Es nagt

Es nagt an mir, dass ich keine Pläne für den Sommer machen kann. Zwei Drittel der OP-Wunde sind gut verheilt, aber das restliche Drittel macht Probleme. Wundheilungsstörung. Wir probieren alles durch, verschiedene Arten von Pflastern, gerade habe ich den zweiten Versuch „an der Luft lassen“ gestartet. Bei chirurgischen Wunden gäbe es da sehr gute Erfolge meinte die Ärztin. Offenbar unterscheiden sich Wunden je nachdem wie sie entstanden sind. Wenn einem also jemand ein Messer in den Bauch sticht ist das eine andere Art Wunde als wenn ein Chirurg Skalpelle schwingt. Leuchtet ein. Jedenfalls aber wäre es nicht sehr vernünftig mit nässenden oder auch mit gerade verheilten Wunden auf Reisen zu gehen. Gerade das ist es aber, was ich gerne machen bzw planen möchte.

Ich fühle mich richtig eingesperrt, weggesperrt, isoliert, beschränkt, begrenzt … Der viel strapazierte Gedanke, dass ich auf sehr hohem Niveau jammere, dass es 80% der Menschheit schlechter geht als mir usw usf nützen gar nichts. Ich funktioniere im negativ-emotionalen Modus und empfinde das als äußerst unangenehm. Die Kombination von viel Zeit mit wenig Energie und eingeschränktem Aktionsradius ist sehr unbekömmlich. Ich gehe mir selbst auf die Nerven, aber wenigstens suche ich nicht nach einem Sündenbock, das rechne ich mir jetzt als Pluspunkt an.

Es wird schon zum Vergnügen zum Wirten im nächsten Häuserblock zu gehen, oder einkaufen oder eine kleine Runde. Es hat sogar schon was von großer weiter Welt, wenn die Kirchenglocken durch offene Fenster und Türen läuten. Nicht nur sonst überall auch auf meiner Terrasse blüht es, es gibt sogar Hummeln, die kuschlig herumbrummen, es scheint die Sonne, ist aber nicht allzu warm. Geduld, Geduld

30 Gedanken zu “Es nagt

  1. Wie wäre es wenn du etwas für den Herbst planst? Dann hast du ein Ziel vor Augen auf das du dich freuen kannst.
    Seitdem wir den Garten haben fahren oder fliegen wir im Sommer auch nicht mehr weg. Aber da ich eh nicht der Sommertyp bin, finde ich es nicht schlimm. Ein paar Tagesausflüge werden wir machen, aber den Haupturlaub starten wir im Herbst.
    Es gibt so viele Orte wo es noch warm und schön ist im Herbst, wenn du unbedingt Wärme brauchst.
    LG, Nati

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  2. Deinen Zustand kann ich gut nachvollziehen, besonders den Teil, dass zu dem Frust auch noch das Hadern mit sich selbst kommt. Weil man so undankbar für die guten Dinge ist, die es ja dennoch gibt. Ach ja, die Geduld! Wünsche deiner Wunde, sich wunderbar zu schließen.

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    1. Danke, danke, liebe Gerda ❤ Ich schau ja alle halben Stunden nach, ob es womöglich schon sichtbare Fortschritte gibt …… Du hast Recht, mehr Geduld mit sich selbst wäre eine gute Sache …..

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      1. Mein Vater hatte ein offenes Bein im 2.Weltkrieg. Für 2, 3 Tage vergaß er es völlig, offenbar weil diese Tage dicht und sehr gefährdet waren. Plötzlich, eines Morgens, schaute er das Bein an und die Wunde war geschlossen!

        Tatsächlich habe ich ähnliches erlebt. Viele Jahre hatte ich Neuroderminitis in beiden Handflächen, komplett. Jahrelang cremte ich sie ein, ohne Erfolg. Ich war furchtbar verzweifelt. Plötzlich gab es eine Spotanheilung, in den Tagen, als mein Bruder schwerkrank war. Ich hatte da einfach neine kurze Weile nicht mehr auf meine entstellten Hände geschaut.

        Dies als kleiner Beitrag, ich hoffe, Du kannst ihn einordnen in deine ganz andere Geschichte!

