Barracoon – Geschichten vom letzten amerikanischen Sklavenschiff

50. Station der literarischen Weltreise – Benin

Eines der Vorwörter zu diesem Buch stammt von Alice Malsenior Walker, der Autorin des Romans „Die Farbe Lila“, der 1983 mit dem American Book Award und dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und 1985 von Steven Spielberg verfilmt wurde.

„Wenn man Barracoon liest, versteht man sofort, welches Problem viele Schwarze, vor allem schwarze Intellektuelle und politische Führer, vor Jahren damit hatten. Es benennt schonungslos die Gräueltaten, die afrikanische Völker aneinander verübten, lange bevor angekettete Afrikaner traumatisiert, krank, desorientiert, ausgehungert als „schwarze Fracht“ auf Schiffen im „höllischen Westen“ eintrafen. Wer mag sich das maßlos grausame Verhalten der „Brüder und Schwestern“ eingestehen, die unsere Vorfahren als Erste gefangen nahmen?  Wer wollte in aller fürchterlichen Detailgenauigkeit wissen, wie afrikanische Häuptlinge zielgerichtet Afrikaner von benachbarten Stämmen fingen, wie sie Eroberungskriege provozierten, um Menschen – Männer, Frauen und Kinder – , die nach Afrika gehörten, für den Sklavenhandel zu erbeuten? und dies auf so abscheuliche Art und Weise, dass es einem noch 200 Jahre danach bei der Lektüre vor Grauen und Jammer schaudert. Dies ist, machen wir uns nichts vor, mehr als quälend zu lesen“

Vorwort von Alice Walker p.10

Es handelt sich hier um einen relativ kurzen Text, der die autobiographisch erzählte Geschichte von Cudjo Lewis sein soll und wohl auch ist, die von Zora Neale Hurston  1927 und 1928 aufgezeichnet wurde, was ihr auch Kritik an der wissenschaftlichen Verlässlichkeit ihrer Arbeit eingebracht hat. Die Lebensgeschichte wird von mehreren Vorwörtern und Einleitungen eingerahmt. Es gibt auch einen Anhang mit afrikanischen Geschichten und der Beschreibung von Spielen.

Es hat mich angerührt, wie hier von einer Afroamerikanerin jedes kleinste Krümel von Geschichte ihrer Vorfahren eingesammelt und betrachtet wird. Auch dem afrikanischen Sklavenhandel, der älter ist als der afro-europäische oder afro-amerikanische sieht sie ohne Beschönigungen  ins Auge. Das große menschliche Bedürfnis nach Wissen über die eigenen Wurzeln wird hier sehr deutlich.

Cudjo Lewis, der eigentlich Kossula hieß, war ein Afrikaner, der 1859 auf dem letzten Sklavenschiff, der Clotilda, nach Amerika gebracht wurde zu einem Zeitpunkt zu dem der Sezessionskrieg bereits im Gang war und die offizielle Abschaffung der Sklaverei auch in amerika nur noch eine Frage der Zeit.

Sein Leben war hart. Angefangen mit seiner Gefangennahme durch das Heer des Königs von Dahomey, der einen blühenden Sklavenhandel betrieb  und alle Angehörigen eines Volkes, die für den Verkauf als Sklaven an die amerikanischen und europäischen Sklavenhändler nicht in Frage kamen, köpfen ließ. Einige Jahre lebte er als Sklave. Nach der Befreiung wurde sein Leben nicht wirklich leichter, ein Schlag folgte dem nächsten. Seine Kinder starben eines nach dem anderen. Trotz allem war er einer der Begründer einer Gemeinschaft von Afrikanern auf die die schon länger in Amerika befindlichen Sklaven herunter sahen und sie als Wilde betrachteten. An diesen wahnwitzigen Mechanismen menschlichen Verhaltens hat sich ja nichts verändert.

Dieser Leseeindruck hat gar nichts mit meinem Meinungsaustausch mit Natalie bei den „Brüsten des Modells“ zu tun. Es ist reiner Zufall , dass ich gerade ein Buch zu diesem Thema gelesen habe.

9 Gedanken zu “Barracoon – Geschichten vom letzten amerikanischen Sklavenschiff

      1. Haha, nice reaction there, I totally feel you. It took me forever to respond to my nomination but I am glad it’s done. Phew!

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  1. Was Brüder und Schwestern einander antun, ist ja oft schmerzhafter, als es je ein Fremder tun könnte. Wobei ich hier das „schmerzhafter“ nicht als subjektive Befindlichkeit meine, sondern schon ganz sachlich und begründet.

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