Der Kirschbaum als Kontrast – Impulswerkstatt

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Hinter dem blühenden alten Kirschbaum ragen neblige Schemen auf. Der am schärfsten umrissene Schatten, der mit den scharfen Spitzen und Fratzen, der sich immer wieder hoch über den Kirschbaum erhebt, steht für eine Entzündung in der Wirbelsäule, dort wo im Nervenkanal am wenigsten Platz ist, dort wo die Beinnerven durchziehen. Die Nerven, die gewürgt und fast erdrosselt werden, wenn die Bandscheiben und die Nervenwurzeln sie bedrängen und am Atmen hindern.

Besonders bedrohlich ist gerade dieser Schatten deswegen, weil er sich schon mehrmals verfestigt hat, vom Schemen zur unverrückbaren Steinmauer, die den Weg verstellt, die sich nicht umgehen und nicht überklettern lässt. Langsam und mühsam wieder abgetragen liegen die Steine neben dem Weg, doch die sprungbereiten Schemen aus dem Hintergrund können sie jederzeit wieder aufsammeln und neu auftürmen und jedes Mal wird es schwieriger, sie beiseite zu räumen

Es kann auch sein, dass sich die Nebel zusammenballen, vermengen, vermischen und eine ganz eindeutige Struktur hervorbringen: ein Damoklesschwert, ein hart geschmiedetes, scharfes Schwert, das leicht durch Fleisch schneidet, wie durch Wasser, dessen Aufhängung aber nicht verlässlich ist. Wenn die Wirbelsäule gerade angeschlagen ist, kann man nur schwer beiseite springen. Vom ständigen Anstarren des dünnen Fadens, an dem das Schwert hängt, werden auch die Blicke schärfer, beginnen an dem unsicheren Faden zu sägen.

Der Kirschbaum dreht dann seine Blüten ein wenig, sodass deren Schönheit noch besser zur Geltung kommt. Er setzt das rosa-weiße Meer den dunkelgrauen Schatten entgegen. Die Struktur der Blüten und Blätter setzt er gegen die diffusen Nebelschleier, die Realität des Lebens gegen die Angst. Dadurch entsteht das Bild, das gerade in Frühling und Herbst zu den schönsten Naturimpressionen gehört: leuchtende Farben vor finsterem Gewitterhintergrund.

29 Gedanken zu “Der Kirschbaum als Kontrast – Impulswerkstatt

          1. Das war mehr als Aphorismus gedacht, als ein Witz. Hab ich als solchen nicht gekennzeichnet.
            In letzter Zeit kommen mir Phasen meines Lebens in den Sinn, die mir aus heutiger Sicht als verrückt erscheinen. Z.b. eine erste unglückliche Liebe als Schüler, die mich jahrelang gefangenhielt.

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    1. Das gehört ohnehin zu meiner grundlegenden Lebenseinstellung, die ich manchmal sogar ein bisschen übertreibe ..
      Dienstag waren diese Schatten wieder einmal sehr real haben sich aber zum Glück wieder aufgelöst

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  1. Ein Text voll düsterer Bedrohungen – ich denke an eine Art Röntgenaufnahme, auf der Strukturen an den blühenden Baum nur erinnern, während du die möglichen Bedeutungen der grauen Schatten ausdrücklich benennst. Ein Text, der kaum in einer unbeschwerten Lebensstimmung geschrieben würde.

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  2. Dieser Vergleich erinnert mich stark an meine Affinität zu Japan und dem dortigen ‚Kirschblütenfest‘. Die Menschen werden recht alt und ihre Lebensweise ist (so habe ich es gehört) naturverbunden; in der Stadt überwiegen (zumindest in Kyoto) die kleinen Gärten mit Bonsai usw.
    LG Charis

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