Bolle und die Eier -ABC Etüde

Wie immer bei Christiane
Drei Begriffe (siehe oben) sollen in einen Text von 300 Wörtern verpackt werden
Die Wörter stammen diesmal vo
n Christiane selbst

Seit ich einen Blog betreibe- und das tue ich nun schon einige Jährchen – ist mir noch klarer geworden, dass Deutschland und Österreich tatsächlich durch eine gemeinsame Sprache getrennt sind. Ich beziehe mich nicht auf Dialekte sondern auf die Sprache, die von allen deutsch als Muttersprache sprechenden als umgangssprachliches Hochdeutsch empfunden wird.

Dass man in Deutschland mit einer Tüte Brötchen läuft und nicht, wie in Österreich, mit einem Sackerl Semmeln geht, wusste ich natürlich schon vor den Blogzeiten. Aber „menno“ etwa hat mich überrascht. Dann kam „Holla, die Waldfee“. Ein Ausdruck, der bei all meinen Arbeitskollegen, die aus allen Regionen Österreichs stammten ein einheitliches „Hä?“ hervorrief. „Hätte, hätte Fahrradkette“ kannten immerhin einige. Es fanden aber alle „warad, kennad“ wesentlich ausdrucksstärker zumal es mysteriös blieb, wo die Fahrradkette herkommt.

Den Weg zu höheren Weihen beschritt ich dann mit dem Studieren von Redewendungen wie „sich ein Ei auf etwas backen“ oder „sich freuen wie Bolle“. Wer dieser Bolle wohl war und ob er sich auch Eier gebacken hat? oder hat sich jemand auf ihm Eier gebacken? Warum man Eier überhaupt bäckt? Sehr amüsiert hat mich „ich glaub, mein Schwein pfeift“. Diesen Spruch habe ich zwar erst einmal gelesen, er ist mir aber in Erinnerung geblieben.

Jedenfalls fragte ich mich, ob es wohl Freude macht, solche Redewendungen frei zu erfinden. „Sich einen Drachen häkeln“ ist doch ein edles Beispiel für solch kreative Sprachtaten. Was das heißen soll? Naja, wenn jemand vom Boden der Realität abhebt und sich – hoffentlich vorübergehend – in eine Phantasiewelt einspinnen möchte, könnte man doch sagen, dass er/sie sich einen Drachen häkelt. Ob ich diesen schönen Ausdruck in nächster Zeit verwenden werde? und mit welchem Ergebnis ?

300 Wörter

53 Gedanken zu “Bolle und die Eier -ABC Etüde

  1. Ein Hoch auf den Häkeldrachen! Dieser Ausdruck ist völkerverständigend, da dies- und jenseits der deutsch-östereicherischen Grenze ohne weiteres verständlich. 🙂 😉 (In Griechenland aber? hm…)

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      1. O doch, natürlich wird hier gehäkelt! Auf so manchem Foto meiner Wohnung wirst du Häkeldeckchen sehen, die meine Schwiegermutter an-in einsamen Tagen und Nächten fertigte. Aber ob sich die Redensart κεντιμένος δράκος (kentimenos drakos) für einen abgehobenen Realitätsflüchtling durchsetzen lässt? Das war meine Frage. Der heißt αιθεροβάμον (ätherovamon) – Luftwandler.

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  2. Zumindest der Drache ist mir neu. Grins…
    Es gibt ja Menschen die ständig so reden. Auch wenn sie mir geläufig sind, verwende ich diese Redewendungen eher selten.
    Schön eingebaut in deine Gedanken.

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  3. Dir könnte man auch mit einem Redensarten-Lexikon Freude machen, was? 😉 Viel Spaß beim Googeln – zu einigem, was du aufführst, gibt es bei Wiktionary Einträge.
    Ich habe gelesen, dass „häkeln“ in Ö auch „streiten, necken, frotzeln“ bedeutet, stimmt das übrigens? 😎
    Ich bin auch für den Häkeldrachen, ist kürzer als Pippi Langstrumpf („Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“) …
    Düstere Nachmittagskaffeegrüße ☁️🛋️☕🍩

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  4. Genial: „Sich einen Drachen häkeln“ werde ich sofort in meinen Wortschatz übernehmen! – Aber: Die Redewendung mit dem Ei-Backen ist mir neu. Ich denke, es gibt nicht nur Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich, sondern auch gewaltige zwischen Süd- und Norddeutschland. Jedenfalls lerne ich da auch immer noch dazu … Es sind aber ja auch nicht nur die Redewendungen: Als ich in den achtziger Jahren in Wien gelebt habe, fand ich es sehr witzig, dass man dort in der Bibliothek Bücher „entlehnt“ und nicht „ausleiht“; denn „entlehnen“ ist bei uns ganz auf den linguistischen Bereich begrenzt: man „entlehnt“ Wörter aus einer anderen Sprache. Aber ich fand es schön, es auf Bücher auszuweiten – und manchmal tue ich es noch.

