Daggi 3 – Frauen für den Dschihad. Das Manifest der IS-Kämpferinnen

IMG_7139Übersetzt und kommentiert von Hamideh Mohagheghi

Herder Verlag

ISBN: 978 – 3 – 451 -34832 – 7

Klappentext von Hamideh Mohagheghi:

Das Manifest der Al-Khanssaa-Brigadeist ein Rekrutierungs- und vor allem Propagandapamphlet. Zu diesem Zweck setzt es auf verschiedene Techniken, um die angebliche koranische Legitimation des „Islamischen Staates“ und die göttliche Natur der Regeln, die gepredigt werden, zu behaupten. Mündige und freie Menschen haben in dieser Ideologie keinen Platz, denn zu denken, zu reflektieren  und eine eigene Orientierung zu finden, all dies gilt als „Unglaube“ und „Sünde“.

 

 

Ein grusliges Buch aus dem ich hier einige Passagen zitiere.

Zum Thema Wissenschaft:

„(…) denn man redete uns ein, dass der Muslim unbedingt den europäischen und anderen Ungläubigen beweisen soll, dass er zu seiner vergangenen Blütezeit eine materialistische Zivilisation aufbaute, deren Helden Atheisten und Ketzer sind, so wie Avicenna, oder Ibnan-Nafis und Ibn-al- Haitam und andere. Die Zivilisation dieser Menschen wurde auf den Trümmern vorangegangener  aufgebaut. Wir erklären an dieser Stelle, dass wir uns von diesen Ketzern stark distanzieren. Jene wie auch die anderen aus Europa stammenden rückschrittlichen Genies sind miteinander verbündet. Der Muslim hat es nicht nötig, etliche seiner Jahre damit zu verbringen, weltliche Wissenschaften zu erlernen, die zu keiner Belohnung führen – es sei denn das Böse der Ungläubigen wird dadurch abgewandt.“

Avicenna oder Abu Ali Ibn Sinna (980-1037) persischer Arzt und Philosoph, dessen bahnbrechendes medizinisches Werk in Europa erst im 16 (!)Jahrhundert an Bedeutung verlor.

Ibn-an-Nafis (1213-1288) ägyptischer Arzt, der für die Medizin bedeutende Entdeckungen machte.

Ibn-al-Haitam (Alhazen) geboren 965 in Basra, bedeutender Mathematiker

„Al – Auzu´i sagte : Die Wissenschaft ist, was uns die Prophetengefährten berichteten, alles , was darüber hinaus ist, stellt keine Wissenschaft dar.“

Zum Thema Mädchenerziehung:

„Von dreizehn bis fünfzehn Jahren: noch mehr Vertiefung in den Scharia-Wissenschaften und der Handarbeitskunst und die besonderen Kenntnisse in der Kindererziehung.“

„Das Alter von neun ist das angemessene rechtliche Alter, in dem das Mädchen zu einer Frau wird und heiraten kann“

Im Kapitel“Die Frau im islamischen Staat, ein Bericht“ erfahren wir:

„Die Pressestelle der Brigade Al-hansa hat ihre eigene Reise durch diese Länder unternommen, um den wahrhaft glücklichen Zustand zu überprüfen, zu dem die Frau gelangte und der sie zu ihrem vormaligen Ansehen zurückkehren ließ und zum Tragen der schwarzen Kleidung, was die Heuchler und ihre Verbündeten ärgert. Und was diesen Zustand an Fortschritt und Wohlergehen zum Gipfel des Ruhmes so auszeichnet, ist die Tatsache, dass der muslimische Staat sich verbreitet und in seinen Tagen zum Gipfel des Erfolgs gelangt, da wir mit jeder Stunde fortschreiten und stärker sehen werden, was ihm Allah an Unterstützung starker ehrlicher Männerarme gab, die ihn mit ihren Leben bauten …….. usw usf“

Einige weitere Perlen aus diesem Text:

„Wir sind uns sehr sicher, dass keine gerechten Gerichte existierten, bevor der Kalifatstaat die Macht übernahm“

