Samstag 14. Oktober, Malen in ewiger Endlosschleife am 20. Herbsttag

Jahrelang nahm ich sehr oft an den Kursen einer bestimmten Malerin und Keramikerin teil, bis ich fand, dass wir einander zusehends auf die Nerven gingen. Ich hatte nicht mehr den Eindruck noch irgendetwas von ihr zu lernen, fühlte mich gelangweilt, eingeengt, bevormundet. Sie wiederum fühlte sich wahrscheinlich ständig angegriffen und in Frage gestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatten der D und ich gerade unser Atelier gemietet, außerdem stand ein Corona-Lockdown vor der Tür. Der Zeitpunkt für eine Trennung war günstig.

Drei Jahre später während derer ich mich malerisch freigeschwommen habe und mir meine eigenen Bilder zusehends immer besser gefallen, dachte ich, ich könnte doch wieder einmal einen Kurs der früheren Malmeisterin besuchen. Es ist Zeit vergangen, wir haben uns entwickelt, vieles hat sich geändert …

Dabei hätte ich vorgewarnt sein müssen, denn der Kurs hieß wie immer schon „Herbst“. Es gibt auch den Winter-, Frühlings- und Sommerkurs, andere Themen als die Jahreszeiten kommen offenbar für sie immer noch nicht in Frage. Nachdem ich aber seit unserer Trennung kaum noch mit Aquarellfarben gemalt habe und wieder ein bisschen Übung darin bekommen wollte, beschloss ich diesen Kurs zu besuchen und in bewährter Manier das Thema für mich zu verbiegen. Ich traf dort zwei alte Bekannte, die in den vergangenen drei Jahren die Darstellung von Kastanien, Herbstblättern und diversen Pflanzen perfektioniert haben. Ganz sicher sind sie ebenso gut in der Darstellung von Blumen, Früchten und sonstigen Stillleben. Ich hasse Stillleben, seien sie herbstlich, winterlich oder sonstwas!

Was konnte dabei schon herauskommen: ein gruseliges Deja-Vue . Es war alles wie immer, allerdings mit teilweise anderen Teilnehmer*innen. Es war alles voller herbstlicher Objekte aus der Natur, die in Miniaturen dargestellt werden sollten. Ich hasse nicht nur Stillleben sondern auch Miniaturen. Die Meisterin hat sich ganz sicher auch über meine Abwandlungen des Herbst-Themas geärgert. Im Grunde hatten wir also beide keine besonders großen Fortschritte im Umgang miteinander gemacht.

Trotzdem war es kein unangenehmer Kurs. Die Leute waren nett. Es gab sogar eine in Berlin lebende Teilnehmerin aus Hamburg, die extra für diesen Kurs nach Wien angereist ist, was die Laune der Meisterin sicher gehoben hat. Alles in allem hatte ich Freude an den Wasserfarben, am Fließen lassen (was nicht vorgesehen war), am Salzen und sonstigen Aquarell-Techniken.

Zum Abschied meinte die Meisterin, dass sie sich gefreut hätte, mich nach langer Zeit wieder einmal zu sehen, was ich ja nicht glaube. Ich antwortete ihr, dass es für alles eine Zeit gibt, was in diesem Fall eine ausweichende, leere Phrase war. Ich musste allerdings zwei meiner Blätter bei ihr lassen, weil sie einfach nicht trocken zu bekommen waren, trotz starkem Fön und somit muss ich sie mir demnächst einmal abholen. Vielleicht schaffen wir bei dieser Gelegenheit ein paar klare Worte von beiden Seiten.

29 Gedanken zu “Samstag 14. Oktober, Malen in ewiger Endlosschleife am 20. Herbsttag

  1. Manchmal können zwei Menschen einfach nicht miteinander…
    Das gibt es halt.
    Einer zu schwach, der andere zu stark oder aber beide gleich stark vom Willen … und keiner bereit, sich in den anderen hinein zu versetzen.
    Worte helfen da nur für Momente

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  2. Solch persönliche Spannungen können ziemlich blockieren, was in einem solchen Kurs schade wäre, denn schließlich leben Aquarelle vom freien Fließen.
    Aber offenbar hast du das souverän verhindert.
    Ich freue mich sehr, dass du die Arbeit mit Aquarell wieder aufnimmst und freue mich darauf, hoffentlich etwas mehr davon zu sehen.