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    1. Es gibt sicher jede Menge Unterschiede im Vokabular und auch noch Bedeutungsunterschiede zwischen allen deutschsprachigen Regionen, Nord-Süd, West-Ost …
      Freut mich, dass du mein „sich einen Drachen häkeln“ magst. Das hat doch Potential 🙂 🙂

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  5. Auch bei uns in Brandenburg freut man sich „wie Bolle“. Das ist allerdings ein Ausdruck aus Berlin und seit dem Lied „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“ – einer, der sich trotz aller Unbill und Widrigkeiten immer „köstlich amüsiert“.

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  6. Ich erinnere mich grad an unsere Unterhaltung im Café Naschkätzchen über das Wort Gebäck, das hier bei uns ja eher Süßes meint, bei euch aber auch durchaus so etwas wie Semmel (Brötchen) bedeuten kann. 😉
    Sich einen Drachen häkeln kommt jetzt bei mir auch definitiv in meinen Wortschatz! 😀
    Sich ein Ei backen kenne ich nicht, aber den Rat bei unangenehmen Dingen, die einem widerfahren sind: „Schlag a Ei drüber.“, was meint, dass man das Geschehene möglichst schnell vergessen sollte. 😉
    Mein Bruder brachte mir einst die Redewendung „Des konnst da aufs Knia nagln oder in die Haar‘ schmiern.“ nahe. Übersetzt ist damit gemeint, dass etwas völlig unnütz ist. 😉

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    1. Ach ja, das Gebäck gehört zu den großen Unterschiedlichkeiten. Dabei treffen wir uns immerhin bei den Semmeln 🙂
      Die Eier scheinen allgegenwärtig 🙂 „Das kannst dir in die Haar schmieren“ bzw „das kannst dir abschminken“ haben wir auch in der Bedeutung „das kannst du vergessen, da wird nichts draus, das ist hoffnungslos, das ist sinnlos“

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  7. Redensarten haben wir in rauhen Mengen 🙂 Benutze ich eine im Gespräch mit meiner Freundin, deren Muttersprache Italienisch ist, fragt sie oft, was es bedeutet. Obwohl sie mehr als 40 Jahre in Deutschland lebt, kennt sie kaum eine unserer Redensarten.
    Ansonsten spricht und schreibt sie Deutsch fehlerfrei.

    Einen Drachen häkeln finde ich ganz wundervoll. Hoffentlich kann ich es bald mal verwenden. 🙂 Ich feeue mich jetzt schon darauf *g*

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  8. Wer weiss, ob deine Erfindung nicht über das Web Ausbreitung nimmt?! Man muss nur noch einen Anlass finden, so wie bei „Da brate mir doch einer einen Storch!“ Einfach mal probieren. Pampig: „Willst du mir einen Drachen häkeln, oder was?“ Hm. Verführerisch vielleicht: „Wollen wir nicht mal zusammen einen kleinen Drachen häkeln?“

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  9. Bolle hat sich immer köstlich amüsiert.;-)
    Ich lernte dieses Schwanklied auch recht spät.

    Ich kenne Phrasen wie:

    Ja, hat er gesagt und hats auch so gemeint
    Passt, wackelt nicht und hat Luft
    Nix gwiss weiss man.

    Letztere Phrase hat sogar tieferen Sinn trotz aller Witzigkeit.

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  10. nach der großartigen Etüde, die ganzen Kommentare zu lesen war die Kirsche auf der Sahne 🙂 ich habe mich köstlich amüsiert! Und die Redewendung mit dem „Drachen häkeln“ werde ich im Kopf behalten…was die Bedeutung angeht (über die ja noch keine finale Einigkeit erzielt wurde. so wie ich das verstanden habe) fühlt es sich für mich am ehesten an nach „da kannst du dir einen Drachen häkeln“ im Sinne von “ da kannst du Gift drauf nehmen“.

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    1. Oja, oja, das ist auch eine mögliche Bedeutung, die man im Auge behalten muss 😄😄 das willst du wirklich machen? Na, da kannst du dir einen Drachen häkeln! Klingt doch richtig gut 😄

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  11. Endlich bin ich mal wieder hier gelandet und hab mich nun rückwärts bis zum gehäkelten Drachen gelesen, den ich allerköstlich finde. Hachz. Und nun noch einen Kamillentee und ab ins Bett (Calixte de Nigremont geklaut)

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