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„Wie wenig wir einander kennen“
Es sind 10 aus 12 geworden, weder den Flohzirkus noch die Wasserrationierung habe ich untergebracht. Der Flohzirkus hätte eventuell zum Kinderfest gepasst und die Wasserrationierung zur Ukraine, aber zu meinem Text haben sie halt nicht gepasst. Die Schleife, die ich für „wie wenig wir einander doch kennen“ gemacht habe, ist schon sehr groß.
Im zwanzigsten Stock spielt und singt Manuel hingebungsvoll Milonga, diese Mischung aus afrikanischen und europäischen Rhythmen aus denen hervorgegangen ist, was wir heute Tango nennen. Die Musik steigt hinauf, fällt hinunter, dringt in jede Wohnung und umhüllt das Haus. Die Töne bringen die Luft und die Gedanken der Menschen zum Prickeln. „por una cabeza, todas las locuras“ *)
Die Milonga beeinflusst auch das Kinderfest vor dem Hochhaus. Für die Rutschen und Hüpfburgen sind die kleinen Wasserratten aus dem benachbarten Schwimmbad herübergekommen, haben die Attraktionen zunächst mit großen Kulleraugen bestaunt und sie dann quietschend gestürmt, hüpfen, rutschen, drehen Pirouetten aus reiner Lebensfreude. Eltern und Großeltern wiegen sich diskret in den Hüften, denken sich die abgehackte und doch runde Schrittfolge dazu, der Tango ist mitreißend.
Der Flughafen-Bus steht etwas entfernt im Schatten und wartet auf Fahrgäste. Wenn man genau hinsieht, bemerkt man, dass der Tango-Rhythmus auch dort angekommen ist, der Bus schwingt mit: rück-rück-Wiegeschritt. Die Handbremse findet die Sache etwas grenzwertig, macht aber gutmütig mit.
Dreiundzwanzigster Stock. „Zwei alte Tanten tanzen Tango mitten in der Nacht“. in den Zweitausendzwanzigerjahren müssen alte Tanten nicht mehr in Sack und Asche gekleidet sein und sich mit Taubenfüttern im Park beschäftigen. Sie können in bunt flatternden Gewändern mit ihrer Tanz- und Lebenspartnerin auch tagsüber dem Tango frönen und tun das auch.
Luisa hat sich in Sari-Art in ein riesiges buntes Tuch drapiert, das vom Tischtuch bis zum Tanzkleid universell einsetzbar ist. Nora dagegen wiegt sich in schwarzen Shorts. Sie ist nicht ganz bei der Sache, denkt über die gestrige Beziehungsdebatte nach. Luisa, die weitaus emotionalere von beiden, meinte recht dramatisch, wie wenig sie einander nach all den Jahren doch kennen würden. Für Nora stimmt das nicht. Den mühelosen Gleichklang ihrer Körper beim Tanzen nimmt sie sich selbst als Bestätigung. „Por una cabeza, mil locuras“ singt sie mit und Luisa lächelt.
Schon in aller Herrgottsfrühe hat die vierköpfige Familie im dreiundzwanzigsten Stock mit ihren letzten Reisevorbereitungen begonnen. Sommerpause. Das Auto bleibt zuhause, es wird eine Reise mit dem Zug, unter anderem mit der Mariazeller Regionalbahn. Wandern, Baden, Naturerlebnisse, Erholung. Als Manuel zu spielen beginnt, sind die Vorbereitungen beendet, die Rucksäcke gepackt, die Milonga tänzelt durch die Gänge und trägt zur Urlaubsstimmung bei. Zum Glück ist der Aufzug eher griesgrämig und schwingt nicht mit. Sie kommen daher gut unten an und können ihre Reise antreten.
Scharfe Drehung im fünfzehnten Stock. Die Absätze der Tanzschuhe bohren sich in den Boden, weiter Ausfallschritt und der Blick zuckt in Richtung Ukraine. Auch hier passt der Text „por una cabeza, mil locuras“
*) „Por una cabeza“ berühmter Tango von Carlos Gardel.
Richtig fein umgesetzt! 🙂 Dein Text gefällt mir sehr!
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Danke dir! Es ist gar nicht so einfach diese Wörter, die rein gar nichts miteinander zu tun haben in einen Text zu zwingen, der nicht so klingt als ob er eben eine Ansammlung von Wörtern wäre, die nicht zusammenpassen 😉
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Klasse, ist dir doch gut gelungen. 10 von 12 ist schon ordentlich. 🙂
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Ja, mit dem Einbauen der Wörter bin ich eh ganz zufrieden. 12 wäre natürlich besser als 10 😉
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Mehr geht immer.
Ob es dann besser ist, wäre die Frage. 🙂
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Schon wahr
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gut umgesetzt
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Danke dir!
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Ich finde die Idee klasse, kurz die Situation derer zu beschreiben, an deren Ohren die Musik vorbeistreicht – und was sie mit ihnen macht. 🧡👍
Schade, dass du mit deiner Geschichte nicht ganz zufrieden zu sein scheinst. 🤔
Danke dir für den Spaß!
Spätnachmittagskaffeegrüße 🌤️🌳☕🍪🌼👍
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Naja, ich finde da wäre mehr drin gewesen, aber sooo unzufrieden bin ich eh nicht 🙂
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Einmal durchs sommerliche Hochhaus getanzt – schöne kleine Revue.
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Nur für Tänzer mit optimaler Kondition. Es ist zwar rein optisch mein Lieblingshochhaus in Wien, aber wie viele Stockwerke es hat, weiß ich nicht 😉
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Gute Idee, so viele Einheiten unter einem Dach und ringsum von der Tangomusik beeinflusst zu beschreiben. Ausserdem mag ich die Hommage an Georg Kreisler.
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Ah, eine Kennerin 😉 Vielen Dank!
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Das Taubenfüttern? *lächel*
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Nein die alten Tanten. Die Tauben werden ja vergiftet 🙂
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Ich weiss 🌞 ich mag seine Lieder sehr❗️
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Mit einem Wort: Virtuos! Und das alles im und um das Hochhaus. Super!
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Vielen Dank! Es tut sich was im und um das Hochhaus 🙂
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Ja, Musik ist universal, führt die Menschen zusammen, stimmt glücklich, entspannt und kann unsere Gefühlswelt dirigieren. Das alles hast du wunderbar in eine Hochhaus-Geschichte gepackt. Schön!
Liebe Grüße aus der Sommersonne 🙋🥾🌿🌞…..von Rosie
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Danke dir!
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Ich mag, dass dein Schreibstil dieser Geschichte auch schwungvoll ist. Insgesamt gefällt sie mir wirklich gut.
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Der Schwung war so geplant. Freut mich, dass er rüberkommt!
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Ein sommerlich tanzendes Hochhaus… Alle machen mit, jeder auf seine eigene Weise. Klasse und der schönste Satz für mich:
Die Handbremse findet die Sache etwas grenzwertig, macht aber gutmütig mit.
Zu schön!
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Ja, die Handbremse mag ich auch sehr 🙂
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Tolle Idee 💡
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Eine schöne fröhliche Geschichte, erinnert mich irgendwie an diese Wimmelbilderbücher.
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In einer Version mit lebendigen Figuren. Das wäre schön 🌹
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