Ping Pong der erste

Jutta Reichelt lädt zum Schreiben von Ping-Pong-Texten ein. Da bin ich doch unbedingt dabei.

Das ist Juttas Ausgangstext:

Sie wollte das Wort nicht in den Mund nehmen. Sie konnte es ja selbst nicht mehr hören. War froh, wenn es ihr aus dem Kopf herausfiel, wenn sie nicht daran dachte. Abends passierte das manchmal, wenn sie eine Serie sah, in der es noch kein … (aber das war doch jetzt auch kindisch, wenn sie es nicht aussprach, als wäre damit irgendetwas gewonnen) … also … jetzt hatte sie den Faden verloren. Faden … Sie erinnerte sich an eine lange vergessene Handarbeit (was war es bloß gewesen?), die sie in der Grundschule hatte anfertigen müssen. Sie erinnerte sich an schwitzige Finger und wie alles immer enger und strammer geworden war, wie sie immer mehr Kraft aufwenden musste, bis schließlich der Faden riss. Eine Tante hatte sie gerettet. Diese Tante spielte Golf und besaß einen Jaguar und neben ihr wohnte der Botschafter eines kleinen afrikanischen Landes. Die Mutter behauptete, er mache der Tante den Hof, aber das stimmte vielleicht auch gar nicht …

Und das ist Ping-Pong Myriade 1 – Reaktion 1  auf Ausgangtext

Die Tante lachte über sich selbst. Wie oft war sie in den letzten Tagen und Wochen verärgert und verunsichert vor dem Spiegel gestanden und hatte versucht objektiv zu schätzen, wie alt sie aussah! Anhand verschiedener Kriterien hatte sie die Jahre hinauf und hinunter geschätzt, hatte sich selbst lächerlich und absurd gefunden. Und nun diese zufällige Unterhaltung, die alles wieder zurecht gerückt hatte, ihre Selbstwahrnehmung und die sich anbahnenden Ereignisse.
Im Nebenhaus hatte sich der afrikanische Familienverband um eine Person erweitert. Um einen äußert attraktiven jüngeren Mann, der offenbar ein Verwandter des Botschafters war. Die Tante ging nun wesentlich häufiger aus dem Haus, blieb aber nicht lange weg, wodurch sie die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit dem feschen Mann maximierte. Blicke, Lächeln, Begrüßungen.
Bei den Begrüßungen begann das Problem. „Bonjour, maman“ bzw „bonsoir, maman“ sagte der Botschafter-Verwandte mit breitem, anregenden Lächeln. Jedesmal zuckte sie innerlich zusammen. Zählte er sie zur Altersklasse seiner Mutter oder hielt er sie für eine besonders mütterliche Person? Beides schien ihr keine ideale Voraussetzung für die kleine Affäre, die sich immer verlockender präsentierte.
Die Tante lachte noch immer. Gerade hatte sie mit einer Freundin geplaudert, die sich ziemlich regelmäßig  im Land des Botschafters aufhielt. Die Freundin hatte darüber philosophiert, wie viel man durch die üblichen Grußformen über eine Gesellschaft erfahren könne. Bemerkenswert fand sie, dass man in vielen afrikanischen Ländern „maman“ als respektvolle Anrede erwachsener Frauen benutze.
Die Tante beschloss sich häufiger in einer bestimmten Ecke ihres Gartens, die an das Nachbargrundstück grenzte aufzuhalten. Ihrer Überzeugung nach waren Gelegenheiten etwas, was man selbst herbeiführen sollte.

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