ABC-Etüden – Grauen, zum Glück surreal

Die Extra-Etüden bei Christiane

 

Wir irren umher. Alle. Ziellos. Surreal ist das Leben oft.

„Die weichmütigen nach links“ knarzt ein unsichtbarer Lautsprecher. „ Die Verblendeten nach rechts. Es gibt keine Überschneidungsmengen“

Von den Bahngleisen zur Rampe vorbei an den Weichmütigen. Die Demütigen stehen da auch und die Gläubigen. Alle todgeweiht.

Schuhe, Haare, Zahngold und Haut. Und der alles erstickende, alles durchdringende, fettige Rauch. Die gnädige Natur lässt den Geruchssinn abstumpfen.

Das grelle, orange Licht der Duschen ist in ein stumpf-aggressives Braun übergegangen, das durch die sich verrenkenden Körper hindurchsticht. Falsche Freude, echtes Elend. Die staubige Ebene bietet sich als Tanzfläche an oder als Backstube, wo alles möglich ist außer das Backen. Ohnehin mündet alles in die Hölle.  

Der Tag der Auferstehung, an den sie glaubten, fällt aus. Es bleibt nur, darauf zu warten, dass der Planet wieder erschüttert wird und die Lava die Spuren der Duschen verwischt. Wenn´s nur nicht geht wie in Pompei, für Jahrtausende konserviert die Schuhe, die Haare, das Zahngold und die Haut.

„Spuren von Humanoiden. Sollen wir sie liegen lassen?“ fragt der Wurm die Ameise.

31 Gedanken zu “ABC-Etüden – Grauen, zum Glück surreal

  1. Grauen-voll, der Bogen von heute (heute?) zum Holocaust und in die noch ferne (?) Zukunft, wo wir nur noch Geschichte sind.
    Sehr sprachgewaltig, nicht leicht. Danke dafür. 👍👍👍
    Morgenkaffeegruß 😁❄️☕🍪👍

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  2. Puh, liebe Myriade, wie könnte ich nicht an den Holocaust bei deiner Etüde denken? Die Kritierien können sich immer wieder ändern, wer wen als unwert bezeichnet. Das ist eine der Fallen des Menschseins.
    Herzliche Grüße
    Ulli

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      1. Antisemitismus, Antizinigismus – und andere Fremdenfeindlichkeiten, ich kann da manchmal nur staunen, was an sich nette und auch intelligente Menschen so an Vorurteilen raushauen. 😦

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  3. Surreal? Eigentlich nicht, leider. Auch meine Assoziationen gehen eher in die Richtung des Holocaust als zu Bosch. Wie seltsam, dass der Begriff Menschlichkeit so positiv besetzt ist, die Geschichte gibt das nicht her. Ich glaube, du hast mich angesteckt … aber mein einschlägiges Immunsystem ist heute auch etwas schwach.

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  4. Diie beschriebenen Szenen sind nicht fiktiv, sie sind real, tief eingebrannt ins Gedächtnis der Menschheit, wenn auch meist verdrängt. Die Selektion, die Vernichtung, der schwere Brandgeruch. Ich würde nicht damit spielen.

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    1. Dass etwas, was in einem Teil der Welt vor noch nicht einmal 100 Jahren vorgefallen ist, in so etwas wie ein kollektives Gedächtnis der Menschheit übergegangen sein soll? Was meinst du mit spielen?

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  5. Dein Beitrag hat auf meiner Seite einige Fragen getriggert:

    Soll ich mir ein Durchhaus schießen
    mi’m Opa seiner P 08?
    Mich zum Bungy-Sprung entschließen
    ohne ein Gummiseil bei Nacht?

    Mich gar in den Grillspieß stürzen
    nach antiker Heldenart?
    Mit Schierlingssaft den Rotwein würzen,
    der mir’s weiterleben spart?

    Oder nur den Geist abtöten
    mit einer „Traumschiff“-Fahrt ins Glück?
    Der Kopfschuss wär‘ dann nicht vonnöten,
    und weiter ging‘ es noch ein Stück!

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