Dominanz der Kirche

F. hat mich von meinem Lieblingskurhaus abgeholt und wir haben auf dem Heimweg nach Wien Station in Melk gemacht.

Möglicherweise haben sich die Bewohner von Melk irgendwann gewissermaßen vom Himmel beschützt gefühlt. Ich finde die Dominanz des Stifts über der Stadt eher bedrückend. Es ist eine sehr hübsche, kleine Stadt, die wir aber bei der Wohnungssuche eben deswegen ausgeklammert hatten. Wir sind in der heiteren, belebten Fußgängerzone spaziert. Das letzte Mal als wir dort waren, war gerade harter Lockdown und wir haben das Auto mit dem Wiener Kennzeichen diskret abgestellt. Heiter war die Stimmung damals nicht und das Stift hat noch etwas dominanter gewirkt als sonst. Aber im Normalbetrieb ist Melk ein sehr angenehmer Aufenthaltsort. Gegenüber liegt auch ein großes Stück Donauauen, in dem wir schon gegangen sind.

Das Stift selbst ist auch barock-prächtig. Ein Benediktiner-Stift, das in seiner heutigen Form von Jakob Prandtauer in den Jahren 1702 bis 1746 errichtet wurde, aber schon auf mehr als 900 Jahre Geschichte zurück blicken kann. Die Stiftsbibliothek ist eine Fundgrube für alte Texte. Es wurden dort auch etliche Fragmente des Nibelungenlieds gefunden. Auch die Gärten sind eine Pracht, die ich bei nächster Gelegenheit mit Freude erkunden werde, PB liegt schließlich ganz in der Nähe. Allein schon der Ausblick von der Terrasse des Stifts ist einen Besuch wert.

Das Nibelungenlied, in dem Melk als „Medelick“ erwähnt wird, ist omnipräsent. Ich habe nie Mittelhochdeutsch gelernt, kann den Text also nur ungefähr verstehen.

13 Gedanken zu “Dominanz der Kirche

  1. So habe ich das noch nie gesehen, aber gerade bei der Perspektive, aus der du das Foto aufgenommen hast, durchaus nachvollziehbar und auch plausibel. Und wenn es denn auch so gemeint war, grenzt es an geistlichen Missbrauch… Ähnlich dürfte es bei feudalen Fürstenschlössern gewesen sein. Und natürlich lässt sich solch eine Bauweise auch besser gegen Eindringlinge verteidigen.

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  2. Die gebärden sich heute immer noch so, als schwebten sie über allen Dingen.
    Bei uns in Würzburg brachte kürzlich ein gebrechlicher Mann und eine weitere Frau rituellen Missbrauch vor. Schon allein das war ein Spiessrutenlauf.

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    1. Unabhängig davon, dass ich erstens evangelisch bin (aber auch da hat es Missbrauch an Leib und Seele gegeben, vielleicht weniger häufig) und zweitens einer Gemeinde angehöre, die zwar auch ihre Baustellen hat, die aber gegen diese Fälle Peanuts sind; ich werde es niemals verstehen können, dass in der katholischen Kirche missbrauchende Geistliche mehr wert waren/ev. noch sind als homosexuelle Paare, die sich zueinander und ihrer Verantwortung bekennen wollen.
      Und geistlichen Missbrauch findet man ja auch in manchen charismatischen freikirchlichen Umfeldern. Nur pauschalisieren kann man es nicht, es ist halt viel Licht und auch viel Schatten.

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  3. Das ergibt Sinn. Wie auch immer, die Sichtweisen können ja durchaus unterschiedlich sein. Man könnte auch sagen „Der Ort duckt sich geschützt unter das Stift“, je nachdem, welchen Erfahrungshorizont man mitbringt.

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