Die ABC-Etüden
Wie immer bei Christiane
Die drei vorgegebenen Wörter in einen Text von maximal 300 Wörtern verpackt.
Zu warm, zu trocken, die Konsistenz ist völlig falsch, die Farbe erschreckt mich, die Wurzeln kommen nicht richtig durch, ich muss mich überwinden, ein Blättchen auszutreiben. Es muss ja sein, aber es passt alles nicht. Meine Wurzeln suchen panisch nach den richtigen Nährstoffen, ohne dass ich sie benennen könnte. Wie diese seltsamen, fremden Gewächse meine Blätter anzüglich anstarren. Dabei bin nicht ich es, die seltsam aussieht. Ich habe keine überlangen Triebe, die sich im Wind bewegen, keine winzigen Körner. Ich bestehe aus vielen Rundungen, mein Fleisch ist von attraktivem Lila, die Blätter, die aus den giftigen Trieben wachsen, sind verlockend dunkelgrün, wunderschön strukturiert. Und meine weißen Blüten stellen alle anderen in den Schatten. Bevormunden lasse ich mich nicht, ich blühe so weiß, wie in allen anderen Erden. Sollen sie alle gelb blühen oder rosa, richtig ordinär neben meinen zarten, eleganten, weißen Blüten.
Wie wahr doch das Lied der Urahnin. Ich habe es pflichtbewusst gelernt, aber nie geglaubt: die Geschichte von den gebirgigen Höhen mit der klaren Luft und dem besonderen Regen auf den Terrassen, die Geschichte von der Entwurzelung, der weiten Reise über´s Wasser. Und dann das Überleben in der falschen Luft, der falschen Erde mit den unbekannten Pflanzen und Tieren. Menschen gab es auch, aber sie hatten überall andere Stimmen und andere Hände. Auch wir veränderten uns und die neue Erde wurde weniger fremd.
Jetzt hat die Veränderung auch mich getroffen und ich muss wohl auch ein Lied darüber erdenken und es meinen Knöllchen beibringen. Über die weite Reise, das Schaukeln der Esel, die Sehnsucht nach der Erde wenn der Drang zum Austreiben kommt, die seltsamen fremden Stimmen, die unbekannte Musik. „Kartoffel“ nennen sie mich hier. Wieder ein neuer Name, ein neues Land …
Oh Myriade, wie scön!!!
Du siehst mich ganz verzückt hier sitzen und lächeln.
Herzensgrüße an dich
Ulli
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Das freut mich sehr. Ich glaube auch, dass das Kartöffelchen ganz sympathisch ist ❤
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Wunderschön!!!!
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Danke ❤
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Elegisch, wirklich, das trifft es. Eine entwurzelte Kartoffel. Ich werde Kartoffeln mit anderen Augen sehen …
Sehr gelungen, ich schließe mich da meinen Vorrednern gerne an.
Liebe Grüße
Christiane
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Danke, ich habe sie richtig lieb gewonnen 🙂 WP dagegen etwas weniger
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Wunderbar, Myriade! Ich knobelte auch an einer Etüde über die Einfuhr der Kartoffel, aber in weniger poetischem Sinn. Kata-strophisch eben.
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Der Zugänge gibt es viele 🙂
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Wirklich schön beschrieben.
Eine Pflanze mit Seele.
Wie kann man jetzt noch unbedenklich in die Kartoffel beißen?
LG, Nati
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🙂 😉
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Ich werde bestimmt an deinen Text denken wenn ich diese Woche Kartoffeln zubereite, lach…
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Ein poetisches Lied einer Kartoffel. Wie schön 🙂
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Danke. Kartoffel sind ja bei näherer Bekanntschaft nicht annähernd so prosaisch wie man annimmt
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😉
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Sehr schön
Dein Poem
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Danke schön, ich liebe Erdäpfel 🙂
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✌
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Und es kommen einem Gedanken dazu in den Kopf wie Versklavung der Neger, Entwurzelung in ihrem Heimatland, Überfahrt nach Amerika, andere Menschen bestimmen jetzt über sie ….., das ganze Spektrum halt. Eine schöne Parabel!
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Danke schön !
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Wundervoll, ganz wundervoll, liebe Myriade! Ich bin ganz begeistert über das, was ich hier finde
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Danke schön, das Kartöffelchen winkt
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Eine poetische Kartoffel-Etüde – wundervoll zu lesen und nochmal etwas ganz anderes als die anderen Etüden.
Liebe Grüße
Nicole
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Danke schön! Es macht Freude immer wieder mal was Neues zu suchen.
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