Sündig, der Mensch – ABC-Etüden

Die ABC-Etüden bei  Christiane

Es soll ein Text entstehen mit einer Länge von  maximal 300 Wörtern, in dem die 3 vorgegebenen Wörter vorkommen.

Die Art des Textes kann frei gewählt werden.

Sündig die Hand, sündig, sündig der ganze Körper, hart die Zellenmauer, wenn der Kopf dagegen geschlagen wird, immer wieder, immer härter um die sündigen Gedanken zu vertreiben.

Kalt der Körper, Raureif auf der Decke, aber immer noch eine Decke, immer noch dieses sündige Verlangen nach Bequemlichkeit, immer noch nicht geläutert, immer noch dieser unwürdige Körper, geißeln, geißeln bis aufs Blut, bis die Haut aufspringt, bis die Seele Macht über das sündige Fleisch gewinnt.

Barfuß auf den Steinen, zittern vor Kälte, gefühllos werden die Zehen und Finger, der Wind der Veränderung bläst herein, aber nicht stark genug, zu sündig ist dieser armselige Mensch, zu sehr hängt er noch an seinem irdischen Körper, an seinem Fleisch, an seiner Lust.

Steif werden Sehnen und Gelenke, die Kälte des Steinbodens durchdringt alles, die Kälte der Unzulänglichkeit, der Sünde.

Die wenigen Möbelstücke in der Zelle verrückt, vor die Tür geschoben, das Benzin über den fast schon empfindungslosen Körper gegossen und dann ein Streichholz. Verglühen aller Sünden im Feuer der Reinigung, Verglühen des Körpers, des Menschen, des Lebens.

 

44 Gedanken zu “Sündig, der Mensch – ABC-Etüden

  1. Für mich ist eine Frage offen: handelt es sich um einen eingesperrten und verurteilten Frauen- oder Kinderschänder, der sich jetzt selbst richtet, weil er seine Schuld nicht tragen kann, oder soll es gar ein Mönch sein, der in seiner Selbstkasteiung und Fehlleitung durch falsch verstandenen Glauben sich reinwaschen will?

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  2. Hallo Myriade, wenn ich dich extra anrede, muss mich schon was gepackt haben. Nach den ersten zwei Zeilen dachte ich: „Oh, ein Priester, der seine missbräuchlichen Verfehlungen einsieht und bereut.“
    Doch dann las ich weiter – und es wurde immer mehr zu einem Fanatiker, der mehr büßen will als er je gesündigt hat – vielleicht psychisch sehr krank.
    Und dann – wie Christiane – die Frage: Wie kommt der in der Zelle an Benzin heran. Gefängnis kann es nicht sein, denn dort könnte er sich nicht so lange geißeln, die werden wohl alle überwacht. – Also vielleicht doch Zelle im Kloster.
    Du wirst es uns, mich wissen lassen!.

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    1. Ja, liebe Clara, klar gibt es einen Steckbrief für dich: es ist ein fanatischer Mönch, der aber in einem durchschnittlichen Kloster lebt, wo es überhaupt kein Problem darstellt, an Benzin heranzukommen. Aus Rücksicht auf religiöse Gefühle anderer habe ich die Worte „Gott“ und „Herr“ vermieden, die die Sache noch etwas intensiver machen könnten.

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          1. Du kleine Sumpfdotterblume oder sündig dotterblume oder irgendsowas.
            Ich bin ganz stolz auf mich, dass ich deine wunderbaren Worte in meine Gedanken fassen konnte und das alles richtig war.
            Ich kann auch damit leben, dass es keine Fortsetzung mehr gibt.
            Mir kam aber dennoch der Gedanke, ob sich einer der Priester, die sich zigfachen missbrauchs schuldig gemacht haben, jemals solche Gedanken gemacht haben.