„Zu den Feinden des islamischen Staates und zu den Feinden der Enthaltsamkeit und Reinheit der zu uns gehörenden Säkularen und Liberalen:Unsere Töchter sind zu ihren Djellabas zurückgekehrt, unsere Frauen sind in ihrem Heim geblieben. Und sie schickten die Spucke eurer Kultur und Zivilisation ins Meer.Möge euch Allah bekämpfen, denn ihr gehört nicht zu uns und wir nicht zu euch.“

Eine sehr unangenehme  schon fast verstörende Lektüre. Auch die Übersetzerin Hamideh Mohagbegbi, eine aus dem Iran stammende islamische Theologin an der Universität Paderborn hatte offenbar wenig Freude an diesem Werk. Sie schreibt in der Einleitung:

„(…) auch meine Begeisterung mich mit der Ideologie einer radikalen muslimischen Gruppe auseinanderzusetzen, hielt sich in engen Grenzen. Die IS-Ideologie ist von exegetischen Fehlern, Widersprüchlichkeiten, hochmütigen Behauptungen und Aufforderungen zu grausamen kriminellen Handlungen geprägt, die bei mir für Fassungslosigkeit und Wut sorgten.“

Interessant war es dennoch. Einige Schwierigkeiten hatte ich damit den Text einer passenden Aufgabe in Daggis Projekt zuzuordnen, schließlich habe ich mich für Nr. 34 (ein Buch, das 2015 erschienen ist) entschieden.

Mir wird gerade klar, wie klug Daggis verschiedene Aufgaben formuliert sind. Erscheinungsdatum, Seitenanzahl, Covermotiv fand ich auf den ersten Blick etwas seltsam, aber ganz zu Unrecht, denn hier kann man die unkonventionelleren Bücher unterbringen

23 Gedanken zu “Daggi 3 – Frauen für den Dschihad. Das Manifest der IS-Kämpferinnen

  1. Erschreckend, nicht nur gruselig. Mädchen mit 9 JAhren verheiraten, das ist Kindesmisshandlung. Das ganze Buch ist Frauen’misshandlung‘ 😦

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  2. Böse Zungen behaupten, Fanatiker wären dazu da, um ein Gleichgewicht zu Gläubigen zu schaffen …

    Mich würde interessieren, warum du das Buch gelesen hast (in Gänze, nehme ich an?). Kenne deinen Feind?

    Ich wittere bei solchen Werken immer Geldmacherei. Denn – neues verrät solch ein Buch niemandem.

    Die Frage, die gestellt werden sollte (eventuell beantwortet das Buch sie sogar?) ist die nach dem Warum. Geht man davon aus, dass der Mensch prinzipiell vernunftbegabt ist, wäre am interessantesten zu erfahren, worauf die Ideologie des IS gründet.

    Unabhängig davon ist besagte Ideologie menschenfeindlich bis ins Mark und verabscheuungswürdig.

    Liebe Grüße

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    1. Böse Zungen behaupten, Fanatiker wären dazu da, um ein Gleichgewicht zu Gläubigen zu schaffen …
      Das verstehe ich nicht, Fanatiker sind doch Gläubige, extrem Gläubige, durch kein wie immer geartetes Argument, durch kein Lebensereignis, durch nichts von ihrem Glauben abzubringende Gläubige. Deswegen ist es fürchte ich sinnlos in solchen Fällen mit Vernunft zu arbeiten. Glaube siegt über jede Vernunft und in der Masse und im Fanatismus bleibt von der prinzipiellen Anlage zur Vernunft des Menschen nichts übrig.

      Warum ich diesen Text tatsächlich von vorne bis hinten gelesen habe ? Tja, wahrscheinlich ist ein „kenne deinen Feind“ dabei. Es ist auch meine tiefsitzende Faszination dafür, was Menschen alles sein können bzw was aus Menschen alles gemacht werden kann. Und schließlich hat die islamische Welt in allen ihren Aspekten für mich ein mir selbst unerklärliches Faszinosum, es ist fast eine Haßliebe, allerdings mit deutlicher Betonung des Hass-Aspekts….

      Das „warum“ wird nicht beantwortet und sicher auch nicht gestellt. Warum ist man gläubig ? weil das, woran man glaubt eben die ewige und einzige Wahrheit ist und Punkt. Fanatiker hinterfragen nie irgendetwas….

