Bei Christiane gibt es diese Woche eine Extra – ABC- Etüde
Die 6 Wörter der letzten 4 Wochen verpackt in einen 5oo Wörter-Text
Hätte ich mehr Zeit, würde ich daraus einen wesentlich längeren Text machen, aber es geht eben nicht. So hat es auch Spaß gemacht.
Es ist noch gar nicht so lange her, da fühlte sich die Insel Madeira einsam und beschloss nach einer anderen Insel zu suchen, mit der sie sich geistig und emotional austauschen könnte. Über die Möglichkeiten einer physischen Annäherung wollte sie noch nachdenken.
Wegen sprachlicher Gemeinsamkeiten und kultureller Ähnlichkeiten streckte sie – im übertragenen Sinn – ihre Fühler zunächst in Richtung der Azoren. Wunderbare Landschaften, ja, aber für das heitere, lebenslustige Madeira war da alles ein bisschen zu ernst und ein bisschen zu getragen, andererseits wiederum auch zu ähnlich. Man kennt das ja: es ist nicht ganz klar, warum es nicht passt, aber darüber, dass es nicht passt, besteht kein Zweifel.
Es gab ja noch andere Kandidaten, die Kapverdischen Inseln wurden als nächstes in Betracht gezogen. Die Kontaktaufnahme mit Cabo Verde fiel leider in die Zeit der Salazar-Diktatur in Portugal und so lernte Madeira zunächst das Konzentrationslager Tarrafal kennen, in dem der Diktator seine Feinde und Kritiker gefangen hielt. Entsetzt wandte sie sich ab und verhielt sich in den folgenden Jahren ganz still vor Angst, dass womöglich auch auf ihrem Gebiet solch verdorbene Krebsgeschwüre auftauchen könnten.
Als sie sich von ihrem Schreck erholt hatte, im Fall von Inseln kann das Jahre und Jahrzehnte dauern, war die Diktatur endlich beendet, nicht nur in Portugal auch im Nachbarland Spanien und so begann Madeira an die Kanarischen Inseln zu denken. Dass diese Inselgruppe nicht nach Vögeln sondern nach Hunden benannt worden war, wusste sie natürlich, auch dass es dort einen gewaltigen Vulkan und große Lavafelder gab, was ihr nicht so gut gefiel. Es war nun aber schon der dritte Anlauf für eine Inselbekanntschaft und daher beschloss Madeira alles gründlich zu prüfen bevor sie eine Entscheidung treffen würde.
Ein Café neben dem anderen, bevölkert mit Kohorten von lauten, schenkelklopfend-lustigen, Socken in Sandalen tragenden, militärisch brüllenden Menschen. Heuschreckenschwarmartig irrten und torkelten Betrunkene herum. Tenerife war offenbar besetzt worden und von militärisch besetzten Gebieten wollte Madeira auch nichts wissen. Wie sollte der Austausch mit so einer Insel auch aussehen …
Diesmal brauchte sie gut 20 Jahre um einen weiteren Versuch in Betracht zu ziehen. Sie wollte sich diesmal in den Norden orientieren. Island war ihr erstes Ziel. Doch, wie schrecklich, ihre zahlreichen und wunderschönen Blumen, die in einem ganzjährigen Frühlingsklima lebten, gründeten eine Gewerkschaft und riefen den Widerstand aus gegen Eis und Schnee und stürmische Winde.
Seufzend wollte Madeira resignieren, da fiel ihr Inselauge auf eine nicht ganz nördliche und nicht ganz südliche große Insel. Sanfter Nieselregen begoss gerade ihre üppige Vegetation. Malerische Klippen gab es überall dort, wo der Atlantik in die Küste hineinbiß. Die Bewohner waren freundlich, die Musik weich und schmiegsam. Die sanfte Melancholie, die über der Insel lag, kontrastierte auf das Angenehmste mit Madeiras Fröhlichkeit, die ja auch nicht frei war von portugiesischer Schwermut.
Als die Blumengewerkschaft den ersten heftigen Sturm vom Nordatlantik entdecken musste, war es zu spät: Madeira war heftig verliebt und ließ sich nicht mehr umstimmen. Den Traum von physischer Annäherung musste sie zwar aufgeben, aber seit Jahren führen nun Madeira und Irland eine romantische, gegenseitig in fast jeder Hinsicht befruchtende und sehr glücklich machende Fernbeziehung.
Da ich weiß, dass du gern reist – gibt es Verbindung zwischen Madeira und Irland, oder hast du dir das sehnsuchtsvoll aus den Fingern gesogen?
Liebe Grüße
Christiane
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In meiner persönlichen Geschichte gibt es die schon, sonst …… nicht, dass ich wüsste. Jedenfalls sind beide auf ihre Art seeeeehr schön.
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Eine wunderbar beschriebene Suche mit bezaubernden Ende. 😊
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So schön beschrieben, liebe Myriade. ….. Eine phantasievolle Romanze zum Frühling. Das hat Freude gemacht es zu lesen. 😊🎶🏝️
Alles Liebe
„Benita“
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Das freut mich. Blütengrüße
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Liebesgeschichte, Reise und Geschichtsunterricht in einem. Toll! 🙂
Grüße, Katharina.
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Großartig, eine Etüde mit Lerneffekt von der romantischen Seite aus aufgezogen. Du scheinst beide Inseln zu kennen und zu lieben!
herzlichst, Ulli
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Oh ja, beide sind mir auch wichtig und ich habe dort ganz unterschiedliche Dinge erlebt und gelernt ….
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Tja, dann man ab auf die Insel(n)!
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Wo die Liebe so hin fällt… Auf Irland wäre ich gar nicht gekommen. Meine Eltern waren überrascht, wie viel Vegetation es auf Madeira gibt, vielleicht passen die beiden grünen Inseln ja auch deshalb gut zusammen.
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Madeira ist ein riesiger Garten mit einem Klima, das das ganze Jahr über Blühen und Wachsen ermöglicht ……
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Was für eine überraschende Etüde. liebe Mayriade.
Mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht mit so einer besonderen Inselträumerei, die nach vielen, vielen Jahren endlich von Erfolg gekrönt ist und fortan leben beide Insels zwar weiterhin räumlich voneinander getrennt, aber in virtuellen Gesprächen sicherlich dicht beieinander und traut vereint.
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Insels sollte es wirklich nicht heißen, grummel grummel, sondern Inseln! *stöhn*
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Ich habe aber doch ganz bestimmt nicht „Insels“ geschrieben …..
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Ach so, hier sind die Insels passiert, ich habe schon meinen Text dreimal durchgelesen 🙂 🙂
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