        Lieben Gruß 🙂

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  3. Wenn logisch nicht klappt versuch es mit psychologisch. Wenn ich erkältet bin, feuere ich immer meine Abwehrkräfte an. Einmal habe ich ihnen sogar eine Urkunde gemalt 😉 Vielleicht versuchst du es mal mit der Vorstellung, wie sich die Wunde schließt. Vielleicht wird der Sommer auch ohne Planung schön. Ich kenne mich damit allerdings nicht so aus und weiß nicht, ob es immer noch Last Minute gibt. Ich wünsch dir eine gute Heilhaut! 😉 Zoé

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    1. Oh ja, ich könnte den Mitarbeitern des Wundheilungssystems einen motivierenden Vortrag halten und sie dann in Reihen antreten lassen um ihre Arbeit zu tun, Provisionen ankündigen ….. Eine sehr gute Idee 😉

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  4. Liebe Myriade,

    Viel Zeit und wenig Kraft kommt mir bekannt vor.
    Ich wünsche dir, dass du das Gute in dieser Situation vermehrt sehen kannst. Ich weiß, ich bin glücklicherweise kein Maßstab, aber wenn ich lese, was dich belastet, sehe ich eben – von meinem Alltag und Erfahrungen aus ganz viel Freiraum. Alleine eine Terrasse zu besitzen ist so viel. Vielleicht magst du es so sehen, dass dir diese momentane Erfahrung einen Einblick in Lebensrealitäten von anderen Menschen ermöglicht, ein emotionales Nachvollziehen und das mit dem Glück, dass es zeitlich begrenzt ist? Und das ist es. Was dir jetzt schon ewig erscheint, wird bald gut sein. Die Wundheilung braucht seine Zeit. Deine OP ist noch nicht lange vorbei.
    Ich hoffe, dass du mich richtig versteht, ich wünsche dir von Herzen, dass es dir sehr bald wieder ganz gut geht und du alles machen kannst, das dich freut. Und zwar ganz ehrlich und aufrichtig wünsche ich es dir. Allerdings habe ich in den letzten 20 Jahren nur eine Reise gemacht und einmal eine Woche Salzburg. Ich hatte nie die Wahl, ob ich das möchte oder nicht. Auch ich reise gerne. Und so dachte ich: “ Vielleicht kann sie so manches von meinem Leben noch besser verstehen! Nämlich wie sich starke Einschränkung anfühlt.“ Vielleicht magst und kannst du es als Lernmöglichkeit annehmen?!

    Ich schicke dir ganz viel Geduld und Kraft und Zuversicht in deine Genesung. 🍀🍀🍀🌞🌷

    Alles Liebe
    „Benita“

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    1. Ja, liebe Benita, es ist mir schon klar, dass ich auf sehr hohem Niveau jammere, schließlich haben sich die zwei Tumore als harmlos erwiesen, ich bekomme einen sehr langen Krankenstand bewilligt ohne irgendeinen Gehaltsabzug, mein aktuelles Leben ist insgesamt sehr angenehm …. trotzdem ist das subjektive Empfinden von Einschränkung sehr groß. Dass diese Einschränkungen gar nichts sind im Vergleich zu dem, was viele andere Menschen erleben und nicht vorübergehend sondern lebenslang, ist mir klar. Aber zwischen intellektuellem Verstehen und echtem Nachempfinden liegt ein weiter Weg.
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      Ich denke, dass ich vieles in deinem Leben gut verstehen kann. Ob ich es wirklich so nachempfinden kann, wie es für dich ist …… Zum Beispiel habe ich natürlich erlebt, wie es ist, sich vor einer bestimmten Situation zu fürchten. Alles mitreißende Panik aber kenne ich zum Beispiel nicht.
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      Mein Partner, der F. der wahrhaftig nicht auf Rosen gebettet aufgewachsen ist, arbeitet eh sehr heftig an mir. 🙂 Oft höre ich „du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie das ist wenn …..“ Vorstellen kann ich mir vieles, aber es erzeugt halt nicht die gleiche Resonanz wie bei ihm oder bei dir.
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      Prinzipiell halte ich es aber für eine sehr gute Idee meine derzeitige relative Einschränkung als eine Übung in Empathie zu betrachten.
      Und vielen Dank für die lieben Wünsche ❤ ❤ ❤

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      1. Liebe Myriade,
        es freut mich sehr, dass meine Worte so bei dir angekommen sind, wie ich sie meinte. Es ist eben auch erlaubt, sich trotz relativ guter Rahmenbedingungen gerade sehr schlecht zu fühlen. Und es ist wichtig, diese Gefühle wahrzunehmen, wie du weißt. Erst dann kann ich sie evtl. von einem anderen Blickwinkel betrachten und daraus lernen. Ich ahne (aufgrund sehr vieler nahezu täglicher Erfahrungen) schon lange, wie weit der „Weg zwischen intellektuellem Verstehen und echtem Nachempfinden“ ist. Und ich bin überzeugt, dass Menschen sich einander mit Hilfe ihrer Empathie dennoch immer nur annähern können. Ganz Nachvollziehen wird nie gelingen, denke ich. Mir hilft dieses Bewusstsein, voll Staunen vor anderen Menschen zu stehen. Das Wunder Mensch, das Wunder Leben ….. für mich ist es viel zu groß es zu erfassen und macht mich demütig. Und ich bin dankbar und froh, dass ich dies so erkennen kann. Das fühlt sich nach Reichtum an. Ich danke dir mir einen Einblick in dein Erleben zu schenken. ❤️😊 …..
        Herzliche Grüße
        „Benita“

