbeitung, darauf wie sie zum Outfit passen nicht darauf, ob sich jemand fragen könnte, was die wohl gekostet haben. Meine Ohrringe gibt es in allen möglichen Ausführungen, vom absoluten Firlefanz im Kirchturmspitzen- , Pinguin- oder Unterwasserkönig-Design bis zum klassischen Stil in Gold und Diamant. Zu allen denkbaren Gelegenheiten passen irgendwelche meiner Ohrringe, ob ich zum Schwimmen im Baggersee gehe oder zum Sachertorten-Essen in ein Kaffehaus, immer baumelt etwas in meinen Ohren.

Wenn ich ohne Ohrringe unterwegs bin, so ist das ein sehr schlechtes Zeichen. Ein Hinweis darauf, dass irgendetwas gar nicht in Ordnung ist, dass ich irgendwelche gröberen Probleme habe. Mir irgendetwas schwer im Magen liegt. Luxusproblemchen schaffen es nicht, mich am Tragen von Ohrringen zu hindern. Die kürzlich erhaltene verstörende Nachricht ein in meinen Augen ungemein scheußliches  Biedermeierschränkchen geerbt zu haben, fiel zum Beispiel noch eindeutig in die Kategorie Luxusprobleme und ich hielt mich metaphorisch gesprochen an einem Paar Silber-Lapislazuliohrringen fest um dieses Erbschaftsproblemchen zu lösen. Habe ich zuwenig oder schlecht geschlafen, richte ich mich an einem Paar Ohrringe auf, wenn ich einen bergmassivhohen Stoß an Prüfungen zu bearbeiten habe, trage ich Ohrringe, die bei Kopfbewegungen ein bissl klimpern.

Gegen alles und jedes helfen Ohrringe natürlich nicht, meine sonstigen Überlebensstrategien passen hier aber nicht zum Thema.

Meine Liebe zu Schmuck, nicht nur zu Ohrringen, auch zu Ketten und Ringen wird mir hoffentlich nicht zum Verhängnis.  Nicht dass da ein falscher Eindruck entsteht, meine Schätze sind selbstverständlich alle bezahlt und es besteht nicht die geringste Chance, mich in irgendeiner Strafanstalt besuchen zu können oder mit einer Fussfessel anzutreffen. Auch wenn es die in interessantem Schmuckdesign gebe. Armbänder und Fussketten mag ich nicht so besonders. Die Armbänder stören mich bei allem und jedem und für die Fusskettchen fehlt es mir an den gazellenhaften Fussfesseln. Nettes Wortspiel übrigens. Nein, meine Befürchtungen gehen mehr in eine andere Richtung.

Las ! Où est maintenant ce mépris de Fortune

Où est ce coeur vainqueur de toute adversité

Cet honnête désir de l´immortalité,

Et cette honnête flamme au peuple non commune

Joachim Du Bellay

„Regrets, VI“ veröffentlicht 1558

Der Autor beklagt, dass er materiellen Besitz nicht mehr verachtet und ihm das ehrenhafte Streben nach Unsterblichkeit nichts mehr bedeutet.

 

8 Gedanken zu “ABC Etüden – Sommerpausenintermezzo 3

  1. Ich frage mich gerade, ob du und dieses literarische Ich zwei verschiedene Personen sind. 😉
    Ich auf jeden Fall gehe auch nicht ohne Ohrringe aus dem Haus, und wie bei dir signalisiert das Fehlen von einem (denn ich trage meist zwei unterschiedliche, einen „Immerdrin“ und einen anderen) eine häusliche mindestens Fast-Katastrophe, das Fehlen von beiden ein echtes Problem vermutlich gesundheitlicher Natur. Auf Kunsthandwerkermärkten bin ich durch Ohrringe ernsthaft gefährdet.
    So weit meine Ausführungen zu deinen amüsanten Betrachtungen. ☺️
    Liebe Grüße
    Christiane

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    1. Unter uns – hört ja keiner – das ist mein ganz echtes Ich. Ich bin ein ganz hoffnungsloser Schmuckfreak ….. Da will ich mir gar nicht vorstellen unter welchen Umständen wir beiden uns völlig ohrringlos begegnen würden ….. Weltuntergang 🙂

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  2. Kennt ihr die schöne Geschichte von Helmut Wördemann über die Ohrringe?

    Der törichte Ohrring

    Es waren einmal zwei Ohrringe, die bestanden aus hartem Metall, trugen aber Kleidchen aus Gold und als Anhänger silberweiße Perlen. Sie waren sehr stolz auf ihren Glanz und dienten gerne als Schmuckstücke, denn nur so erschienen sie immer wieder im rechten Licht der Aufmerksamkeit.

    Einer dieser beiden Ohrringe hatte aber trotz seiner harten Form ein weiches Herz. Es tat ihm selber weh, wenn er dem Ohr wehtun musste. Dabei wusste er nicht, dass die Schmerzen des Ohres nach dem ersten Einstechen der Löcher verklungen waren. In seiner Torheit glaubte er, dem weichen Fleisch mit seinem korbgriffähnlichen Henkel ständig Pein zu bereiten.

    »Ich muss hier `raus,« sagte sich der mildherzige Ohrring und überlegte, wie er sich vom Ohr trennen könne, um es von der täglichen Last zu befreien. Einige Fluchtversuche vom Nachttisch, wo das Mädchen die Ohrringe abends ablegte, scheiterten, weil das Mädchen am nächsten Morgen solange suchte, bis es den Ausreißer wiedergefunden hatte.

    So beschloß der Ohrring, eine sehr abenteuerliche Flucht zu riskieren: »Ich muss mich irgendwo verhaken und dann wegziehen lassen,« murmelte er und blickte blinkend um sich.

    Als das Mädchen am nächsten Tag in der Schulbank saß und nachdenklich mit dem hochgehobenen Kugelschreiber tändelte, sah der Ohrring seine Chance. Er warf sich über die Spitze des Stiftes, und als das Mädchen diesen zum Schreiben brauchte und ihn ruckartig herunterzog, riss es den Ohrring mit.

    Der Verschluss des Ohrringes verbog sich und war nicht mehr zu reparieren, und das Ohr des Mädchens wurde für immer entstellt.

    »Dummes Ding!« schrie das Mädchen weinend, und schleuderte beide Ohrringe zum Fenster hinaus.

    Quelle: http://gutenberg.spiegel.de/buch/gedichte-5259/177

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  3. Liebe Myriade,
    du bist wohl die Etüdenkönigin dieses Sommers, du sprudelst ja nur so.
    Bis vor zwei, drei Jahren war ich auch seltenst ohne Ohrringe unterwegs. Aber diese Angriffsfläche biete ich meinem Kampfzwerg nicht mehr – das ist eines meiner Luxusprobleme.
    Und wenn ich mal einen Babysitter habe -her mit denn Ohrringen und wenn es nur zum Zahnarzt ist…
    Grinsend
    Natalie

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    1. Oh ja, ich habe irgendeine Schreibader freigelegt und bin sehr glücklich damit.
      So ein Kampfzwerg verträgt sich schlecht mit Ohrringen, aber er wird ja größer mit Seeschlangen und Unterwasserkönigen, da interessieren ihn die Ohrringe der Mama dann flugs nicht mehr 🙂

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