Ich wollte einen ganz düsteren Text ausprobieren mit diesen potentiell fröhlichen Wörtern. Wahrscheinlich gibt es aber gar keine fröhlichen oder traurigen Wörter, man kann aus jedem „Rohstoff“ alles machen
Tristesse
Sie ging über das vor Feuchtigkeit glänzende Kopfsteinpflaster über den Hinterhof, vorbei an der Buddelkiste. Dort wurde Abfall jeder Art gelagert: von Exkrementen und Küchenabfällen bis zu kaputten Möbeln, alten Schuhen und einer Menge nicht mehr definierbarem Müll.
Die Buddelkiste war das einzige Thema, das die ansonsten von jeder Illusion und Leidenschaft befreiten Hausbewohner vorübergehend aus ihrer Lethargie wecken konnte. Endlos wurde darüber schwadroniert wer welche Objekte dort abgelegt haben könnte und was dagegen zu unternehmen wäre. Zwar hatte noch nie jemand irgendetwas unternommen, aber es blieb doch die Möglichkeit, dass eines Tages über den Umweg der Buddelkiste etwas Aufregendes und Lebendiges entstehen könnte. Alle ahnten es, aber niemand hatte noch den entscheidenden Schritt gewagt.
Es begann wieder zu regnen und sie beeilte sich zu ihrer Wohnungstür auf der anderen Seite des Hofs zu kommen. Wie jeden Tag machte sie sich im Kopf einen genauen Plan, wie sie den Rest des Tages verbringen würde. Nur keine Leerläufe. Ihr Tanzbein war längst gebrochen.
Das ist ein starkes Bild mit dem gebrochenen Tanzbein, mein lieber Schwan.
Was würdest du sagen: Geht düster einfacher als fröhlich? Ist das eine Frage der eigenen Stimmung – oder gerade nicht?
Liebe Grüße
Christiane
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Schwierige Frage. Also ich bin ein fröhlicher Mensch, aber ich liebe düstere Texte. Vielleicht als Kontrast. Bei mir heißt ein düsterer Text nicht, dass ich in düsterer Stimmung bin. Ich glaube auch nicht, dass die einen einfacher oder schwieriger als die anderen sind. Vielleicht sind die düsteren nicht so in Gefahr in Duddeldöh-Kitsch abzugleiten. Irgendwie, aber das ist nur so der Beginn eines Gedanken, vielleicht sind die düsteren oft authentischer …
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Das ist die Frage, wie gut und ob man überhaupt über etwas schreiben kann, wovon man keine Ahnung hat. Bei einem Roman würde ich dann sagen, das ist eine Frage der Recherche. Würde ich zum Beispiel einen Roman schreiben mit kleinen Kindern, müsste den zwangsläufig eine Mutter mit Kindern in dem Alter gegenlesen … oder ich müsste ihr vorher in den Ohren liegen, ob meine Idee überhaupt realistisch ist … 😉
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Ja, im Fall von einem Roman unbedingt. Es gibt ja die Theorie, dass ein Erstlingsroman eines ernstzunehmenden Autors sehr sehr oft die eigene Biografie in irgendeiner Weise aufarbeitet
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Das halte ich für keine Theorie, sondern für die Wahrheit *nick*. Kommt natürlich auf die Definition von „irgendwie“ an, aber das glaube ich auch: Man schreibt über das, was man „irgendwie“ kennt.
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Es gibt jedenfalls wirklich viele Beispiele von mehr oder weniger autobiografischen Erstlingsromanen.
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Huh. Hoffentlich kommt niemand auf die Idee, gräbt richtig tief in der Buddelkiste und befördert die alten Knochen ans Tageslicht…
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Das könnte natürlich auch passieren *grins*
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Ein großartiger und beklemmender Text – gefällt mir sehr gut!
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Vielen Dank ! Ich habe immer mehr Freude an diesen Mini-Texten !
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Geht mir auch so – wobei ich diese Woche wohl passe….
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Ja, schade.
Bei mir kommt es einfach darauf an, ob mir zu den Wörtern etwas einfällt oder nicht. Wobei ich langsam glaube, dass einem zu allen Wörtern etwas einfallen kann/könnte
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Chapeau, liebe Myriade, ich habe trotz aller „Düsterkeit“ meine Freude an deinem Text. Das gebrochene Tanzbei schwingt nach.
Und ich staune ja ganz ehrlich was du und auch schon andere aus dem Wort „Buddelkiste“ gemacht habt, letztlich ist eine Buddelkiste ja nichts anderes als ein Sandkasten 😉
herzlichste Grüße
Ulli
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Danke schön, das freut mich ! Das gebrochene Tanzbein gefällt mir als Bild und Metapher auch ziemlich gut. Es ist aber natürlich eine kleine Abänderung der Vorgaben
Buddelkiste oder Sandkiste, auf jeden Fall ist das ein Objekt, das wirklich viele Fantasien angeregt hat 🙂
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