Montag beginnt die Schule ohne mich. Losgelassen habe ich definitiv noch nicht. Ich verfolge die hausinternen e-mails, habe die Stundenpläne der alten und neuen Kollegen studiert, es war mir wichtig, dass die Zugänge alle noch offen sind. Ich denke, in ein paar Monaten wird mir das alles weitgehend egal sein, zumindest aber werde ich innerlich um einiges weiter weg sein.
Den Moment der Pensionierung hätte ich nicht besser wählen können: die Schule zieht in ein renoviertes Haus, das mir nicht besonders sympathisch ist. Es gibt keine Schlüssel mehr sondern nur noch Chipkarten auf denen die jeweiligen Berechtigungen für den Eintritt in diverse Räume gespeichert sind. Hat für mich einen Geschmack von Misstrauen. Es dürfen nicht mehr alle Lehrer*innen überall hinein, wie das davor der Fall war.
Für über 150 Lehrer gibt es nur 25 Arbeitsplätze, jede/r bekommt aber ein privates Stehpult. Ein Stehpult!! Klingt für mich wie die Zustände auf dem Arbeitsmarkt im 19. Jahrhundert: Stehpult und Ärmelschoner. Das wird sich sicher irgendwie einspielen, man gewöhnt sich an alles, aber ich bin froh, dass ich mir das erspare.
Obendrein gibt es die Corona-Ampel, die in Wien auf gelb steht, was für die Schulen heißt, dass auf den Gängen Masken getragen werden sollen. Auf eine Beteiligung an diesem Zustand verzichte ich auch gerne.
Was mir wirklich fehlen wird, ist der Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen. Es ist schon ein feiner Zustand, wenn man täglich zwanglos viele Menschen trifft ohne dass man erst Treffen vereinbaren muss. Nicht dass ich alle meine Kollegen heiß geliebt hätte, aber ich habe mit sehr vielen gerne geredet und bin mit anderen persönlich befreundet. Die Aufrechterhaltung von Freundschaften, die aus dem beruflichen Umfeld kommen, halte ich aber für recht schwierig, weil ein sehr großer Teil der gemeinsamen Interessen weg fällt. Natürlich trifft man einander noch, aber es nicht mehr dasselbe. Verschiedene Lebensphasen, verschiedener Freundeskreis. Was ja nicht negativ ist aber eine gewisse Flexibilität erfordert.
Flexibilität ist überhaupt gefragt. Eigentlich wollte ich in diesem Herbst viel reisen. Daraus wird nichts werden, weil ich mir das komplizierte rundherum nicht antun will. Ich erinnere mich an einen Ausspruch von Konrad Lorenz „jeden Tag vor dem Frühstück eine Lieblingstheorie einstampfen, das erhält jung“. In meinem Fall geht es nicht um Theorien sondern um Pläne, aber vielleicht hält deren Einstampfung auch jung, zumindest geistig
Das klingt doch prima!
Viel pensionäre Freude wünscht dir Lu
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In einer Weise ja, aber ich muss mich erst dran gewöhnen …
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Das dauert wahrscheinlich etwas. Aber was soll’s?!
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Ja, verstehe…. bei uns in der Akademie für Ältere – haben wir jetzt auch uns wieder langsam der „Normalität“ angenähert. Mein Kurs, der nun seit Corona-März auf Eis gelegt wurde – wird nun wieder aufgenommen. Aber das ist auch gewohnheitsbedürftig (Masken auf den Gängen und auf dem Klo, überall Pfeile auf dem Boden und ) wir sitzen jetzt nicht mehr im Kreis im philosophischen Gespräch, sondern hintereinander (mit festgetackerten Tischen und Stichproben vom Gesundheitsamt) wie in der Grundschule einzeln an den Pulten)
Ja, da hast Du wirklich den richtigen Zeitpunkt gewählt….
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Bei einem Gespräch hintereinander zu sitzen ist aber extrem unattraktiv ….
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Kann ich dir gut nachfühlen in jeder Hinsicht. Ich war ja die letzten 14 jahre auch an einer Schule beschäftigt freilich unter anderen Bedingungen, und ließ mich vorzeitig verrenten. Ein paar wertvolle Kontakte zu damaligen Kolleginnen sind mir geblieben – älteren und jüngeren. Aber mit dem Sichsehen klappt es selten.
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Ja, eben, so stelle ich mir das auch vor. Die Treffen werden seltener, mit manchen hat man sich gar nichts mehr zu sagen. Es braucht eine Neuorientierung …
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… da hat „man“ Glück, in ein Haus, das einem nicht sympathisch ist, nicht einziehen zu müssen … !