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      1. Natürlich kann ein Fanatiker ein ‚Extremgläubiger‘ sein. Fanatismus hat jedoch grundlegend nichts mit Glauben zu tun – schließlich gibt es nicht nur ‚religiöse‘ Fanatiker.

        Meiner Meinung nach definiert der Spruch ‚Fanatiker‘ als ‚religiösen Eiferer in extremer Form‘ und ‚Gläubiger‘ als ‚Gut-gläubig‘, also eben NICHT fanatisch gläubig.

        Mit ‚Warum‘ meine ich, wie (und mit welcher Unterstützung … Westen *hust*) ein Konstrukt wie der IS entsteht und sich in einem solch verzerrten Glaubensfundament manifestieren kann … Eine solche Masse an Menschen geht ja nicht daher und beginnt von heute auf morgen, Glaubenskalifate zu gründen und Menschen an Kränen aufzuknöpfen.

        Weitaus mehr als ‚wie denken diese Menschen‘ interessiert mich ‚warum sind diese Menschen so geworden, wie sie sind‘.

        Ich glaube (hehe) übrigens weder, dass das Gläubige sind, noch dass IS irgendetwas mit Glauben zu tun hat.

        Definitiv sind es Fanatiker und ist es Fanatismus.

        Liebe Grüße

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        1. Wir haben da ein sprachliches Mißverständnis. Ich meine nicht „Glaube“ im Sinn von Religion, sondern glauben im allgemeinen „an etwas glauben“ zB an eine bestimmte Ideologie.
          Im übrigen finde ich, dass Religionen jeder Art auf der Liste der Verhinderungsfaktoren für einen Weltfrieden ganz hoch oben stehen

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          1. Okay. Der Spruch zielt dennoch auf den religiösen Aspekt ab (würde ich meinen), denn dort ist der Begriff zumindest des Gläubigen am gebräuchlichsten.

            Ich denke, du tust der Religion unrecht – das sage ich als Atheist aus Überzeugung. Ein offensichtliches Beispiel ist der Zen-Buddhismus. Viel friedfertiger geht es kaum. 😉

            Liebe Grüße

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            1. An den Buddhismus habe ich nicht in erster Linie gedacht (für den habe ich selbst viel über), aber sogar die Buddhisten können aus religiösen Gründen ausrasten, siehe Myanmar …….

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                1. Ja, natürlich ….. Übrigens hat mir sehr imponiert wie offen du über deine Gefühle für dein schreiendes Kind geschrieben hast. Da hatte ich nur gerade keine Zeit zum Kommentieren.

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  3. Hat schon mal jemand versucht zu begreifen, warum die neueren und etliche der alten Religionen ALLE diesen Drang haben, die Frauen zu verkrüppeln und den Männern dienstbar zu machen? Alle ausnahmslos – Judentum, Christentum, Hinduismus, Islam …. Man denke an den Horror der Hexenverbrennung bis ins 17. europäische Jahrhundert. Die Frauenverkrüppelung scheint der Kern zu sein, um den die Religionen ihre Schale bauen. Wenn die Frau gefügig und verfügbar gemacht ist, ist Mann bereit, all die anderen merkwürdigen Dogmen zu schlucken.
    Die wunderbare Ausnahme war Jesus (Frau am Brunnen, Ehebrecherin, Maria, Maria Magdalena usw). Die christlichen Kirchenväter (beginnend mit Paulus) haben damit dann bald und rigoros aufgeräumt.

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    1. Da bin ich großteils deiner Meinung. Ich kenne auch keine Religion, in der Frauen einfach als Menschen betrachtet werden. Die Wüstenreligionen und der Hinduismus sind diesbezüglich sicher die schlimmsten „Großreligionen“.

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    2. Ist das nicht recht einfach aus der Entstehung der menschlichen Rasse zu erklären? Der Mensch kommt vom Tier und schon dort dominiert ‚der Mann‘. Nun wurde der Mensch zwar intelligenter … Intelligenz hat aber den Mann nicht daran gehindert (oder im Gegenteil, sogar unterstützt), seine dominante Position zu zementieren. Über seine gesellschaftliche und klerikale Rolle.

      Irgendwann hilft Intelligenz dann aber doch: Je moderner bzw. ‚aufgeklärter‘ eine Gesellschaft wird, umso mehr verschwinden Unterschiede und Geschlechterrollen.

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