Die ABC-Etüden
Wie immer bei Christiane . Die Wörter kommen diesmal von fraggle
Diese 3 Begriffe sollen in einen höchstens 300 Wörter langen Text eingebaut werden
Großtante Marie war verstorben. Sie war die mit Abstand unbeliebteste Person in der Familie und obwohl sie in der Nachbarschaft mehrerer Neffen und Nichten wohnte, ging man ihr aus dem Weg. Ein oder zweimal im Jahr lud sie ihre zahlreichen Verwandten zu einem sehr bescheidenen Imbiss ein und verabsäumte nie, darauf hinzuweisen, dass sie sich noch nicht klar darüber war, wem sie ihr beträchtliches Vermögen vererben würde. Dieses unerfreuliche Familientreffen hatte zum letzten Mal vor einem halben Jahr stattgefunden. Der Imbiss war noch ein bisschen bescheidener als sonst ausgefallen, die Großtante hielt ihr Haus verschlossen und hatte im Gewächshaus gedeckt, auf wackligen Holzgerüsten, ein paar Brötchen auf schmutzigem Geschirr. Allein das hätte auffallen müssen, denn die Tante war zwar immer knauserig bei der Bewirtung, aber ihr Porzellan war von höchster Qualität und normalerweise sauber. Sie selbst wirkte krank, ungepflegt, verwirrt, sprach über Verfolgungen und Verschwörungen. Alle Anwesenden mussten bemerkt haben, dass sie dringend Hilfe benötigte. Aber niemand reagierte, niemand wollte das heiße Eisen anfassen.
Nun stöhnte die Familie unter komplizierten Nachlassverhandlungen. Zahlreiche Testamente hatte die Tante verfasst, dutzende undatierte Seiten in einer kaum lesbaren Schrift mit vielen Streichungen und ebenso vielen Widersprüchen. Der Notar meinte, dass es einfacher wäre ein gefälschtes Testament durchzubringen als diese Situation irgendwie aufzuklären. Und die Streitigkeiten der Familienmitglieder untereinander lagen noch in der Zukunft.
Die Obduktion erklärte zumindest ihren Tod und ihre Verwirrtheit. Sie hatte aus allgemeinem Misstrauen gegen Medizin und Ärzte die hochdosierten Medikamente gegen ihre Schilddrüsenunterfunktion abgesetzt und durch große Mengen jodhaltiges Salz ersetzt. Berge von Salzpaketen lagen in ihrem ganzen Haus verstreut. Auch alle anderen Medikamente, die ihren Gesundheitszustand einigermaßen stabilisiert hatten, waren im Müll gelandet, die Fenster von innen mit Brettern vernagelt. Es hatte zwei Monate gedauert, bis man die Leiche fand. Der Hinweis kam vom Briefträger.
297 Wörter
Ist manchmal schon erschreckend wie lange Leichen unentdeckt bleiben.
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Passiert immer wieder
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Ja leider.
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Iiiiiiiiiiiiiiiiih! Bloß gut, dass ich keine Nichten und Neffen in der Umgebung haben – ich wüsste gar nicht so recht, wer es bei mir zuerst merken würde.
Wenn ich endlich mein neues Schloss mit vollzähligen Schlüsseln habe, dann merkt es die Freundin, der ich jeden Tag gegen 18.00 Uhr eine Nachricht schicke. Die steht dann in meiner Wohnung – und kann vielleicht noch was retten oder auch nicht!
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Eine vernünftige Sache, finde ich.
Meine Uroma lag 2 Tage nach einem Sturz in der Wohnung.
Obwohl die Nachbarin sah dass die Rollos nicht wie gewohnt geöffnet wurden, reagierte sie erst am zweiten Tag.
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Meine Tante war mal im Nachthemd – also quasi mit nacktem Popo – zwischen Couch und heißer Heizung eingeklemmt. Wenn nicht der Bruder im gleichen Haus jeden Tag nach ihr geschaut hätte, wäre sie am Ende gegrillt – einfach schrecklich der Gedanke!
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Oh ja, furchtbar. Sie hatte letztendlich einen Oberschenkelhalsbruch.
Da ist ein soziales Netzwerk sehr hilfreich.
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Auf jeden fall sehr unangenehme Überlegungen.
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Das schent ja ein durch und durch unangenehmer Familienverband zu sein. Die Großtante nur die Spitze des Eisbergs.
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Auf den ersten Blick sind das alle wahrhaftig keine Sympathieträger, aber vielleicht, falls sie zu Figuren einer längeren Geschichte würden, könnte man die Verflechtungen herausarbeiten …..
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Oh je. Es gibt Leute, die sich total zurückziehen und den Kontakt zur Realität abbrechen. Aber dass die sogenannte Familie das zulässt bzw. nicht vorher eingeschritten ist – keiner, das ist schon traurig.
Liebe Grüße
Christiane
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Ja, traurig und verwickelt ….
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Ich finde das traurig. Keine Ahnung wie weit sie ihre Misere selbst verschuldet hat, aber so alleine sollte kein Mensch am Ende seines Lebens sein.
Grüße, Katharina
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Es ist wahrhaftig nicht schön ohne soziale Kontakte zu leben……
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Au weioah, da hast Du ja tief in die Verwicklungskiste gegriffen, liebe Myriade.
Schon mies, ein solches Ende haben zu müssen, aber wissen wir denn, was so ein altes Gehirn sich alles ausdenken kann?
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Die menschlichen Verwicklungen sind unendlich
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