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  5. Tatsächlich denke ich auch, du jammerst auf hohem Niveau. Klar, ohne OP wäre alles besser, aber die Prioritäten sind doch klar verteilt. Ich sehe das digital, das Leben in seinen Abschnitten entscheidet sich immer wieder in die eine oder andere Richtung. Dazwischen ist nicht viel, also 0 und 1, digital eben. Die Vorletzte Entscheidung war negativ (OP), die letzte positiv (Entwarnung). Jetzt ist es an dir, das Positive daran herauszuheben und evtl. Einschränkungen als nur zeitlich befristet zu verstehen. Das Jetzt zu akzeptieren und es als Erfahrungswert ins Leben zu übernehmen. Klar, mein Geschwafel hilft nicht viel, aber meiner bescheidenen Ansicht nach wirkt alles lange nach und irgendwann wird es deine weitere Entscheidungen beeinflussen. LG.

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    1. Das ist ein interessantes Modell. Ich denke auch, dass es langfristige Wirkungen hat, ob man sich für die eine oder andere Abzweigung entschieden hat. Nur wenn man gerade mitten drin ist, fehlt noch die nötige Distanz um die Situation zu würdigen 🙂

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      1. Kann ich absolut nachvollziehen, wobei ich eine Erfahrung im Erwachsenenalter nicht abschließend einschätzen wollen würde. Aus Erfahrungen aus jüngeren Jahren und späterer Reflektion würde ich zb meinen Lebensweg zu 90% entsprechend beeinflusst einschätzen. Ist mir aber erst 20 Jahre später bewusst geworden. So mal unter 4 Augen. Allein dass es aufwärts geht, ist ein täglicher Feiergrund. Denn alles könnte anders sein. Ich wünsche dir das Beste!
        Grüße.

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        1. Im Grunde ist schon jeder Tag, den man in einigermaßen guter Qualität am Leben ist ein Grund zum Feiern. Ja, man sollte das nicht aus den Augen verlieren ! Vielen Dank für die guten Wünsche

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  6. Liebe Myriade, auch auf die Gefahr hin, was aus den anderen Kommentaren zu wiederholen, die ich nicht gelesen habe, denke ich, dass du mit den letzten zwei Wörtern (oder Worten?) deines Artikels den Nagel mitten auf den Kopf getroffen hast.
    Ich sage ja bei mir immer, dass ich kaum weiß, ob Geduld mit „d“ oder „t“ am Ende geschrieben wird – aber manchmal musste ich sie auch schon ausüben.
    Es wird und bis August kannst du doch ganz sicher verreisen – und da sind noch zwei Monate oder 8 Wochen oder 56 Tage dazwischen – mehr kann ich ohne Taschenrechner nicht ausrechnen.
    GEDULD!!!!!!!! Alles Gute von mir

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    1. 3 Monate, liebe Clara, drei, und höchstwahrscheinlich werde ich tatsächlich irgendwohin kommen, aber momentan sehe ich das halt noch nicht. Aber, ich kann von gestern bis heute einen Fortschritt feststellen JUHU!

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  7. Ich wünsche dir eine bald zügiger voranschreitende Wundheilung und vor allem die nötige Geduld dazu.
    Ich habe meine Radsaison für heuer z.B. abgeschrieben. (Auch wenn es mit dem Knie wirklich besser wird.) Das fühlt sich besser an, als Monat für Monat zu überlegen, ob vielleicht oder dann doch wieder nicht.
    Das Nervige an solchen Einschränkungen ist ja, dass man nicht kann wie man gerne will. Weil es einen aus seinen Gewohnheiten herausholt.
    Alles Liebe!
    Veronika

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    1. Und weil es halt auch keine linearen Fortschritte sind, man kann nicht wirklich hochrechnen, was in einem Monat sein wird. Aber gut, eine Rad- bzw Reisesaison werden wir schlimmstenfalls schon verschmerzen können. Es gibt ja auch anderes im Leben

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