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Ja, das sehe ich auch so …
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Das Loslassen kommt von selbst. Viel Vergnügen im Ruhestand!
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Vielen Dank. Es dauert wohl nur eine Weile …
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Diese Aufzählung von Gründen, warum es gerade jetzt in der Schule sowieso nicht mehr so nett ist, klingt ein wenig wie das Pfeifen im dunklen Wald. Obwohl deine Gründe ja stimmen.
Die Entfernung vom bisher Gewohnten wird mit jeder Woche größer, und immer mehr erfüllt dich das neue Leben, verdrängt das bisherige, bis es dir unvorstellbar fremd geworden sein wird. Du musst nur dem neuen Leben auch Inhalt bieten, und das erfordert in Zeiten von Corona größeren Einfallsreichtum.
Wenn die Freiheit in Zukunft wieder frei sein wird, dann spätestens wirst du sie berauschend finden.
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„Pfeifen im dunklen Wald“ kenne ich als Ausdruck gar nicht, aber mir ist klar, was du meinst. Teilweise ist es das sicher, aber nicht nur. Mir sind die neuen schulischen Rahmenbedingungen wirklich sehr unsympathisch.
Ich höre sehr gerne von dir und anderen Expertinnen und Experten, dass das Loslassen von selbst kommt.
Ich fühle mich zwar beim Reisen eingeschränkt, aber Freiheit ist ja eine innere Einstellung und hat mit äußeren Umständen nicht unbedingt zu tun. Wie großartig es aber ist, Zeit für alles zu haben, was mich interessiert, ahne ich schon am Horizont 😉
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Wie gut mir dein Freiheitsbegriff gefällt, Myriade! Sehr ähnlich ist er dem meinen.
Du wirst für dich schon alles gut einrichten.
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Ja, da habe ich gar keinen Zweifel nur über den Zeitfaktor. Ja die Freiheit….
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Ich wünsche dir einen guten Start ins „pensionierte“ Leben. Ich denke, dass es dir an Beschäftigung nicht mangelt! LG aus Südindien Irène
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Danke dir! nein, langweilig wird mir sicher nicht 😉
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Es ist eine Umstellung. Immerhin lebst du nicht allein. Alleinlebenden fällt es nämlich schwerer, eine Routine aufrecht zu erhalten …
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Es wird sich alles ergeben ..,.
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Ich wurde kurz nach meinem Renteneinstieg von Kolleginnen und Kollegen eingeladen und erinnere mich noch gut an das Gefühl, nicht mehr dazu zu gehören. Ich dachte, dass das, was ich als Rentnerin erlebte, für Berufstätige höchst uninteressant sei. Ich wusste gar nicht, was ich erzählen sollte. Dafür gab es plötzlich enge Kontakte mit ehemaligen Kolleginnen, mit denen ich im Berufsleben wenig zu tun hatte, die aber auch nicht mehr arbeiteten. Eine davon ist eine gute Freundin geworden.
Es hat sich viel verändert und ich bin dankbar für die Zeit, die ich ganz allein und ohne Verpflichtungen selbst gestalten konnte. Zunächst habe ich mich mit folgender Frage beschäftigt: Was bleibt von mir übrig, wenn das Familienleben und das Berufsleben wegfallen und die Eltern beide gestorben sind? Zum Glück stellte ich fest: Ich alleine bin schon ganz schön viel! Liebe Grüße und einen genussvollen Ruhestand! Regine
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Gemeinsame Interessen und Lebenssituationen sind nun mal ein wichtiges Bindemittel für Freundschaften. Ich finde, das muss man realistisch sehen. Aber ich sehe neuen Bekanntschaften und Lebensbereichen interessiert entgegen. Eigentlich bin ich auf die Idee mich selbst über die Beziehungen zu anderen zu definieren noch nicht gekommen. Vielleicht sollte ich das? Keine Ahnung, ich genieße einmal die neuen Möglichkeiten und dann wird man sehen ….
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Was mir wirklich fehlen wird, ist der Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen.
So dachte ich auch. Aber es ist dann doch in meinem Fall nicht so. Man geht in neue Umfelder, die alten weiter zu betreiben, macht aus versch. Gründen keinen Sinn.
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Ja, das kann ich nachvollziehen. Die Erfahrung muss aber wohl jede/r selbst machen … Ich bin neugierig, wie es werden wird.
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