Die ABC-Etüden
Wie immer bei Christiane . Die Wörter kommen diesmal von fraggle
3 Begriffe in einem 300 Wörter langen Text einbauen
Sie genoss ihre Leberknödelsuppe. Kein Superfood, kein Matcha, Moringa, Acai, Goji oder Baobab, kein jodhaltiges Gemüse, noch nicht einmal Nüsse waren drin. Leber, ein ungeheuerlicher Ausrutscher für eine selbstoptimierte Leistungsträgerin. Aber köstlich !
Sie betrachtete das Firmengebäude gegenüber. Die Glasfront, die glänzenden Metallflächen, die Bäume im Dachgarten und dachte an das überdimensionierte Portrait des Firmeninhabers, das wie ein Konterfei des Großen Bruders in der Eingangshalle hing. Alles war ihr vertraut. Die feucht-schwüle Atmosphäre in diesem Gewächshaus der Intrigen und Verleumdungen. Sie beherrschte das Metier: das Andeuten, das Fälschen von Informationen, das geheuchelte Bedauern auch das gemeinsame Joggen und Aushorchen. Sie kannte die Codes der Branche. Auch das Anwenden der samtig-gemeinen Stimme und des bedauernd-verachtungsvollen Blicks gehörten zu ihrer täglichen Routine.
Jetzt saß sie beim Wirten auf der anderen Straßenseite. Hierher verirrten sich ihre Kollegen und Mitarbeiter selten. Ein bodenständiges Lokal mit mittelmäßigem Essen. Mit Ausnahme der Leberknödel, die waren erstklassig. Das Auskundschaften solcher Perlen in schäbigem Dekor gehörte zu den Eigenschaften, die sie im Verborgenen kultivierte, von denen sie aber hoffte, dass sie ihr späteres Leben bereichern würden.
Auf ihrem privaten Laptop gab es zwei streng geschützte Bereiche: in einem ruhte das vollständig ausgearbeitete Rationalisierungskonzept, das die oberste Führungsebene der Firma bei ihr in Auftrag gegeben hatte, der andere Bereich enthielt eine einzige Seite: ihre Kündigung. Noch war sie nicht sicher, was sie am nächsten Tag weiterschicken würde. Vielleicht zuerst das Rationalisierungskonzept, für das sie eine sehr fette Prämie bekommen würde, das aber für gut ein Drittel der Belegschaft den Rausschmiss bedeutete und dann die Kündigung. Lange konnte sie diese Kündigung nicht mehr aufschieben, der Blick in den Spiegel unter die perfekte Fassade ekelte sie schon zu sehr.
Ein letztes Stück Leberknödel ließ sie sich auf der Zunge zergehen. Vielleicht doch morgen zuerst die Kündigung?
294 Wörter
Ich bin gerade etwas mund – bzw. schreibfaul, darum nur ein „wunderbar geschrieben“, Myriade!
herzlichst, Ulli
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Vielen Dank, das freut mich sehr !
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Sie braucht die Kohle? Dann sollte sie die nehmen und gehen. Wofür sonst hat sie es gemacht?
Fein. Sehr nachdenkliche Untertöne.
Liebe Grüße
Christiane 😁👍
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Ich fürchte das ist keine wirklich unrealistische und auch keine seltene Situation …..
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Eine sehr kreative Verwendung des „Gewächshauses“!
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🙂 🙂
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wie Ulli!
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Leberknödelsuppe: sie liebt das Anständige, das Bodenständige, also wird sie zuerst kündigen. So klar wie Kloßbrühe.
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Das müsste sie dann schon getan haben. Hmmmm, habe noch nichts gehört 🙂
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Klingt nach einem furchtbaren Ort. Da wird der Selbstoptimierungsgedanke auch karrikiert.
Leberknödel sindbübrigens eine schöne Gegenposition. Schmecken mir zwar nicht, sind mir aber sympathischer als Acaibowls. 😉
Grüße, Katharina
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Leberknödel haben doch etwas sympathisch unoptimiertes 🙂
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Wow, was für eine tolle Etüde, die haarscharf trifft, was viele, die auf der Karriereleiter hochklettern, praktizieren. Sich selbst verleugnen, um der Kohle und des geschmeichelten Ichs willen, die sich selbst verleugnen und vielleicht viel zu spät aufwachen, am Rande des Daches, hoch oben auf einem Hochhaus, weil ihnen das der einzige Ausweg scheint, um ein Gesicht zu wahren, das schon lange keines mehr ist.
Bei der Leberknödelsuppe ist sie echt und sie wird die Kündigung losschicken, ganz egal, wieviel Geld sie dabei verliert.
Danach wird sie mit großem Genuss eine frisch zubereitete Leberknödelsuppe verspeisen, denn sie weiß, daß sie dieses Mal wenigstens richtig gehandelt hat! ENDLICH!
Ganz herzlich, Bruni
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Oh, toll liebe Bruni, dass du dich da so hineindenken kannst in meine Leberknödelesserin. ❤ Tatsächlich liegt gegenüber dem Wirten bei dem ich öfter mal zu Mittag esse, die IT-Schmiede der überaus widerwärtigen Firma Novomatic und ich sehe immer hinüber. Der F. hat in dem Gebäude einmal irgendeine Schulung besucht, daher weiß ich, dass dort in der Eingangshalle tatsächlich ein überdimensioniertes Bild des Firmenchefs hängt ….
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*lach*, tja, dann verstehe ich den Impuls zu der Etüde noch besser 🙂
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Junge, Junge, was für ein Text! Einfach großartig! Hat mir sehr gefallen, vielen Dank!
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Danke schön ! *freu*
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