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            1. Wahrscheinlich nicht. Ich glaube nicht, dass diese Leute psychisch instabil sind, sie haben nur sexuelle Neigungen mit denen sie nicht umgehen können und verdrängen die Gewalt, die sie den Kindern antun. Ein richtig grausliches Thema ……

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                  1. Ich hoffe sehr, dass ich dir da widersprechen kann. Ich glaube, die Kirche ist hellhörig geworden und die Gläubigen auch. Ich glaube nicht, dass ein Priester einfach nur versetzt wird, wenn irgendwas ruchbar geworden ist. So viel Macht hat die katholische Kirche nicht mehr

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                    1. Es wird sicher nicht total verschwinden Punkt aber es ist ja wohl wirklich so, dass der meiste Missbrauch innerhalb der Familien stattfindet. Und dadurch, dass es jetzt derartig in den Fokus der Menschen gekommen ist, können sich das nicht mehr so viele Priester leisten, mit ihren Ministranten oder mit jungen Mädchen oder Kindern einfach ihre sexuellen Spielchen zu treiben. Ich hoffe ganz sehr für die betroffenen Kinder, dass meine Gedanken die richtigen sind.
                      Spaßeshalber sage ich jetzt mal doch schon gute Nacht, obwohl ich noch nicht ins Bett gehe, aber ich will Computer und Handy ausmachen. Guts Nächtle

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  3. da hast du ja, angeregt durch das Wort sündig, ein wahres Fegefeuer angeblasen! Ja ja, sündig ist der Mensch, unausweichlich und immer schon, und wenn er seinem Leben schließlich selbst ein Ende setzt, ist ihm das Höllenfeuer gewiss. O weiowei!

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  4. Wow! Wie gut ich das alles nachvollziehen kann. Buße, Geißelungen, was für ein Irrsinn, schlimm fand ich auch immer die Szenen bei denen es um Teufelaustreibungen ging!
    Sehr gut geschrieben, liebe Myriade, Chapeau.
    Herzlichst, Ulli

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    1. Es gibt in dem Bereich ein reichhaltiges Repertoire an Grauslichkeiten. Alljährlich zu Ostern bekommt man da einiges zu sehen, in ganz verschiedenen Teilen der Welt.
      Danke schön fürs Lob! Ich übe mich im sprachlichen malen von Bildern und freue mich, wenn es gelingt.

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          1. Mir ist nur kein Dritter Gegenstand mir eingefallen, deswegen habe ich aus Verlegenheit die Finger eingesetzt. Ich würde auch nicht mit den Fingern malen, aber Kinder können das sehr gut.
            Das war’s von nachteule zu Nachteule, ich glaube, heute gehe ich fünf Minuten eher ins Bett als sonst

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            1. Ich kenne auch Erwachsene, die gerne mit den Fingern bzw Händen malen, allerdings ziehen die oft Handschuhe an ……
              Dann wünsche ich dir gute Nacht. Ich habe morgen frei und lese daher noch eine Weile ….

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  5. Mir gefällt es ganz und gar nicht, aber es ist toll geschrieben, liebe Myriade, und doch dachte ich zuerst an Folter, Hexenprozesse und ich merkte, wie ich mich immer wieder gegen dieses Sündigsein mit aller Macht wehre, weil damit so viel Schlimmes geschah und ich hoffte immer, es wäre vorbei mit dem Mittelalter, aber ich bedachte nicht die Lüste der Gierigen, der Fanatischen, die der Sünde an den Kragen gehen auch wenn sie sich selbst damit umbringen.
    Wieso soll es denn im Himmelreich schöner sein als auf der Erde und mitten zwischen allen ihren Wundern?
    Ach, verdammt, Du hast mich erwischt, Dein Text war zu gut

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  6. Komme leider erst heute zum Lesen! Supergut geschrieben und Irrungen und Wirrungen hat es von jeher auch bei Mönchen gegeben. Wie viele von denen wurden früher einfach ins Kloster gesteckt (bei Mädchen nicht anders), weil man das in katholischen kinderreichen Gegenden und Familien so machte. Freiwilligkeit und Berufung standen oft ganz weit hinten an …Ganz großes Kino!

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    1. Ja, ja, in Klöstern haben sich wohl viele Komödien und Tragödien abgespielt. Ich hatte gar nicht daran geacht, aber du hast ja völlig recht. Der Anteil an sich freiwillig in einem Kloster aufhaltenden Männern und Frauen war wohl wirklich zu manchen Zeiten sehr gering

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