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  3. Eine ähnliche Situation hatte ich auch bei einem Malkurs für Acryl und Aquarell mit der Meisterin, was sich bis zum Ende, meinem irgendwann dann doch Ausstieg aus diesem eher anstrengenden als kreativem Kurs, durchgezogen hat.
    Ist auch für mich immer besser einen souveränen Schlussstrich zu ziehen, wenn es einfach zwischenmenschlich nicht passt und deshalb auch nicht gut tut.
    Liebe Grüße, Hanne

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      1. Der Preis, strapazieren meiner Nerven und kostbaren Zeit war mir selbst zu hoch und auch in der Kunst ist es sehr wichtig die eigene Seele mit Blick aufs Wesentliche einzubringen, was unter Spannungen nicht so wirklich gut geht.

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        1. Wie in allen Bereichen des Lebens muss man vieles berücksichtigen und dann abwägen, ob es sich lohnt. In meinem Fall ist die negative Waagschale schwerer, aber die positive ist auch nicht leer …

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  4. Interessant, welch verflochtene Anziehungs- und Abstossungskräfte letztendlich diese Personenkonstellation immer wieder zu verlangen scheinen.
    Um das Malen-Lernen scheint es mir hier nur zweitrangig zu gehen, eher um Annäherungs- und Abgrenzungsübungen die über das künstlerische Medium bis zu vorhersehbaren Reibungserscheinungen und Herumschrammen an Schmerzgrenzen ausagiert werden, als gelte es, sich mit der Situation ringend ganz anderen persönlichen Belangen anzunähern, die nur zufällig mit Farben, Pinseln und einem als Sparringspartner passenden Menschen ausgetragen werden. Nicht nur, dass du sie wider besseren Wissens auswählst, sondern auch, dass die Meisterin dich nicht ablehnt, scheint mir tatsächlich einen Gesprächsversuch wert.

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    1. Ach, du bist eine sehr kluge Frau. Ganz genau so ist es. Dass ich an ihr etwas abarbeite, das mit Malen wohl auch zu tun hat, aber viel tiefer geht als ein Mangel an Übereinstimmung bezüglich Stil und Motiven, ist mir klar. Auch dass ich hauptsächlich deshalb wieder an einem ihrer Kurse teilgenommen habe um zu sehen, wie weit ich damit gekommen bin. Daran, dass auch sie mich als Sparringpartner benützt (ein sehr passender Ausdruck) habe ich noch nicht gedacht. Aber ja, das kann gut sein und es ist vor allem ein Gedanke, der mich auch einen Schritt weiter bringt.
      Herzlichen Dank für den treffenden Denkanstoß !

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  5. Also das verstehe ich nicht. Das ist doch eindeutig: Kastanien, Eicheln, rotes Ahorn Laub, und Sonnenuntergang in Herbstrot gespiegelt in einem kleinen Weiher, in den gerade ein Frosch springt. Tolles Bild. Mir gefällt es.

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    1. Durchaus. Ich verstehe eh, dass es jemandem Freude machen kann, immer nur nach jahreszeitlicher Inspiration realistisch abzubilden. Mir macht es aber halt keine. Ich male gerne aus mir heraus, also expressionistisch. die Malmeisterin ist eine Impressionistin. Sicher kann man Ansichten austauschen, aber es sind halt unterschiedliche Wahrnehmungs- und Herangehensweisen. Obendrein kommen dann noch völlig verschiedene Weltanschauungen hinzu …

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  6. Ich musste breit grinsen, als ich las, wie sehr du Stilleben hasst – mir geht das ganz genauso. Stilleben sind mir bereits in der Schule im Kunstunterricht verleidet wurden. Zudem finde ich den hunderzweiundfünfzigsten Obstkorb einfach sterbenslangweilig … Ich weiß demzufolge genau, woher meine Abneigung kommt. Wie ist das bei dir?

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    1. Ich bin einfach eine Expressionistin. Mir macht es keine Freude vorhandene Dinge abzubilden ganz besonders nicht die klassischen Stilllebenmotive wie Blumensträuße oder Obstteller und vor allem nicht immer und immer wieder als gäbe es keine anderen Themen …

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